Dekadent in der Fastenzeit: Fisch-Olio, die Super-Suppe
Die Brühe kam einst bei den erzkatholischen Habsburgern in der Fastenzeit auf den Tisch. Jürgen Gschwendtner braut den Energydrink aus der Vergangenheit.
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Jürgen Gschwendtner ist ein Mann klarer Worte: „Ich finde das so geil.“ Was den Küchenchef des Wiener Restaurant Meissl&Schadn in derartige Euphorie versetzt, ist eine Fisch-Olio-Suppe, die er in der Fastenzeit vor der Coronakrise seinen Gästen kredenzt hat. „Ein Energy Drink aus der Vergangenheit.“
Kennen Sie nicht? Das ist keine Schande, weil das Gericht nach dem Ende der K.-u.-k.-Monarchie in Vergessenheit geraten ist. Was doch einigermaßen schade ist. Die geklärte und bräunliche Suppe zeichnet sich durch einen besonders kräftigen Geschmack aus. Ein bisschen wie eine Rinderkraftbrühe, nicht nur im Aussehen – aber eben mit einer klar fischigen Note.
Wie im 18. Jahrhundert
Gschwendtner lässt im Lokal am Ring die Wiener Küche aufleben und serviert Speisen, die auch der Kaiser vorgesetzt bekam. Wie eben die Fisch-Olio, nach einer Rezeptur aus dem Jahr 1734, nach der Unmengen an Fisch und Gemüse stundenlang vor sich hinköcheln sollen.
„Wiener Austern, also Schnecken, durften auch nicht fehlen“ (Gschwendtner hat für den KURIER extra ein reduziertes Rezept zusammengestellt). „Die hat sicher geholfen, wenn der Kaiser etwas unrund war“, mutmaßt der Koch im Scherz. Was aber wohl nicht der ureigenste Verwendungszweck war.
Und den weiß Gschwendtner sowieso: „Die aß man gerne in der Fastenzeit. Als Alternative zur Hofballsuppe.“ Die Brühe verhalf der gehobenen Gesellschaft bei Bällen im Fasching ab Mitternacht zu neuen Kräften. Sie wurde in einer eigenen Hofküche gebraut. Aber sie durfte – angesetzt aus Kalb-, Lamm- und Schweinefleisch, Suppenhühnern, Kalbsfüßen, Gänsen, Enten, Fasanen, Rebhühner und Kapaunen – in der Zeit vor Ostern in der erzkatholischen Monarchie natürlich gar nicht sein.
Polizeilich verordnet
„Es gibt etwa aus dem Jahr 1829 eine polizeiliche Verordnung, wonach man in der Zeit keine Wurst und kein Fleisch servieren darf.“ Beim Wissen kann man ihm nichts vormachen, das und das alte Rezept hat er von der Historikerin und Wiener-Küchen-Koryphäe Ingrid Haslinger, die ihn einmal in der Woche besucht.
Serviert wurde die Suppe übrigens in kleinen Häferln, mit Deckel oben drauf – und meist getrunken. Und zwar pur, ohne Beilage: „Ich mag sie aber gern mit Grießknödel.“
Zutaten
Portionen
Karpfenfilet
Forelle, geschuppt und ausgenommen
Saibling, geschuppt und ausgenommen
Lachsforelle, geschuppt und ausgenommen
Seezunge, geschuppt und ausgenommen
Austern (optional)
Karotten
gelbe Rüben
Sellerie
Petersilienwurzel
Zwiebel
Zitrone
Fenchelknolle
Lorbeerblätter
Thymian
frisches Basilikum
Petersilie
Zimtnelken
Wasser
Salz zum Abschmecken
1 / Die Fische auf der Hautseite salzen und nach zwei Minuten Wartezeit die gelösten Schuppen mit den Messer abstreifen.
2 / Die Fische in etwa drei Zentimeter große Stücke schneiden.
3 / In der Zwischenzeit einen hohen Topf mit dem Wasser auf das offene Feuer oder den Küchenherd stellen. Den Fisch und die Gewürze ins Wasser legen.
4 / Das Gemüse waschen und schälen, in zwei Zentimeter große Würfel schneiden und in den Suppenansatz geben.
5 / Langsam auf dem Herd drei Stunden sieden lassen.
6 / Mit dem Schöpflöffel nach und nach die Trübstoffe abschöpfen, die sich bilden.
7 / Die Suppe nach den drei Stunden durch ein feines Sieb mit einem Kaffeefilter laufen lassen, sodass keine Trübstoffe mehr enthalten sind.
Jetzt richtig heiß in einer kleinen Tasse servieren. Mahlzeit!