Blick auf Bergen mit der Bucht Vågen und dem historischen Stadtkern (links), den namensgebenden Hügeln und dem Hafen, an dem die bekannte Kreuzfahrtroute Hurtigruten beginnt (rechts)

Zu Besuch in Bergen: Die facettenreiche Stadt zwischen Hügeln und Meer

Mit rund 300.000 Einwohnern ist Bergen die zweitgrößte Stadt Norwegens und fast halb so groß wie Oslo.

Überblick

Anreise

Von Wien aus per Umstieg nach Bergen, via Oslo, Kopenhagen, Amsterdam oder Frankfurt
 

Weiterfahrt

Mit Straßenbahnlinie 1 (Bybanen), vom Flughafen in 40 min. in die Innenstadt (4 €)

Währung

Norwegische Krone

Von Lisa Arnold

Gemächlich gleitet die "Fløibahn" den Hügel hinauf. Durch das hintere Fenster erlaubt die Standseilbahn einen Blick auf die Innenstadt, die immer kleiner wird. Nach knapp zehn Minuten ist der Höhenunterschied von 302 Metern überwunden. 

Von der Aussichtsplattform auf dem Hausberg Fløyen zeigt sich ein noch beeindruckenderes Panorama. Im Abendlicht entstehen unzählige Selfies, und die Knipsenden drehen sich hin und her, um die drei landschaftlichen Eigenheiten von Norwegens zweitgrößter Stadt einzufangen: die dichte Bebauung, das tiefblaue Wasser und die umliegenden Hügel.

Bergen ist mehr als jedes Selfie wert, ihren Namen verdankt die Stadt der Lage zwischen Hügeln und dem Nordmeer. Die Forschung geht davon aus, dass die Stadt um 1070 vom König Olav Kyrre gegründet wurde und von ihm den Namen "Bjørgvin" (dt. Bergwiese) erhielt. 

Ihr großer geografischer Vorteil ist schon immer der Naturhafen Vågen gewesen: eine längliche Bucht, durch die Schiffe ein- und auslaufen können. Vor allem getrockneter Kabeljau aus dem Norden des Landes wurde von dort aus verschifft. Stockfisch ist nämlich das älteste Exportgut Norwegens.

Häuserfront an Nordsee-Ufer in Bergen in Norwegen

Das Hanseviertel Bryggen gehört zum Unesco-Weltkulturerbe

©Getty Images/iStockphoto/Zarnell/iStockphoto

Kulturerbe der Hanse 

An diesem Hafen, der sich innerhalb weniger Jahrhunderte zu einem wichtigen Umschlagplatz entwickelt hatte, errichteten Kaufleute der Hanse 1343 die erste Niederlassung. Das Viertel "Tyske Bryggen" (deutsche Landungsbrücke), bestehend aus rund 20 Höfen und insgesamt über 60 Gebäuden, gehört seit 1979 zum Unesco-Weltkulturerbe

Von Bergen aus in 3,5 Stunden über den Osterfjord und wieder zurück

©Robin Strand

Von den vier Eckpfeilern des internationalen Handels (die Hanse hatte auch große Kontore in London, Brügge und Nowgorod) ist nur Bergen erhalten geblieben. Heute zeigt sich der historische Stadtteil, der nach mehreren Bränden originalgetreu wiederaufgebaut wurde, als Ansammlung eng beieinanderstehender Häuser mit farbenfrohen Fassaden, schmalen Gassen sowie Gaststätten und Geschäften. Mehrere Museen erklären die geschichtlichen Zusammenhänge. Das Bryggens Museum illustriert anhand Tausender archäologischer Funde verschiedene Aspekte des Alltags im Mittelalter.

Am Strandkaien ist auch das Gebäude für Besucherinformation

©Visit Bergen/Robin Strand/visitBergen.com

Außerdem können die Schötstuben besucht werden, die den Kaufleuten als Versammlungsräume dienten. Dort wurde nicht nur Recht gesprochen und gefeiert, sondern die weit gereisten Bergenfahrer kamen auch im Winter bei einer warmen Mahlzeit zusammen. Weil ihre Kontorhöfe eng und aus Holz gebaut waren, hatten sie nämlich keine Öfen; nur in den etwas abseits liegenden Schötstuben wurde Feuer gemacht. Das dritte, hanseatische Museum im größten Hof Finnegården wird gerade renoviert und soll 2027 wiedereröffnen.

Im Restaurant Lysverket kommen die Gäste in den Genuss der „neuen Fjordküche“ von Christopher Haatuft

©Lysverket / Tove Lise Mossestad

Eine klingende Stadt Bergen ist auch eine Stadt der Kultur, und vor allem der Musik wird eine hohe Bedeutung beigemessen. Schon seit 1765 gibt es das Philharmonische Orchester Bergen. Es zählt zu den ältesten Sinfonieorchestern der Welt und ist sogar den Wiener Philharmonikern, die 1842 ihr erstes Konzert spielten, um einige Jahrzehnte voraus.

Die wichtigste Persönlichkeit der Bergener Musikszene war der Komponist Edvard Grieg (1843-1907). Zusammen mit seiner Frau Nina, einer erfolgreichen Sängerin, absolvierte er viele Konzertreisen durch ganz Europa. In Wien war er um den Jahreswechsel 1896/1897, und im Hotel Kaiserin Elisabeth in der Weihburggasse erinnert eine Gedenktafel an den prominenten Gast.

Eine der schmalen Gassen im Viertel Bryggen

©mauritius images / AGF / Mahaux Charles/AGF / Mahaux Charles/mauritius images

Als Fixpunkt im Leben der beiden vielgereisten Kulturschaffenden diente die idyllisch gelegene Villa Troldhaugen zehn Kilometer außerhalb von Bergen (siehe Tipps unten). Neben dem begehbaren Wohnhaus, der Komponierhütte am Wasser und dem Museum wurde dort 1985 ein Kammermusiksaal errichtet, in dem jährlich rund 300 Konzerte über die Bühne gehen.

Den Höhepunkt des Kulturjahres bilden die Internationalen Festspiele Bergen, das größte Musik- und Theaterfestival in Nordeuropa. Im Laufe von 15 Tagen um den Monatswechsel Mai/Juni finden über 200 Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Dabei werden regelmäßig Werke von Grieg aufgeführt. Sein einziges vollendetes Konzert, das Klavierkonzert a-Moll op. 16, ist ein Fixpunkt im Programm.

Das ehemalige Wohnhaus des Komponisten Edvard Grieg

©Robin Strand

Andere Kulturformen zeigt das Museum Kode, das ganze sieben Standorte umfasst: vier Kunstmuseen, die nebeneinander am begrünten Teich Lille Lungegårdsvannet liegen, sowie die Häuser der drei Komponisten Grieg, Harald Sæverud und Ole Bull in anderen Stadtteilen. 

Da gibt es das hundertjährige Kunstmuseum Rasmus Meyer, benannt nach dem Geschäftsmann, dessen Sammlung es zeigt; darunter die drittgrößte Edvard-Munch-Sammlung der Welt. Und Lysverket, eingerichtet im ehemaligen Hauptsitz des Bergener Elektrizitätswerks, präsentiert nordische Kunst ab dem 15. Jahrhundert.

Am Stadtpark (Byparken) liegen das Hauptgebäude sowie weitere drei Standorte des Museums Kode

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Andrey Khrobostov/Alamy Stock Photos / Andrey Khrobostov/mauritius images

Moderne Meeresküche 

Im Museum Lysverket ist das gleichnamige Restaurant untergebracht, das ein Zehn-Gänge-Verkostungsmenü anbietet und seit zwei Jahren einen Michelin-Stern trägt – als einzige Gaststätte in Bergen. 

Der Gründer und Küchenchef Christopher Haatuft (geb. 1980) ist für seine "New Fjordic Cuisine" bekannt. Er bezieht die zentralen Zutaten – Fisch und Meeresfrüchte – aus der westnorwegischen Küstenlandschaft und sagt: "Beim Erstellen neuer Gerichte schauen wir auf die Zutaten, Produkte, Techniken und Rezepte und fragen uns: Kommen sie natürlich in der Gegend vor, in der wir sind?" 

Bei Fjellskål in der Markthalle gibt es nicht nur frischen Fisch, sondern auch ein Restaurant mit maritimen Gerichten

©Sirko Trentsch Nordicsmedia

Dabei geht es weniger um das Wahren alter Traditionen und mehr um das Verfeinern der heute verfügbaren Zutaten. "Wenn mein Taucher gerade viele Islandmuscheln findet, dann muss ich etwas daraus machen. Nur eines kommt in jedem Menü vor: Jakobsmuscheln."

Kreative Küche

Die Eröffnung des Restaurants Lysverket im Jahr 2013 spiegelt ein neues Interesse an der heimischen Kulinarik wider, das sich seit der Jahrtausendwende in ganz Skandinavien beobachten lässt. Dass es in Bergen besonders groß ausfällt, überrascht angesichts der Geschichte der Stadt als Umschlagplatz für Fischspezialitäten wenig. 

Und 2015 wurde die Stadt als Creative City of Gastronomy ins Netzwerk der kreativen Städte der Unesco aufgenommen. Österreich ist in diesem Netzwerk, das aktuell 180 Mitgliedsstädte in 72 Ländern zählt, übrigens zweifach vertreten: Graz ist seit 2011 eine Unesco Design City und Linz seit zehn Jahren eine City of Media Arts.

So sehenswert Bergen mit seinem vielfältigen Kulturangebot auch ist: Es kommt doch fast niemand, um sich nur die Stadt anzusehen. Vielmehr ist sie ein Sprungbrett in die Welt der Fjorde, die etwas weiter nördlich so richtig beginnt. Für das kleine Zeitbudget gibt es ab Bergen Halbtagesfahrten auf dem Osterfjord (siehe Tipps). Wer eine Woche oder mehr zur Verfügung hat, kann bei einem Roadtrip gen Norden einige Wahrzeichen der norwegischen Landschaft erkunden. 

Zwischen Bergen und dem 700 Kilometer entfernten Trondheim liegen unter anderem der berühmte Geirangerfjord, die atemberaubende Atlantikstraße, der 2021 eingerichtete Regional- und Geopark Fjordkysten sowie der 200 km lange Sognefjord, der weiter und tiefer als alle anderen ins Festland einschneidet.

Weil das Durchfahren der Küstenlandschaft mit ihren vielen Fähren und Umwegen langwierig ist und die Fjorde von der Wasserseite sowieso am eindrucksvollsten aussehen, ist eine Kreuzfahrt eine nerven- und zeitsparende Alternative zum Landweg. 

Wie praktisch, dass in Bergen die klassische Postschifflinie beginnt. Zwischen dem Startpunkt und der Endstation Kirkenes liegen 2700 Kilometer und 34 Häfen. Seit drei Jahren ist neben der Reederei Hurtigruten AS auch Havila Kystruten AS auf dieser weltbekannten Strecke unterwegs. Der norwegische Staat wollte nämlich (wieder) für Wettbewerb sorgen und durch eine Ausschreibung eine Alternative zum Platzhirschen Hurtigruten anregen. Fjordzauber und Business – das ist Bergen, und zwar seit fast tausend Jahren.

Tipps

Hotels

  • Opus XVI 
    Dieses elegante Vier-Sterne-Hotel ist in einem ehemaligen Bankgebäude von 1876 untergebracht und wurde 2018 von entfernten Verwandten des Komponisten Edvard Grieg eröffnet. Der Name ist eine Hommage an dessen einziges vollendetes Konzert, das Klavierkonzert a-Moll op. 16. opus16.no
  • Clarion Collection Hotel 
    Havnekontoret In bester Lage im Bryggen-Viertel liegt dieses 113 Zimmer starke Hotel mit historischem Flair. Im Zimmerpreis sind neben Frühstück auch  Abendessen sowie Kaffee und Kuchen am Nachmittag enthalten. strawberryhotels.com
  • Citybox Bergen Danmarksplass 
    Wer etwas günstiger absteigen möchte, ist mit diesem einfachen,  sauberen und funktionalen Hotel gut beraten. Frühstück gibt’s gegen Aufpreis, es steht den Gästen aber auch eine Gemeinschaftsküche zur Verfügung. cityboxhotels.com

Aktivitäten

  • Gamle Bergen Museum
    Das Freilichtmuseum liegt 20 Busminuten nördlich vom Zentrum. Die 55 gut erhaltenen Bauten erinnern daran, dass Bergen im 19. Jh. die größte Holzstadt Europas war. 
    bymuseet.no
  • Troldhaugen 
    Auf einer Landzunge am Grimstadfjord hat sich  Edvard Grieg (1843-1907) eine Villa und ein Komponierhäuschen eingerichtet. Mittlerweile gibt’s  ein Museum und eine Konzertbühne. kodebergen.no/museene/troldhaugen
  • Kreuzfahrt auf dem Osterfjord
    Mit der Reederei Rødne Fjord Cruise geht es von Bergen bis nach Mo und wieder zurück. Highlight der  dreistündigen Exkursion ist die Passage der 50 Meter schmalen Stelle Mostraumen. rodne.no

Shopping

  • Fischmarkt & Markthalle 
    Am zentralen Marktplatz von Bergen dreht sich alles um maritime Spezialitäten. Fisch und Meeresfrüchte gibt es sowohl roh als auch essfertig in Form von Gerichten.
    fjellskaal.no, fishme.no
  • Oleana  
    Die Strickjacken mit Blumenmustern des 1992 gegründeten Labels gibt’s in vielen Ländern, gefertigt werden sie in der Nähe von Bergen: Flagship-Store, Strandkaien 2A. oleana.no
  • Bergen Storsenter
    Das Einkaufszentrum neben dem Bahnhof vereint  gängige skandinavische Marken unter einem Dach. Aus Norwegen stammt beispielsweise die Marke Kappahl mit alltagstauglicher Mode für Damen, Herren und Kinder. bergenstorsenter.no

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