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Mode-Trend: Nadelstreifen feiern ihr Comeback

Nadelstreifen galten lange als altmodisch und streng. Doch spätestens seit diesem Sommer ist klar: Der Stil feiert sein – lässiges – Comeback.

Schluss mit dem Schlabber-Look – nach Jahren pandemisch bedingter Homewear-Lässigkeit ist mehr denn je Stil angesagt. Dafür kramten die Designer den guten Stoff hervor: Nadelstreif, einen Klassiker. In Kombination mit Übergröße und breiten Schultern ergibt das kraftvolle Hingucker. Bei Frauen – und Männern.

Macht und Geld – dafür stand das Tuch einst. Fachlich betrachtet handelt es sich um nadeldünne in Webrichtung eingearbeitete kontrastierende helle Streifen auf einem dunkelblauen oder -grauen Stoff, zumeist Kammgarn. In der breiten Ausführung sind es „Kreidestreifen“, weil sie den Kreidemarkierungen von Schneidern ähneln. Der Nadelstreifanzug war ein unmissverständliches Statement von vielen Geschäftsmännern und Politikern, die breiten Schultern und die schmale Taille ergaben optisch das klassische männlich-muskulöse "Cornetto". Wohl deshalb war er in den 1920er-Jahren auch bei Mafiabossen wie Al Capone so beliebt. Oder bei Hollywoodstars wie Fred Astaire oder Clark Gable. Als legendärer Nadelstreifenträger galt der britische Premierminister Winston Churchill.

Streifen als Uniform?

Zum Ursprung der feinen Streifen kursieren zwei Varianten. Im England des 19. Jahrhunderts trugen Bankangestellte ihre Nadelstreifanzüge als "Uniform", die Anordnung der Streifen ließ auf die Bankzugehörigkeit schließen. Der andere Blick führt in die Welt des Sports. "Pinstripes", so der englische Begriff, gelten als Markenzeichen der New York Yankees, dem US-amerikanischen Baseball-Team, sie zieren ihre Trikots. Ein Dialog aus dem Film "Catch me if you can" (mit Leo DiCaprio, oft in Nadelstreif gesichtet): "Weißt du, wieso die New York Yankees immer gewinnen?", fragt der Vater den Sohn. "Weil sie Micky Mantle haben?", so der Sohn, der Vater antwortet: "Nein, weil der Gegner immer von den Nadelstreifentrikots abgelenkt wird."

Haute Couture-Statement von Jean-Paul Gaultier    

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Und dann kam Yves Saint Laurent und kreierte 1966 den Damen-Smoking. Eine Revolution. Ab Mitte der 1970er-Jahre setzten Frauen auf männliche Akzente, die Geburt des "Power-Dressings", Nadelstreif und Emanzipation inklusive. Mary Quant, Erfinderin des Minirocks, hatte ein Faible dafür, 1999 erinnerte sie sich: "Ich mochte maskuline Stoffe: Prince-of-Wales-Karomuster, City-Nadelstreifen und Flanell, getragen mit schwarzen Strumpfhosen und schwarzen Schuhen.“ 

So richtig heiß war der Nadelstreif ab den 1980er-Jahren, als die Gordon Gekkos dieser Ära in ihren Power-Suits die Wall Street unsicher machten. Mit den Herbst-Winterkollektionen 2023/24 schließt sich der Kreis  – Saint-Laurent setzt erneut auf den Klassiker, wie andere Designer ebenso.   

Sarah Jessica Parker setzte schon 2000 auf den Look   

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Das Nadelstreif-Image mag sich verändert und vom Thema "Macht" entkoppelt haben. Von der Rückkehr der "Powerdressing-Ära" ist trotzdem die Rede. Was keinen daran hindern sollte, den Look entspannt zu betrachten. Die Streifen passen zu eleganten Seidenröcken und transparenten Tops ebenso wie zu verspielten Mustern, Jeans und hochhackigen Stiefeln.

Die französische Schauspielerin Laetitia Casta auf dem Laufsteg der Tod’s Fashion Show in Mailand

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Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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