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Kann Bienengift Botox ersetzen?

Beautytrend Apitoxin. Bienengift erobert die Kosmetikbranche als angebliches Anti-Aging-Wunder. Cremes und Seren versprechen glattere Haut und weniger Falten. Was das Gift kann und wer unbedingt die Finger davon lassen sollte.

Von Katharina Engeln

Bienengift oder Apitoxin enthält Substanzen, die auf die Haut einwirken können. Eine Schlüsselrolle spielt Melittin, das rund die Hälfte des Gifts ausmacht. „In hoher Konzentration kann es Entzündungen verstärken, in niedriger Konzentration lindern“, sagt der Hautarzt Ingo Schugt. Bei einem Bienenstich etwa sorge die hohe Konzentration in Verbindung mit Histamin für die typische Schwellung und Juckreiz.

In Hautprodukten soll die niedrigere Dosis zu einem „Plumping“-Effekt führen und Falten kurzzeitig mindern. Zudem könne das Bienengift die Haut durch seine durchblutungsfördernden Eigenschaften glätten und die Kollagenbildung anregen, so die Hersteller. Doch stimmt das?

Cremes haben nur schwache Wirkung - woran das liegt

„Bienengift kann langfristig helfen, das Bindegewebe zu stärken und Falten zu reduzieren“, so Schugt. Ein Wundermittel ist das Gift dennoch nicht. Denn die Wirkweise hängt stark von Dosierung und Anwendungsform ab. Der Stoff kann entweder in Cremes und Salben verwendet oder direkt in die Haut injiziert werden. „Bei Cremes fällt die Wirkung deutlich schwächer aus als bei einer Injektion“, so der Arzt. Der Grund: Melittin-Moleküle sind relativ groß und dringen nur schwer in tiefere Hautschichten ein.

Auch bei anderen Inhaltsstoffen in Anti-Aging-Produkten stellt die Größe der Moleküle ein Problem dar: Vitamine, das Coenzym Q10 oder sekundäre Pflanzenstoffe sollen Hautzellen vor freien Radikalen und Zellalterung schützen, tragen aber nicht direkt zur Faltenglättung bei. Nur mit einer optimalen Verpackung der Wirkstoffe, der sogenannten Galenik, könnten solche Inhaltsstoffe effektiv aufgenommen werden, sagt Schugt. 

Generell sei der sichtbare Effekt vieler Anti-Aging-Cremes weniger auf einzelne Inhaltsstoffe, sondern eher auf die zusätzliche Feuchtigkeit zurückzuführen, erklärt der Dermatologe: „Wenn die Haut mehr Feuchtigkeit speichert, quillt die Oberhaut auf, wodurch Falten weniger sichtbar werden.“ Dennoch gebe es Hinweise darauf, dass die leichte Entzündungsreaktion des Bienengifts den glättenden Effekt zusätzlich unterstützen kann.

Gefahr für Allergiker

Injektionen wirken intensiver: „Bei einer therapeutischen Injektion von Bienengift kommt es zu einer milden Entzündungsreaktion, die die Haut glatt erscheinen lässt“, erklärt Schugt. Eine niedrige Dosis könne leichte Schwellungen verursachen. Langfristig verbessere die angeregte Kollagenproduktion das Bindegewebe und straffe so womöglich die Haut.

Allerdings sei diese Methode auch mit höheren Risiken verbunden, insbesondere für Menschen mit einer möglicherweise unentdeckten Bienengiftallergie. Bereits kleinste Mengen könnten schwere Nebenwirkungen bis hin zu einem lebensbedrohlichen Schock auslösen. Der Dermatologe warnt deshalb vor Injektionen. Auch bei äußerer Anwendung rät der Mediziner Allergikern von der Anwendung ab.

Die Vorstellung, dass Bienengift wie Botox wirkt, ist völlig falsch

Ingo Schugt, Dermatologe

Kosmetikfirmen bewerben Bienengift mitunter als „natürliches Botox“ oder als „Botox-Ersatz“. „Die Vorstellung, dass Bienengift wie Botox wirkt, ist völlig falsch“, sagt der Arzt. Der Botox-Wirkstoff Botulinumtoxin wirke auf die Muskeln unter der Haut, indem es die Signalübertragung zwischen den Synapsen blockiere. „Dadurch entspannt sich der Muskel, und die Falte zieht sich für viele Monate nicht mehr zusammen.“ Cremes mit Bienengift können diesen Effekt nicht erzielen: Sie wirkten nicht tief genug, um die Muskulatur zu beeinflussen, sagt Schugt.

Botox unterliege strengen Regularien, als Creme sei es nicht erhältlich: „Es handelt sich um ein hochpotentes Gift in seiner reinsten Form, das nicht einfach in einem Produkt verwendet werden darf“, so der Mediziner.

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