Christian Dior mit sechs Models in seinen eleganten Abendroben im Jahr 1950

Christian Dior und wie seine Nachfolger die Marke neu erfinden

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwarf Dior eine völlig neue Garderobe für Frauen. Seine Nachfolger versuchen, die Nobelmarke relevant zu halten.

In den letzten Minuten waren die Handwerker fertig geworden, um Presse und erste Kundschaft am 12. Februar 1947 im taubengrauen neoklassizistischen Salon zu empfangen. Nicht nur das Haus, die ganze Marke von Christian Dior sollte für das Neue stehen und die Entbehrungen des Krieges hinter sich lassen.

Schon die erste Kollektion sorgte für Begeisterung und machte den zurückhaltenden Illustrator aus gutem Haus auf einen Schlag berühmt.

Als "New Look" wurden seine weiblichen und sehr eleganten Entwürfe gefeiert. Dior kontrastierte die zu der Zeit populären breiten Schultern mit abgerundeten Blazer-Linien. An Stoff für die ausladenden Röcke wurde nicht gespart – purer Luxus zur damaligen Zeit.

Ikonisches Kostüm „Le Bar“ von 1947: Taillierte Jacke mit runden Schultern, weiter Rock

©Conde Nast via Getty Images/Serge Balkin/Conde Nast/Getty Images

Luxus nach dem Krieg

In seiner Biografie schreibt Dior: "Wir hatten eine Zeit des Krieges, der Uniformen, der dienstverpflichteten Frauen mit breiten Boxerschultern hinter uns. Ich zeichnete blumenhafte Frauen." Sie alle gierten nach dem neuen positiven Zeitgeist, den seine Kleider ausstrahlten. Nur zehn Jahre nach Gründung der Marke starb Christian Dior 1957 jedoch an einem Herzinfarkt, mit nur 52 Jahren.

"Dieser füllige, rosige, schüchterne Mann, der reichste und erfolgreichste Pariser Modeschöpfer aller Zeiten, hinterlässt das größte Modeimperium der Welt", schrieb die New York Times damals und stellte die Frage der Nachfolge. 

Es sollten einige sein, wie im neuen Buch "Dior Catwalk" (Prestel Verlag, 69,90 Euro) im Detail geschildert wird. Mit über 1.000 Abbildungen gibt es den ersten umfassenden Überblick über alle Haute-Couture-Kollektionen des legendären Modehauses.

"Dior Catwalk" Die Kollektionen – Von Christian Dior bis Maria Grazia Chiuri in 1.100 Abbildungen. Von Alexander Fury, Adélia Sabatini. 632 Seiten, Hardcover, Prestel Verlag, 71 Euro

©prestel

Dior wollte Saint Laurent als Erben

Dior selbst wollte Yves Saint Laurent, so stand es im Testament. Sein gerade einmal 21-jähriger Assistent hatte sich als großes Talent hervorgetan. Die ersten Kollektionen waren tatsächlich eine Sensation. Doch Saint Laurent erlitt einen Nervenzusammenbruch.

Marc Bohan, Atelierchef der britischen Boutiquen, übernahm. Und das fast 30 Jahre lang.

Als das beinahe bankrotte Modehaus 1989 von Bernard Arnault gekauft wurde, sorgte der angesagte italienische Designer Gianfranco Ferré für neuen Schwung.

Ein wirklicher Coup gelang sieben Jahre später, als der junge John Galliano das Ruder bei Dior übernahm.

Die Kreativchefs von Dior:  Nach Yves Saint Laurent übernahm 29 Jahre lang Marc Bohan (Bild). 

©Catwalkpictures/Prestelverlag

Es folgte  Gianfranco Ferré von 1989 bis 1996.

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Ein umjubelter John  Galliano bis zu seiner Entlassung 2011. 

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 Ab 2012 Raf Simons, der für Purismus und Modernität steht.

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 Und seit  2017 Maria Grazia Chiuri.

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Der Skandal

Als Sohn eines Installateurs in Gibraltar geboren, avancierte er ab 1996 zum weltweit gefeierten Designer, der Dior zu einer der spannendsten Marken machte – mit avantgardistischen Entwürfen und perfekten Schnitten. Er schien die Marke jede Saison neu zu erfinden.

Doch dann der Skandal 2011 – Galliano schwingt betrunken rassistische Reden in einem Lokal und wird dabei gefilmt. Dior entlässt ihn und Raf Simons übernimmt. Er steht für Modernität und Reduktion. Für seine Neuinterpretationen wühlt er gerne im Archiv. Warum er aber nach nur drei Jahren das Luxushaus überraschend verließ, ist bis heute unklar.

Mit Galliano war Dior das trendangebende Luxuslabel schlechthin. Mit Chiuri ist es das nicht mehr, die Zahlen stimmen dennoch

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Finanziell gut aufgestellt

Die lange Suche nach einem Nachfolger endete 2017 bei Maria Grazia Chiuri. Die Italienerin wird die erste weibliche künstlerische Leiterin. So verhalten die Kritiken ausfallen, so gut sind die Geschäftszahlen.

 In einer Zeit, in der sogar die Luxusbranche schwächelt, zeigt ein minimaler Umsatzrückgang von 86 - Diors absolutes Rekordjahr 2023 - auf 85 Milliarden Euro (2024), dass das Modehaus von Christian Dior tatsächlich unverwüstlich ist.

Christina Michlits

Über Christina Michlits

Hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Nach Kennenlernen des Redaktionsalltags bei Profil und IQ Style, ging es unter anderem zu Volume und dem BKF. Seit 2010 bei KURIER für die Ressorts Lebensart und Freizeit tätig. Schwerpunkte: Mode, Design und Lifestyle-Trends.

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