Paartherapeutin: „Es ist nicht das Ziel einer Trennung, Freunde zu bleiben“

Wie geht ein Ende ohne Schrecken? Die Expertin Dorothea Behrmann über gute Trennungen und falsche Tabus.

Als Paartherapeutin und Trennungscoach hat die Hamburgerin Dorothea Behrmann (54) Hunderte Menschen durch das Ende ihrer Ehen begleitet. Ihre Erfahrungen hat sie nun in einen Ratgeber verpackt, der das Stigma um „gescheiterte“ Beziehungen brechen soll.

Bekommen Sie seit Corona mehr Anfragen zu Trennungsberatungen?

Dorothea Behrmann: Ja, auf jeden Fall. Gerade von Menschen, die nicht sicher sind, ob sie sich trennen sollen. Weil der Stress in den Lockdowns durch die Kinderbetreuung und die fehlende Ablenkung zu hoch war. Das hat viele Beziehungen überfordert.

Trennen sich Paare heute zu leichtfertig?

Ich erlebe eher, dass Paare, die unglücklich sind, zu lange mit der Trennung warten. Eine Trennung macht vielen so viel Angst, dass die Komfortzone lieber nicht verlassen wird. Es gibt natürlich auch diejenigen, die sich zu schnell trennen, wenn die erste Verliebtheit verflogen ist und sie etwas an der anderen Person stört.

Die Hamburgerin Dorothea Behrmann coacht (Ex-)Paare 

©Dorothea Behrmann
Woran merkt man, dass es besser ist, zu gehen?

Meist gibt es schon früh eine Intuition, dass etwas nicht stimmt. Langsam baut sich ein bohrendes Gefühl von Unzufriedenheit auf: das Interesse an der Person lässt nach, man freut sich nicht mehr so, wenn sie heimkommt, zieht sich körperlich zurück. Oder man beginnt, den Partner mit einer anderen Person zu vergleichen. Viele scheuen sich aber vor den Schuldgefühlen, die eine Trennung mit sich bringt.

Weil sie immer noch ein Tabu ist, wie Sie schreiben.

Ist das nicht erstaunlich? Wir sind nicht mehr aufeinander angewiesen, wir sind zusammen, weil wir es wollen. Und es ist nun mal so, dass Beziehungen enden. Die meisten haben im Laufe ihres Lebens mehrere, trotzdem schämen sie sich und empfinden eine Trennung als Scheitern. Das finde ich tragisch. Wenn die Gesellschaft offener dafür wäre, könnte sie bessere Unterstützungsstrukturen bieten.

Wie geht denn nun eine gute Trennung?

Was ich täglich erlebe, ist, dass eine Person gehen und eine bleiben möchte. Die, die geht, hat Schuldgefühle, die andere ist gefangen in Wut und Verzweiflung. Es ist wichtig, die Verletzung anzuerkennen. Die gibt es bei jeder Trennung, auch bei einvernehmlichen.

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©APA/AFP/GETTY IMAGES/KEVIN WINTER
Wie kommt man aus dieser Ohnmacht heraus?

Ich rate, die Situation sofort anzunehmen und nicht zu hoffen, dass es wieder wird. Der erste Schritt ist das emotionale Stabilisieren: sich selbst liebevoll zuwenden, Hilfe annehmen. Wenn ich glaube, dass der andere zu 90 Prozent Schuld hat, kann ich immer noch meine 10 Prozent anschauen. So komme ich wieder in meine Kraft. Eine Trennung ist ja immer auch eine Chance, eigene Muster auf den Prüfstand zu stellen. Indem ich dann loslasse, befreie ich mich von all dem Groll; gleichzeitig darf ich das Gute, das ich in der Beziehung erfahren durfte, behalten.

Klingt nach Hollywood-Trennung. Was können wir uns von den Stars abschauen?

Durch Social Media gibt es eine neue Offenheit, was ich gut finde. Gwyneth Paltrow und Chris Martin zum Beispiel haben das mit ihrer „bewussten Entpaarung“ toll hinbekommen, sie waren mit ihren neuen Partnern und den Kindern sogar gemeinsam auf Honeymoon. Wobei ich „Lass uns Freunde bleiben“ eher kritisch sehe.

Warum denn das?

Der, der das sagt, will meist raus aus der Täterrolle. Wichtiger ist – gerade, wenn Kinder involviert sind –, dass man sich aufeinander verlassen kann. Eine Freundschaft kann sich entwickeln, wenn beide wieder happy sind. Ich bin selbst mit der Ex meines Mannes und ihrem Mann befreundet. Aber es ist nicht das primäre Ziel einer guten Trennung, Freunde zu bleiben.

Buchtipp: „Die 7 Phasen des Loslassens“, mvg Verlag

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