Show "How to Build a Sex-Room": Das geheime Sex-Extrazimmer

Viele träumen von Räumen, in denen sie ihre erotischen Sehnsüchte ausleben können. Wie das geht, zeigt ein neues Netflix-Format

"Supercalifragilisticexpialigetisch“: Vielleicht können Sie sich ja noch an Mary Poppins’ Lied im gleichnamigen Film erinnern – ein Begriff, der aufmunternd wirken und fröhlich machen soll. Was das mit Sex zu tun hat, ist einfach erklärt. Die britische Designerin Melanie Rose macht als Star einer neuen Netflix-Show gerade viel von sich reden. In „How to Build a Sex Room“ entwirft und baut die aufgeschlossene, sexpositive Innenarchitektin intime, „heilige“ Räume, in denen sexuell aktive Menschen ihre Fantasien ausleben können. Rose wird deshalb als „Mary Poppins der Erotik“ bezeichnet.

Die Idee ist gut, sehr gut sogar, mein innerer Voyeur fühlte sich jedenfalls sofort animiert. Zumal ich Heimwerker-Shows sowieso mag und gerne zuschaue, wie schlecht tapezierte „Deutsche-Eiche-Wohnhöhlen“ in luftig-praktische Stilparadiese verwandelt werden und dann alle vor Glück weinen, wenn sie das Ergebnis sehen. Das ist im neuen Streamingformat ähnlich, verfeinert um die Note „Sex“. Man sitzt mit Popcorn vorm Bildschirm und sieht zu, wie Menschen über ihre sexuellen Bedürfnisse reden, für die es ihnen aber an Räumlichkeiten fehlt. Melanie macht’s möglich.

Nicht zu vergessen, dieses explizite Bild an der Wand, das der Herr des Hauses begeistert so kommentiert: „Wow, sieh dir diese Schwänze an!“

Wobei ich zunächst Bedenken hatte, dass das Ganze im Schmuddel & Billig-Eck’, Marke „Swingerclub für Arme“, landen würde. Aber nix da – jedes einzelne Sex-Zimmer (bis auf ein paar sehr spezielle für sehr spezielle Bedürfnisse) wirkt auf mich inspirierend, geschmackvoll, einladend und hochwertig. Und so erleben die Zuschauer, wie ein heftig tätowiertes Paar aus dem Staunen nicht mehr herauskommt („Oh, Gosh!“, „My Lord!“, „Incredible!“) als sie mit eigenen Augen sehen, was aus dem hässlichen Raum „da unten“ geworden ist: „Das ist unser Keller???“ Keller, genau, man kennt das ja: da ein paar alte Regale, dort ein paar Plastiktöpfe mit eingetrockneten Farben, drei Ersatzfliesen, ein Paar vergammelte Wanderschuhe. Melanie Rose hat es geschafft, diesen Bereich in ein Sex-Schlaraffenland zu verwandeln, mit Kerzenmeer, einschlägigen Skulpturen, einem Schrank mit Dildosammlung und einer „Inversionsbank“, die das ungleiche Paar (er ist sehr groß, sie ist sehr klein) zum munteren Stellungswechsel-Experiment animieren soll. Nicht zu vergessen, dieses explizite Bild an der Wand, das der Herr des Hauses begeistert so kommentiert: „Wow, sieh dir diese Schwänze an!“

"Ich war ja Pfadfinder...

Und angesichts der opulenten Wand mit Seilen für Fesselspiele, fällt ihm nur eines ein: „Super. Ich war ja Pfadfinder.“ Na dann, möge die Übung gelingen, sehr sympathisch. Und nachvollziehbar. Weil Räume Menschen prägen – und weil es ein verführerischer Gedanke ist, eine Intim-Insel zu haben, auf der hinter verschlossenen Türen auf einmal alles möglich wird, wovon Erwachsene heimlich träumen. Ich bin mir sicher, dass Spielzimmer dieser Art manch müde Ehe retten könnten. Man denke nur an das durchschnittlich-typische Schlafzimmer, für das in Familien mit Kindern stets das Motto „Tag der offenen Tür“ gilt. Aber so? So kann die eigene Frau plötzlich nackt von der Decke baumeln oder sich ein Paar beim Bumsen im Spiegel über dem Bett beobachten, um gleichzeitig laut zu überlegen, welches Spielzeug als nächstes ausprobiert werden könnte. Und selbst wenn man sich hierher nur zum Kuscheln und Reden zurückzieht, ist das wunderbar. Weil es ein „Wir-Raum“ ist, nur für zwei (oder mehrere, was in dieser Serie ebenfalls Thema ist) und für schöne Sachen, die hier erlebt, geteilt und fantasiert werden wollen. Insofern wird der Bastelkeller-Satz „Hör mal, wer da hämmert“ herrlich mehrdeutig.

Experimente

Laut Sexreport der Sextoyfirma „Amorelie“ wünschen sich  21 Prozent der Befragten mehr Abwechslung in ihrem Sexleben und 47 Prozent  der Sextoybesitzer kaufen sich Sexspielzeug, um etwas Neues zu erleben. Horizonterweiterung bietet da der  „Ich hab noch nie“-Sex-Podcast:  Zwei Freundinnen probieren neue Sachen für ihr  Sexleben  aus und reden dann darüber. Auf allen gängigen Podcast-Plattformen.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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