Der Mann – und ihr Wechsel: eine verhängnisvolle Affäre
Wundern, wegschauen, verdrängen: Wenn’s um die weiblichen Wechseljahre geht, gehen viele Männer in Deckung.
Die Freundin und das W-Wort, leicht irritiert: "Was soll ich dir sagen? Der Wechsel. Meine Welt steht kopf. Und unsere jetzt dann bald auch."
Mit "unsere" ist der Herr an ihrer Seite gemeint, der vom W-Wort keinen Schimmer hat. Die Freundin lebt ihre Hitzewallungen und Schlafstörungen daher diskret und beißt sich auch sonst durch – speziell, was den Sex betrifft. Selbstverständlich kann sie tun, wie sie will – wär’s nicht so falsch.
Was hat sie nicht alles mit ihrem Partner durchlebt? Studienabschluss, die Troubles mit seinem fiesen Boss, Karriere rauf, Karriere runter, die Geburt der gemeinsamen Kinder, Kreditzinsen, Kinderjausen. Und jetzt auf einmal Schweigen: "Wie sag’ ich es nur, ohne dass er bei S wie Scheidentrockenheit grün im Gesicht wird?"
Nun, das spuckt Google dazu aus: Seiten mit Überschriften wie "Erste Hilfe für Männer: die Frau in den Wechseljahren." Oder, einen Hauch bedrohlicher: "Beziehungskiller Wechseljahre." Das klingt so gar nicht nach spätem Honeymoon und dem viel gepriesenen Lust-Boost aufgrund weiblicher Reife.
Stattdessen kleben am Thema nach wie vor alte Bilder, von Frauen in der Mitte ihres Lebens, die sich nun endlich dezent ins Strick-Näh-&-Seidenmal-Eck zurückziehen dürfen. Und nur dann weiterhin geeignet für die Bühne des Lebens wären, wenn die ganze Malaise weggepimpt wird, um "wow, so irre jung und dynamisch" zu wirken – weil Schönheit ohne Jugend leider nur bedingt gilt.
Nun, das spuckt Google dazu aus: Seiten mit Überschriften wie "Erste Hilfe für Männer: Die Frau in den Wechseljahren." Oder, einen Hauch bedrohlicher: "Beziehungskiller Wechseljahre." Das klingt so gar nicht nach spätem Honeymoon und dem viel gepriesenen Lust-Boost aufgrund weiblicher Reife.
Ja, zugegeben, es wirkt auf den ersten Blick tatsächlich nicht sexy, den Partner zum "Wechseljahre-Talk" zu bitten: "Wir müssen reden, Schatz." Dennoch braucht es genau das, so unbeliebt das Thema auch sein mag (bei Frauen übrigens auch).
Es braucht das Gespräch über die eigene Not, nachts, wenn die Hitze wütet, die Gedanken im Kopf kreisen und sich jede Faser des eigenen Seins nach Ruhe und tiefem Schlaf sehnt. Die Skizze eigener Ängste, Nöte und zuweilen Wut, die sich aufgrund der Hormonumstellungen ergibt.
Das Reden über die subjektiv erlebte Form von "Kontrollverlust, auf biologischer und gesellschaftlicher Ebene", wie Miriam Stein es in einem Gastbeitrag für den Spiegel formulierte – als Autorin des Buchs "Die gereizte Frau. Was unsere Gesellschaft mit meinen Wechseljahren zu tun hat" (Verlag Goldmann). Aus ihrer Sicht gleichen Wechseljahre einem "Hyperschallantrieb der hormonellen Verstimmungen", wobei man nur dann "gesellschaftsfähig" bliebe, wenn es gelingt, die Kontrolle über seinen Körper zu behalten, den Appetit zu zügeln, die Launen im Zaum zu halten, schwallhafte Perioden und aufsteigende Hitze in der Abgeschiedenheit der Toilette zu erleben."
Wie gut, dass die Debatte zum Thema mehr und mehr in Gang gekommen ist und dass es dazu mittlerweile viele Initiativen gibt. Aber das sollte auch im eigenen Schlafzimmer ankommen, von mir aus ebenso beim Esstisch oder Küchenblock zwischen Spaghetti und Weißwein.
Redet über diese Phase des Lebens und Liebens! Ich will Männern nicht sagen müssen, wie sie mit den Wechseljahren ihrer Frauen umgehen sollen, weil es dafür kein Pauschalrezept gibt. Keine Gebrauchsanweisung und auch keinen Leitfaden. Jedes "Du" ist einzigartig und hat sich einzigartige Achtsamkeit und Sensibilität verdient, im Zuhören, im Einfühlen, bei jeder Berührung.
Keine öden Sprüche mehr im Stile von "Boah, bis du aber grantig, bist im Wechsel?" Kein Drei-Affen-Prinzip: wegschauen, weghören, wegschweigen. Stattdessen die Bereitschaft, anzunehmen, was ist: Lust im Wandel, so wie sich das Leben selbst wandelt. Alles anders – und vielleicht gerade deshalb besser.
Authentisch
"frauen.lust wechseljahre" ist ein Onlinekurs der Sexologin Nicole Siller als Teil ihrer neuen "Lust-Akademie". Diese will alle Menschen, Schwerpunkt Frauen, begleiten und unterstützen, ihr Leben mit Liebe, Lust, Freude und Leidenschaft zu gestalten. Der Kurs soll Frauen im Wechsel positiv motivieren, eine freiere, authentischere, lustvollere und lebendigere Sexualität zu leben. Info: lebendich.at
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