Erotik des Vanillekipferls: Warum Backen so sinnlich sein kann

Aromen, Mandeln, Liebe – so viel Sinnlichkeit steckt in Vanillekipferln. Warum Backen erotisch sein kann, wie viel Lust im Brot steckt – und welche Anziehungskraft die Waffeln einer „Sexy Bäckerei“ ausüben.

Leichte Irritation bei einer Bekannten, die online nach einem Vanillekipferl-Rezept suchte und dabei auf der Seite einer großen Rezeptdatenbank in der Unterkategorie „Erotic Food“ landete. Wohl deshalb, weil es sich um eine etwas erweiterte Anregung in Sachen Kipferlzubereitung handelte: zur Vanille gesellt sich ein Hauch Rosenaroma. Ein Rezept, das „viel Liebe verspricht“, stand da. Wunderbar – auf, auf zum fröhlichen Wuzeln. Zumal in manchen Vanillekipferl-Zutaten aphrodisischer Zauber steckt. Mandeln, zum Beispiel, wurden in Italien verwendet, um Damen zu erregen. Und Madame Pompadour soll damit ihre Unterwäsche parfümiert und das Gewürz in ihre Schokolade getan haben, bevor sie den König zum Rendezvous traf.

Advent und Sinnlichkeit schließen einander keineswegs aus, alles eine Frage persönlicher Vorlieben. Immerhin gibt es Menschen, die ihren Mürbteig mit lustigen Penisformen ausstechen. Vielleicht nicht ganz ideal für die Adventsause mit der Pepi-Tant’, aber ja, wie erwähnt: Geschmackssache. So oder so gilt: Von Liebe können wir nie genug kriegen, von sinnlichen Momenten ebenfalls nicht. Weihnachtlich-betörend klingen auch die „Zauberäpfel“ aus dem (hier bereits oft erwähnten) Buch „Aphrodite“ von Isabel Allende. Ein „Dessert, das alle Männer mögen, und es ist leicht zuzubereiten“. Beides sehr sympathisch. Es handelt sich dabei um nichts anderes, als klassische Bratäpfel aus dem Rohr. Die Füllung besteht allerdings aus Zutaten wie molliger Kondensmilch und Sherry, dazu Zimt, Zitrone und Nelken. Ob Dessert, Keks, Kuchen oder Brot: Backen kann unglaublich lustvoll sein. Idealerweise tut man’s daher mit vollem Körpereinsatz – greift zu, taucht ein, legt Hand an, kostet, schleckt und nippt vielleicht dabei an dickflüssigem Eierlikör, speziell jetzt, im Advent. Die Finger in die Zutaten zu versenken, sie mit den Händen zu Teig zu verarbeiten, zuzuschauen, wie die Küchenmaschine Eiklar zu Schnee rührt oder mit Düften und Zutaten zu experimentieren – das ist Erotik pur. 

Advent und Sinnlichkeit schließen einander keineswegs aus, alles eine Frage persönlicher Vorlieben. Immerhin gibt es Menschen, die ihren Mürbteig mit lustigen Penisformen ausstechen. Vielleicht nicht ganz ideal für die Adventsause mit der Pepi-Tant’, aber ja, wie erwähnt: Geschmackssache.

"Sei Essen!"

Ein schöner Gedanke dazu lautet so: „Wie man mein Herz erobert: Kauf mir Essen. Mach mir Essen. Sei Essen.“ Das Backen von Brot gehört hier ebenfalls dazu. „Heut nacht, ohne Geliebten wie viele, backe ich Brot, senke die Fingerknöchel in den weichen Teig“, zitiert Isabel Allende im Kapitel „Brot“ die Dichterin Patricia Donegan. Und noch eine Geschichte ist hier nachzulesen: Dass nämlich in einer Erzählung von Guy de Maupassant ein junges Dienstmädchen Brot kaufen geht. Jeden Morgen. Durch ein kleines Fenster schaut sie dann dem jungen Bäcker zu, wie er den Teig mischt, von nun an trägt sie dieses Bild mit sich. Wie er mit breiten Schultern, kräftigen Armen, sinnlichen Händen und schweißglänzender Haut den Teig knetet – als wäre er ein Liebhaber. Genauso würde sie gerne berührt. Wie schön.

Charmant, vor allem aber lustig, finde ich die Idee einer „Erwachsenenbäckerei“, wie sie in New York zu finden ist. „Sugar Wood“ in Soho gilt als aktuell angesagte „sexy Bäckerei“, die Waffeln in Penis- und Vulvaform verkauft. Die optisch spannenden Köstlichkeiten werden heiß serviert, mit üppig tropfenden Saucen, Erdnussbutter, Milchschokolade, Karamell. Am liebsten mögen die Kunden übrigens die Penis-Waffel „Woody“ – mit weißer Schokolade an der Spitze. Apropos Weihnachten: Mittlerweile gibt’s dort auch jede Menge Kekse – „Kamasutra-Cookies“, zum Beispiel. Ziel der (queeren) Gründer sei es nicht, irgendwas Derbes zu verkaufen, sondern mit Hilfe der Ware „das Gerede über Sex, Körperteile, Geschlecht, Sexualität zu normalisieren“.

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Ende Jänner erscheint ein Buch, in dem viel Liebe steckt. In „Erzähl’ mir von der Liebe“ finden sich 20 wahre Liebesgeschichten, die das Leben schrieb. Ein Paar mit 31 Jahren Altersunterschied, ein Mann und drei Frauen, eine Liebe, die die Berliner Mauer überwinden musste. Jede dieser Geschichten soll zum Nachdenken über das eigene Leben  inspirieren. Erscheint am 29. Jänner, Verlag Hanser, € 20  

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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