Frau und Mann beim Geschlechtsverkehr

Puppen-Theater: Die Evolution und Faszination der Sexpuppe

Eine Sexpuppe, die in einem See schwimmt wirft Fragen auf. Etwa darüber, was sie mit manchen Menschen macht und wo sie, im besten Fall, dazu beiträgt, andere zu unterstützen.

Die Liebe ist ein seltsames Spiel – mitunter endet sie in der Versenkung. So ungefähr muss das gewesen sein, als sich der Besitzer einer so genannten "Liebespuppe" vor Kurzem dazu entschloss, sein Objekt der Begierde in einem bayerischen See zu entsorgen. Insofern recht spektakulär, als der entblößte Körper mit dem Rücken nach oben, im Wasser treibend, Mordalarm auslöste. 

Es kam zum Großeinsatz – und schließlich zur akkuraten Aufklärung des vermeintlichen Kriminalfalls. Die Feuerwehr entsorgte die stumme Dame "fachgerecht", hieß es in den Medien. Die Polizei mutmaßte, wie es zum Puppenmord kam: "Ob sie ihrem unbekannten Vorbesitzer das Herz brach und sich dieser von seinem kostbaren Stück trennte, bleibt ungewiss."

Mich erinnert das an die britische Komödie "Puppenmord" aus den 1980er-Jahren, die die Geschichte eines Lehrers erzählte, der bei einer Party von der Freundin seiner Frau fast nackt an eine aufblasbare lebensgroße Gummipuppe gefesselt und coram publico schikaniert wird. Schließlich flieht er von dem Fest und wirft die Puppe in eine Baugrube. Allerdings wird Henry Wilt, so der Protagonist, dabei von umliegenden Bewohnern beobachtet. Sie denken, es handle sich um eine echte Frau. Pech für Wilt, denn die Grube wird mit Beton befüllt, die Ermittlungen ziehen sich also. Spoiler: Es gibt ein Happy End.

Etwas mehr als 3.000 Euro sollte man dafür schon locker machen können. Aficionados setzen hingegen auf roboterähnliche Modelle, KI-gesteuert, lebensecht, „konfigurierbar“ für jedes Bedürfnis. Der Markt für solche High-End-Puppen wächst kontinuierlich, beschleunigt durch die Pandemie.

Seinerzeit kam die klassische Gummipuppe zum Einsatz, mit weit geöffnetem Mund, gewissermaßen die Karikatur einer Frau. Seither ist viel passiert – die Puppen wirken heute lebensecht, selbst dann, wenn es sich um aufblasbare und billige Modelle handelt. 

Im Online-Sextoy-Shop finden sich die verschiedensten Varianten – kurvig, schlank, große oder kleine Brüste, multiple Öffnungen, sitzende Modelle, liegende Modelle, alle "leicht zu verstauen". Manche günstig (um die 30 Euro), manche so lebensecht und weich, dass sich das auch auf den Preis auswirkt. Etwas mehr als 3.000 Euro sollte man dafür schon locker machen können. 

Aficionados setzen hingegen auf roboterähnliche Modelle, KI-gesteuert, lebensecht, "konfigurierbar" für jedes Bedürfnis. Der Markt für solche High-End-Puppen wächst kontinuierlich, beschleunigt durch die Pandemie.

Grund genug, sich zu fragen, welche Einstellung die Puppenbesitzer gegenüber echten Frauen haben und wie sich die Puppennutzung auf deren Leben auswirkt. Angeschaut haben sich das Forscher vom Institut für Forensische Psychiatrie und Sexualforschung der LVR-Uni-Klinik Essen. Das Ergebnis, kurz und knackig: Je stärker die Puppe als Mensch betrachtet wird, desto negativer fällt das Frauenbild aus. 

Denn ja, es gibt Männer, die mit einer "Real Doll" in einer Art partnerschaftlichen Beziehung leben. Diese gaben an, dass sie sich auf diese Weise von Frauen unabhängiger fühlten und sich deshalb weniger für eine echte Partnerschaft interessierten. Auch den Körper möglicher, reeller Partnerinnen fanden sie weniger attraktiv. Nur ein kleiner Teil berichtete, dass sich ihr Frauenbild durch die Liaison mit der Puppe verbessert hätte. Im Übrigen gibt es seit zwei Jahren das "Cybrothel" in Berlin, ursprünglich ein Kunstprojekt, jetzt ein Puppenpuff.

Dass Sexpuppen sinnvoll sein können, zeigt „Pimp your Doll“, ein Start-up in Attnang-Puchheim, das Menschen mit Beeinträchtigungen mit Hilfe lebensechter Silikonpuppen einen sicheren und respektvollen Zugang zu Sexualität ermöglicht. Im Sinne der Inklusion und Prävention. Bisher sind die Erfahrungen positiv, Ziel ist es, mittels Crowdfunding ein landesweites Franchising-Projekt zu realisieren.

Gute Idee

Intime Momente sind wichtig – für die Liebe, für die Gesundheit. Die deutsche  Gesundheitskasse AOK hat mit dem Sextoyhersteller "Amorelie" eine Kooperation gestartet, um in intimen Momenten das Bewusstsein für Hautkrebsvorsorge zu stärken. Das Kartenspiel „Skintimacy“  ermutigt, den Körper auf liebevolle Weise  kennenzulernen, die Haut zu "entdecken" und zu schützen. Im Onlineshop von amorelie.de

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare