Warum sich Paare im Urlaub streiten, wenn sie sich entspannen sollten
Wir freuen uns lange auf den Urlaub, doch dann sind wir da und der Streit geht los, obwohl wir uns eigentlich entspannen sollten. Warum das so ist, erfahrt ihr hier.
Die Sonne scheint, man ist im Urlaub angekommen und alles scheint perfekt. Das ist doch eigentlich die beste Voraussetzung für eine romantische Zeit zu zweit. Warum die Stimmung dann doch manchmal kippt und man nicht anders kann, als einen Streit vom Zaun zu brechen, erfahrt ihr hier.
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In diesem Artikel:
- Wir wollen im Urlaub so effektiv wie möglich sein
- Ist uns der Urlaub einfach zu viel?
- Was wir dagegen tun können
Eigentlich ist es vollkommen unlogisch, dass ein Urlaub das Potential für Streit zwischen Partnern schürt. Schließlich hat man im Idealfall keinen Stress, und liegt mit einem Drink in der einen und einem Buch in der anderen Hand am Pool. Doch nach einer Studie eines Forschungsteams der University of Washington lassen sich Ehepaare vor allem nach Weihnachten und nach der Urlaubszeit scheiden. Dafür kann es verschiedene Gründe geben.
Wir wollen im Urlaub so effektiv wie möglich sein
Jetzt hat man schon einmal Urlaub, dann muss man ihn wenigstens auch voll auskosten und gefälligst genießen – koste es, was es wolle. Hoffentlich ist der Preis dann nicht die eigene Beziehung. Denn kein Urlaub ist genauso, wie man es sich vorher vorgestellt hat. Social Media ist da nicht besonders hilfreich, da man in Reels auf Instagram oder Videos auf Tiktok in den meisten Fällen nur die paradiesischen Eindrücke eines perfekten Urlaubs vermittelt bekommt. In echt läuft da wahrscheinlich auch nicht alles rund, doch die Scheinwelt erweckt falsche Vorstellungen. Vielleicht spielt das Wetter nicht mit und man muss kurzfristig umplanen, oder eventuell hat der Bus zum historischen Tempel Verspätung. Von solchen unvorhersehbaren Kleinigkeiten kann man sich dann schon einmal aus der Ruhe bringen lassen, was natürlich Streitpotential hat.
Mit derartigen unrealistischen Erwartungen hängt auch der nächste Grund zusammen: In vielen Fällen nimmt man selbst einfach an, dass der Partner zumindest ähnliche Erwartungen an den Urlaub hat. Dabei können Geschmäcker so unterschiedlich sein. Das Reiseportal Urlaubspiraten hat 2020 in einer Umfrage herausgefunden, dass sich 22 Prozent der Befragten mit ihrem Partner wegen der Aktivitäten beziehungsweise der Zeitgestaltung streiten. Denn der eine möchte vielleicht durch die Gassen bummeln und ein bisschen shoppen, der andere hat sich dann aber darauf gefreut, in der Natur wandern zu gehen. Andere Gründe, die Befragte angegeben haben, sind die Handynutzung (15 %) oder die Aufstehzeiten des Partners (14 %).
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Eine Streitauslöser kann dementsprechend auch mit einer Art Angstreaktion zusammenhängen. Die Psychologin Dr. Antoinette Gupta verrät der Los Angeles Times, dass diese von unserer Amygdala kommt, ein Bereich im Gehirn, der Angst verarbeitet. Dieser Bereich erkennt nicht nur eine physische Bedrohung, sondern kann auch emotionale und pschologische Gefahren verarbeiten. Wenn wir uns also nicht wertgeschätzt fühlen von unserem Partner, kann das auch unterbewusst Stress auslösen und so zu Auseinandersetzungen mit dem Partner führen.
Ist uns der Urlaub einfach zu viel?
Jetzt kommt's: Im Urlaub werden wir sogar öfter krank! Eine Studie unter der Leitung von Professorin und Tourismusforscherin Claudia Möller hat herausgefunden, dass jeder fünfte der Befragten angab, vorrangig in der freien Zeit zu erkranken. Dieses Phänomen nennt man auch "Leisure Sickness". Das könnte daran liegen, dass wir uns im Alltagsstress gar nicht der Beschwerden bewusst sind und Stresshormone diese unterdrücken. In jedem Fall macht uns das wieder anfälliger für schlechte Stimmung, angespannte Nerven und einen sehr kurzen Geduldsfaden. Kein Wunder also, dass wir uns im Urlaub streiten.
Wenn man dann doch noch gut dort angekommen ist, gibt es so viel zu erkunden. So viel neues zu erleben. Das kann schonmal überfordernd sein. Reizüberflutung kann natürlich auch eine Ursache für Stress sein. Das heißt, auch wenn man sich eigentlich entspannen sollte, ist man unter Umständen angespannt durch die vielen neuen Situationen und Reize.
Gleichzeitig kann man auch zu viel vom Partner haben. Gerade Eltern fällt es im Alltag schwer, zwischen allen Herausforderungen ausreichend über ihre Beziehung zu kommunizieren. Wenn man dann plötzlich viel mehr Zeit hat, um aufeinander zu hocken und sich miteinander zu beschäftigen, kann eine solche Umstellung schwerfallen. Das hängt auch von der Stabilität der Beziehung ab. Manche Partner – ob bewusst oder unterbewusst – üben dann mehr oder weniger konstruktive Kritik und sabotieren so den Urlaub und infolgedessen die Beziehung.
Was können wir dagegen tun?
Wichtig ist es, Erwartungen gleich vorweg zu kommunizieren. Ihr solltet nicht davon ausgehen, dass euer Partner genau das Gleiche im Urlaub tun möchte wie ihr. Wenn man die Fronten dann geklärt hat, ist es auch wichtig, Kompromisse einzugehen. So kommt jeder im Urlaub auf seine Kosten.
Es kann auch hilfreich sein, vorher schon Tickets für alles zu buchen, was man sich ansehen möchte, und sei es eine noch so kleine Seilbahn, für die man die Tickets normalerweise vor Ort kaufen würde. Nicht, dass ihr nicht auch spontan sein solltet, aber wenn ihr bereits wisst, dass unerwartete Schwierigkeiten im Urlaub zu einem Streit führen können, dann versucht, sie zu vermeiden.
Sollte es doch einmal zur Auseinandersetzung kommen, muss ihr euch selbst daran erinnern, dass ihr im Urlaub seid, um euch zu entspannen. Kleine Dinge können manchmal größer erscheinen, als sie sind und ihr müsst euch nicht an ihnen aufhängen. Falls das aber in der Situation nahezu unmöglich erscheint, dann tretet einfach einen Schritt zurück, distanziert und entspannt euch kurz. Wenn man sich gesammelt hat, steht meist dem perfekten Urlaub nichts mehr im Wege.
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