Kolumne

Flaschenpost: Von Jungweinen und Spätausgaben

Es ist wieder soweit: Alljährlich im Spätherbst beschert man Weinliebhabern ein besonderes Gaudium in der Weinwelt...

Die Präsentation des Jungweins, hierzulande auch unter der Marke „Junge Österreicher“ bekannt, steht an. Eigentlich ist Jungwein per definitionem ein Wein, dessen alkoholische Gärung noch nicht beendet ist und der auch noch nicht von den Hefen getrennt, also nicht geklärt ist. Die „jungen Österreicher“ oder regionale Markenvarianten präsentieren sich hingegen glasklar wie poliert und verstehen sich als Vorbote des neuen Jahrgangs, der, so glaubt man, „nach langem Warten endlich dessen Geheimnisse preisgibt“.

„Allzu große Hinweise auf den neuen Weinjahrgang sollte man sich bei Jungweinen nicht erhoffen.“ 

Gewartet hat man lediglich ein paar Wochen seit der Lese, aber offenbar hat es schon arg pressiert. Allzu große Hinweise auf den neuen Weinjahrgang sollte man sich dennoch nicht erhoffen – sie schmecken nämlich alljährlich ziemlich gleich – und zwar nach relativ wenig. Aromastoffe entwickeln sich nämlich erst mit der Reife und genau da hapert es naturgemäß bei jungen Weinen. Da hilft auch die raffinierteste Turbovinifikation nichts. Erfreulicherweise gibt es jedoch einen Gegentrend zu der Lust an pubertierenden Gewächsen: Etliche Weingüter haben die Hetze satt und schenken ihren Weinen mehr Zeit: Und zwar schon bei der Weinwerdung. Sie liegen länger im Fass auf der Hefe, gewinnen so an Substanz und Geschmack und reifen stressbefreit. So genannten „Late Release“-Weine kriegen den Luxus, den wir alle gerne hätten: mehr Zeit. Entsprechend ausgeglichen und entspannt präsentieren sie sich dann auch.  

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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