Von Kopf bis Fes: Julius Meinl wird 160 Jahre alt

Der Betrieb gibt zum Geburtstag gratis Kaffees aus. Das Unternehmen hat eine bewegte Geschichte.

Ein prominenter Wiener feiert seinen 160. Geburtstag. Nämlich Julius Meinl. Das internationale Unternehmen, das heute für seinen gerösteten Kaffee bekannt ist, wurde im Jahr 1862 am Fleischmarkt gegründet. Anfangs wurden allerdings nur grüne Kaffeebohnen verkauft sowie Kakao, Tee, Gewürze, Reis und Zucker.

Dass der Meinl-Kaffee bis heute weltweit vertrieben wird, beweist die aktuelle Geburtstagsaktion. Unter dem Motto „Sag Danke“ spendiert Julius Meinl zu jeder Tasse Kaffee eine zweite dazu. Und das in auf der ganzen Welt verstreuten Lokalen, darunter finden sich auch welche in Nepal oder in Florida (siehe Infobox).

Die Kaffeepackerl, die verschifft werden, zieren nach wie vor das in Österreich seit Langem umstrittene „Mohrenkopf“-Logo. In Wien verschwindet dieses bereits – langsam, aber doch.

Zumindest das stationäre Aushängeschild, der Meinl am Graben, hat als eigenständiges Unternehmen im vergangenen Oktober bekannt gegeben, künftig nur noch einen Fes beim Markenauftritt zu benutzen, der KURIER berichtete.

Mehr als nur eine Debatte

Meinl Austria will am alten Logo aber festhalten – als „eine Hommage an die Geschichte wie der Kaffee nach Wien kam“, wie das Unternehmen damals mitteilte. Gemeint ist damit die Legende über Georg Franz Kolschitzky.

Der kaiserliche Kurier und Geschäftsmann soll 1683 nach dem Ende der Türkenbelagerung einige zurückgelassene Kaffeesäcke bekommen und damit das erste Wiener Kaffeehaus „Zur blauen Flasche“ – gegründet haben.

Das alte Logo aus 1924 existiert so nicht mehr. 2004 wurde es umdesignt, hat aber noch denselben Umriss.

©Deutsch Gerhard

Die Logo-Debatte ist allerdings nur ein kleiner Teil der bewegten Geschichte des Unternehmens, das Kriege, Wirtschaftskrisen und sozialpolitische Änderungen miterlebte – und teilweise auch aktiv ins Geschehen involviert war.

Berater in Kriegszeiten

Julius Meinl II. stand etwa im Ersten Weltkrieg dem Kriegsministerium als ständiger Berater in Ernährungsfragen zur Verfügung. Er setzte sich dort für Friedensverhandlungen ein.

Aufgrund des dichten Netzes von Lebensmittelgeschäften, das sich über die gesamte österreichisch-ungarische Monarchie erstreckte, dürfte er früher als andere die sich rapide verschlechternde Versorgungslage der Monarchie erkannt haben.

Nach dem Krieg gründete er eine Hilfsorganisation für österreichische Kinder und verhandelte mit den Amerikanern und Briten über Lebensmittellieferungen nach Österreich.

Gratis Kaffee zum Geburtstag

Kostenloser Kaffee
Von 20. bis zum  30. April läuft die Meinl-Geburtstagsaktion. In teilnehmenden Lokalen erhält man zu jeder Tasse Kaffee einen Gutschein, mit dem  man jemanden auf eine kostenlose Tasse Meinl-Kaffee einladen kann. Alle Lokale finden sie auf juliusmeinl.com.

5 Millionen Menschen
trinken laut Unternehmen täglich Meinl-Kaffee. Jährlich sind es  mehr als 2 Milliarden Menschen.

Kerngeschäft
Die Hauptmärkte von Julius Meinl sind Österreich, Italien und Länder in Zentral- und Osteuropa. Auch der Mittlere Osten wird beliefert. Weltweit werden mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Im Zweiten Weltkrieg dürfte Meinl II. von Wehrmachtsaufträgen profitiert haben. Laut eines Profil-Berichts aus 2008 dürfte er auch eine NSDAP-Mitgliedschaft angestrebt haben. Diese wurde allerdings abgelehnt, weil die Gauleitung Wien „keine innere Bereitschaft“ erkannte. Und: „Volksgenosse Meinl kennt nur das Geschäft und ordnet diesem alles unter“.

Sein Sohn, Julius Meinl III., emigrierte mit seiner jüdischen Frau und übernahm das Unternehmen erst nach dem Krieg.

Rekorde

Sozialpolitisch machte Meinl 1931 von sich reden, nämlich mit der Einführung der Fünf-Tage-Woche mit 43 Wochenstunden. Zum Vergleich: 1959, also fast 30 Jahre später, wurde zwischen Bundeskammer und Sozialpartnerschaft mittels Generalkollektivvertrag die 45-Stunden-Woche eingeführt.

Weniger historisch relevant, aber dennoch wissenswert: Während der Fußball-Europameisterschaft 2008 errichtete Meinl das größte Kaffeehaus der Welt zwischen dem Naturhistorischen und dem Kunsthistorischen Museum. Zum 150. Geburtstag, also 2012, wurde der weltweit größte Cappuccino gebrüht, allerdings nicht in Wien, sondern in Zagreb. Um rund 2.000 Liter Kaffee herzustellen, reisten 350 Baristi an.

Der diesjährigen Geburtstagsaktion ging eine Umfrage unter 4.000 Menschen Wien, Mailand, Zagreb und Bukarest voraus. Demnach zählt für mehr als drei Viertel aller Befragten die Einladung zum Kaffee zu den beliebtesten Dankeschöns.

Agnes Preusser

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