Spaghetti alla Carbonara in der Dose: "Bastardisierung der Gastro-Kultur"

Italienische Köche üben Kritik am US-Lebensmittelkonzern Heinz, der den italienischen Klassiker in Großbritannien als Fertiggericht auf den Markt bringt.

Nun ist schon das Rezept für Spaghetti alla Carbonara ein veritabler Streitpunkt - Stichwort: ohne oder mit Obers? Doch wenn die beliebte Nudelspeise in Dosen verpackt werden soll, regt das Italiener erst so richtig auf. 

Der Plan des US-Lebensmittelkonzerns Heinz, Spaghetti alla Carbonara in der Dose anzubieten, treibt die italienischen Köche auf die Barrikaden. Das ist insofern - sagen wir - pikant, zumal die Konsumenten schon lange offenbar nicht ungern zu Ravioli aus der Dose greifen. Nicht nur in Großbritannien, auch in Österreich.

"Gastro-Kultur wird zerstört"

Heinz will in Großbritannien eines der bekanntesten italienischen Rezepte als Konserve vermarkten - übrigens die erste Nudeleinführung des Unternehmens seit zehn Jahren. Auf dem rosa Etikett auf gelbem Grund steht "Spaghetti Carbonara, Nudeln in Sahnesoße mit Pancetta". Die italienischen Köche beschuldigen nun jedenfalls das Unternehmen, ihre Gastro-Kultur zu zerstören. Starkoch Gianfranco Vissani ärgert sich sehr: "Sie sollten sich schämen." Nach seiner Ansicht versuchen die Lebensmittelkonzerne, "Innovationen um ihrer selbst willen zu schaffen". Carbonara in der Dose könne nicht als italienisches Gastronomie-Produkt bezeichnet werden. 

Das beginnt für die Wahrer der italienischen Küche bereits beim Etikett. Denn Spaghetti alla Carbonara werden traditionell nicht mit dem italienischen Bauchspeck Pancetta, sondern mit Guanciale, dem besten Speck aus der Backe oder dem Nacken des Schweins, zubereitet.

Laut britischen Medien will Heinz in Großbritannien das Fertiggericht zum Preis von zwei Pfund (weniger als 2,50 Euro, Anm.) anbieten. Angesprochen werden vor allem junge Leute, die nicht kochen wollen oder können. Das amerikanische Unternehmen bietet den Briten bereits Soßen wie "Beef Ravioli" oder "Spaghetti Bolognese", aber auch "Hoops" (Tomatenringe; Anm.) und die bekannteren "Mac&Cheese" an.

"Bastardisierung der italienischen Gastronomie"

Allessandr Pipero der mit seinem gleichnamigen Restaurant in Rom den Beinamen "Carbonara-König" trägt, hat es gegenüber der britischen The Times überhaupt die Sprache verschlagen. "Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Meinen Sie wirklich in einer Dose, wie Katzenfutter?" 

Ähnlich wie ihr Kollege Vissani äußert sich auch die die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Küchenchefin Cristina Bowerman. Sie beklagte eine "Bastardisierung" der italienischen Gastronomie. "Ich halte Spaghetti alla Carbonara in der Dose für eine schreckliche Idee. Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucher zuerst diese Dosenversion statt des Originals probieren und vielleicht sogar enttäuscht sind. Spaghetti alla Carbonara müssen zubereitet und sofort serviert werden. Außerdem würde das Ei in einer Dose sofort gerinnen, so dass nicht einmal die richtigen Produkte verwendet werden können." Und über die am Etikett vermerkte, unsägliche "Sahnesauce" breitet sie lieber gleich den Mantel des Schweigens.

Nur wenige Zutaten braucht der Klassiker

In der Tat sollten laut der strengen Regel in eine Pasta alla Carbonara nur vier Zutaten: Nudeln, Ei, Pecorino und eben der besagte Speck (gelegentlich auch Pancetta). Die Eier werden nur verschlagen und mit geriebenem Parmesan verrührt. Mit etwas vom Nudelwasser entsteht eine Art Sauce, mit der die frisch gekochten, noch heißen Nudeln vermischt und mit schwarzem Pfeffer gewürzt werden.

Ebenso wie Pizza, Pasta und Saltimbocca sind "Spaghetti alla Carbonara" aus der römischen Küche nicht wegzudenken. Über die Entstehung des Gerichts gibt es verschiedene Legenden. Am meisten verbreitet ist die Variante, dass die Köhler in der Gegend um Rom nur gut haltbare Lebensmittel auf ihren Exkursionen mitnehmen konnten, etwa Pasta, Eier und gereiften Schafskäse. Der Beruf des Köhlers (carbonaio) verhalf der Carbonara dann auch zu ihrem Namen.

Eine Spur führt in die USA

Laut anderen Legenden ist das Gericht wesentlich jünger, es tauchte 1954 in einem norditalienischen Zeitungsbericht auf, das erste Rezept dürfte erst in den 1960er-Jahren in einem Kochbuch erschienen sein. Doch bereits 1944 soll es der Koch Renato Gualandi in Rimini erstmals zubereitet haben - aus der Verpflegung von US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Diese bekamen Speck und Eier (nach mancher Lesart war es sogar Eipulver), welche er mit Käse und Spaghetti zusammenmischte und mit schwarzem Pfeffer würzte. 

Ob damals nahrhaftes Obers dazu kam, ist bis heute eine Streitfrage. Doch mit diesem Erzählstrang, der auf Umwegen in die USA führt, schließt sich wiederum der Kreis zum Konservenhersteller Heinz. Der schließlich ein echt amerikanisches Unternehmen ist. 

Rezept: Spaghetti alla Carbonara

Zutaten für 4 Personen

  • 400 g Spaghetti
  • 150 g Guanciale (oder Pancetta), gewürfelt
  • 40 - 60 g Pecorino (it. Schafsmilchkäse), gerieben
  • 4 - 6 Eigelb
  • schwarzer Pfeffer

Zubereitung

1 / Die Spaghetti in Salzwasser al dente kochen.

2 / In der Zwischenzeit die Speckwürfel in einer Pfanne ohne Fett knusprig anbraten und vom Herd nehmen.

3 / Die Eidotter mit dem Käse und einem Schöpflöffel Nudelwasser gut verrühren. Mit schwarzem Pfeffer würzen

4 / Die gekochten Nudeln abseihen (etwas Kochwasser auffangen) und sofort in der Pfanne mit dem Speck vermischen. Dann die Käse-Ei-Mischung untermischen. Falls die Sauce nicht cremig genug ist, noch etwas Nudelwasser unterrühren. Sofort servieren.

 

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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