Essbares Blattgold: Edel oder nur Bling Bling?
Für viele der Inbegriff peinlicher Protzerei, für andere festlicher Dekor zu Weihnachten. Doch macht es Sinn, Blattgold zu essen?
Von Herbert Hacker
Der Burger besteht aus 220 Gramm Kobe Wagyu Beef, dem teuersten Rindfleisch der Welt, und 60 Gramm neuseeländischem Rehfleisch. Im Inneren schmilzt während des Grillvorgangs schwarzer Trüffelkäse. Hinzu kommt noch iranischer Safran, gedünsteter Hummer aus Kanada, in Ahornsirup gehüllte Baconstreifen, Beluga-Kaviar und ein mit Hickorynussbaumholz geräuchertes und in essbares Blattgold gehülltes Entenei. Doch das ist noch nicht alles.
Auch die beiden Burger-Brötchen werden mit Blattgold überzogen. Dazu wird ein Dip aus Mangosaft und Champagner sowie geraspeltem weißem Trüffel serviert. Der aufgemotzte Edelsnack hat auch einen entsprechenden Preis: mit umgerechnet 1.400 Euro wurde der goldige „Glamburger“ des Restaurants „Honky Tonk“ im Londoner Stadtteil Chelsea bereits 2014 als teuerster Nobelburger der Welt gefeiert. Das „Honky Tonk“ ist mittlerweile Geschichte – und damit auch der extravagante Goldburger.
Blattgold: Viel Glanz, kein Geschmack
Kochen mit essbarem Gold. Für viele nicht mehr als nur peinliche Protzerei. Wer braucht schon einen Bling-Bling-Burger zum Schnäppchenpreis von 1.400 Euro? Oder eine Pizza um fast 2.000 Euro: so wie im New Yorker Restaurant „Industry Kitchen“, wo die Luxusvariante der üblicherweise recht preisgünstigen Teigfladen nicht nur mit Tomaten und Mozzarella belegt werden, sondern mit Trüffeln, Stilton-Käse, Gänsestopfleber und Kaviar, garniert mit 24-Karat-Goldblättern.
Keine Frage, Gold als Edelmetall faszinierte schon immer. Doch was hat es in der Küche verloren? Wieso werden gerade zur Weihnachtszeit immer wieder allerlei Torten und Desserts mit Blattgold verziert? Ist das nur Angeberei oder die mitunter auch durchaus verständliche Absicht, Gerichte zu den Festtagen optisch effektvoll aufzumotzen? Und wie schmeckt Gold überhaupt?
Als sich vor einigen Jahren der Fußballspieler Franck Ribéry in Dubai ein in Blattgold eingewickeltes Steak servieren ließ und es auch noch auf Instagram der ganzen Welt zeigte, fragte der Spiegel den deutschen Spitzenkoch Thomas Bühner, ob er schon einmal Gold probiert habe. Bühner: „Ja, vor allem in den Achtzigerjahren war das ziemlich angesagt. Ich erinnere mich an einen Abend, da haben wir Gänseleber mit Blattgold serviert, geformt als Goldfinger. Das war eine Anlehnung an den bekannten James-Bond-Film.“ Und wonach schmeckt es, wollte der Spiegel noch wissen. Antwort: „Nach nichts! Sie merken es noch nicht einmal auf der Zunge, so dünn ist das. Da können Sie nur hoffen, dass es nicht am Zahn kleben bleibt.“ Kochen mit Gold ist vor allem vom Image her eine riskante Gratwanderung. Franck Ribéry erntete für sein Video auf Instagram einen weltweiten Shitstorm, ein in Blattgold eingewickeltes Steak sei einfach nur Ausdruck von Dekadenz, so der Tenor der empörten Fußballfans.
Franck Ribéry erntete für sein Video auf Instagram einen weltweiten Shitstorm, ein in Blattgold eingewickeltes Steak sei einfach nur Ausdruck von Dekadenz, so der Tenor der empörten Fußballfans.
Wohl auch deshalb findet sich seither kaum ein seriöser Spitzenkoch, der gerne zugibt, seine Kreationen mit Blattgold zu krönen. Dabei wird Gold in der Patisserie schon seit ewigen Zeiten eingesetzt. Bei Torten, Pralinen, Petit Fours und Muffins wirkt das Vergolden offenbar weniger anstößig, der optische Effekt überwiegt. Die dafür notwendigen Goldplättchen sind im Online-Handel und in exklusiven Feinkostgeschäften erhältlich. Das Sortiment reicht von Goldflocken über Plättchen bis zu feinsten Goldfäden. Wer so etwas will, der muss auch gar nicht so tief in die Tasche greifen. Beispiel: 200 Milligramm Goldflocken, 23 Karat, werden um 25 bis 30 Euro verkauft. Blattgold für den Verzehr ist völlig geschmacklos und wird unter dem Kürzel E 175 als Lebensmittelfarbstoff gehandelt. Der Verzehr gilt als gesundheitlich unbedenklich. Um Blattgold herzustellen, wird Feingold mit Silber oder Kupfer legiert, in Barren gegossen und zu Bändern gewalzt. Danach wird das Gold in mehreren Durchgängen in hauchdünne Blätter verwandelt. Mithilfe eines speziellen Blattgoldpinsels kann man das Edelmetall relativ einfach auf Speisen aller Art auftragen. Man sollte dafür aber Handschuhe anziehen oder mit einer Pinzette arbeiten. Ansonsten würde das Gold sofort an den Fingern kleben.
Mit Blattgold verziert werden übrigens nicht nur Torten und Steaks. Auch Popcorn wurde schon mit 23 Karat Gold überzogen und damit auffrisiert, wie ein Moped mit Turbolader. So wie im Fall der amerikanischen Firma „Berco’s“ mit ihrem vor Jahren auf den Markt gebrachten „Billion Dollar Popcorn“, bei dem jedes einzelne Maiskorn vergoldet wird. Nichts für kapitalschwache Kinobesucher, denn der Preis für 200 Gramm beträgt immerhin 250 US-Dollar. Und wer sich selbst mit herkömmlichen Zucker nicht zufrieden geben will, für den wird in Zürich ein „Premium Luxury Sugar“ mit kleinen getrockneten Blüten und Silber- und Goldpartikeln hergestellt. Mit 17 Euro je Stück ist das wohl der teuerste Zucker der Welt.
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