Harald Irka freizeit Tafelnacht

Starkoch Harald Irka will kein Genie sein

Der Profi stand bei der freizeit.tafelnacht hinterm Herd. Zuvor sprach er über unübliche Kombinationen und über herrische Töne in der Küche.

Er gilt als Genie, als einer, der wagemutig Aromen kombiniert. Er ist betont lässig, aber auch keiner, der wahnsinnig gerne kommuniziert oder im Vordergrund steht. Und das merkt man. Wenn er etwas sagt, dann ist es wenig, aber es sitzt. Da wundert es nicht, dass Harald Irka im "Am Pfarrhof" in St. Andrä im Sausal unter dem Motto Klarheit ohne Komfortzone kocht. 

Klarheit äußert sich bei ihm kulinarisch, vor allem bei der Menge der Komponenten auf dem Teller. Wie beim Reden mag er es reduziert: "Bei uns gibt es meistens zwei, drei Produkte, mit denen wir spielen", sagt der 30-Jährige, der sich in der Südsteiermark vier Hauben erkocht hat.  "Die Komfortzone verlassen heißt, dass wir meist regionale oder zumindest saisonale Produkte einfach durch verschiedene Geschmäcker ergänzen, die vielleicht nicht allzu üblich sind. Also Gerichte, bei denen man ein bisschen Fantasie braucht, um sich vorzustellen, was das ist."

Mehr vom Meer

Wie viele junge, hippe Menschen war Irka früher ein Verfechter des skandinavischen Weges. Wie die Gourmet-Institution Noma in Kopenhagen kreierte er ausschließlich Gerichte mit zutiefst regionalen Zutaten. Mittlerweile hat er den Weg ein bisschen verlassen und kredenzt auch Fische aus dem Meer.

"Wir haben das Glück, dass es in Graz einen Fischhändler gibt, der zwei bis drei Mal in der Woche nach Triest fährt und dort Fisch einkauft und am Rückweg bei uns Halt macht. Der ist genau zweieinhalb Stunden unterwegs. Und wir haben natürlich am Anfang immer nur regionale Süßwasserfische verwendet. Auf Dauer ist uns das langweilig geworden", sagt er. Und außerdem wäre ein Karpfen aus dem Waldviertel mindestens drei Stunden zu ihm in die Südsteiermark unterwegs. "Darum der Kompromiss. Und die Gäste wissen sehr zu schätzen, wenn es nicht den 100. Saibling oder die 100. Forelle gibt, sondern das ein oder andere Mal auch Steinbutt oder Taschenkrebse - oder was sonst gerade verfügbar ist."

 

Harald Irka beim Anrichten des  Amuse-Gueule aus Taschenkrebs kombiniert mit Gurkenvielfalt, Bergamotte, Alge.

©Kurier/Franz Gruber

Während Irka bei den Zutaten seinen Radius erweitert hat, ist dieser bei der Ideenfindung kleiner geworden. Früher war der Koch gerne rund um den Globus unterwegs, um neue Eindrücke zu bekommen. "Für die Inspiration ist es mir mittlerweile eher wichtiger, wenn ich mich bei uns in der Region bewege. Wir wollen doch im Großen und Ganzen eine Küche bieten, die unsere Region widerspiegelt." Und er gibt zu bedenken. "Sonst brauch' ich nicht in die Südsteiermark, wenn ich die Küche bekomme, die ich auf der ganzen Welt kriege."  

Wunderkind

Dass die Küche bei ihm etwas besonderes ist, haben ihm schon viele bescheinigt. Seit er mit 20 Jahren der jüngste Koch mit drei Hauben wurde, haftet ihm die Bezeichnung Wunderkind an. So richtig glücklich ist er damit aber nicht. "Wenn ich ein Genie wäre, dann müsste ich nicht so verdammt viele Stunden in der Küche verbringen und mir Gedanken machen. Dann würde alles ein bisschen einfacher flutschen."

Amuse-Gueule aus Taschenkrebs kombiniert mit Gurkenvielfalt, Bergamotte, Alge.

©Kurier/Franz Gruber

Und auch ein viel gelobter Spitzenkoch hat so seine Schwachstellen. Bei Irka ist es die Patisserie. "Ich kann es vielleicht, aber es ist nicht so mein Fall, weil wir ohne Rezepte und aus dem Bauch heraus kochen." Das funktioniert bei Kuchen und Torten, die Genauigkeit verlangen, aber so gar nicht. Und wenn das Ergebnis nicht stimmt, ist der Koch nicht glücklich. "Das frustriert, weil man sich trotzdem viel Mühe gibt, und das Ergebnis nicht stimmt. Daher lasse ich das lieber"

Gespräch mit Harald Irka, jüngster Hauben-Koch der Welt

Apropos lieber lassen. Vor elf Jahren erzählte der gebürtige Linzer einmal in einem Interview, er wolle, wenn er vier Hauben habe, wieder zurück in seine Heimatstadt. Eigentlich müsste es demnach seit einiger Zeit soweit sein. "Die Frage hat sich aber vor drei Jahren erledigt, als meine Frau und ich in der Saziani-Stub'n aufgehört haben." Bevor sie den Pfarrhof in St. Andrä übernahmen, hätten sie intensiv überlegt, wohin die Reise hingeht. "Linz hätte mir unfassbar viel Spaß gemacht", meint er und fügt sogleich mit Nachdruck ein großes Aber hinzu. "Mit dem Pfarrhof hätten wir es nicht besser machen können." Daher ist Linz vorläufig kein Thema.

 

Hier am Teller liegt Steinbutt mit Sommerkürbis, Trüffel, Rosmarin

©Kurier/Franz Gruber

Auch Wien würde ihn nicht reizen. "Ich bin nicht der Stadtmensch. Ich genieße die Ruhe am Land. Einen Tag in die Stadt zu fahren ist okay, aber auf Dauer wäre das nichts für mich." Das überrascht nicht. Da verbringt er lieber viel Zeit im eigenen Garten, wo er mit seiner Frau Gemüse und Obst für den Pfarrhof anbaut. 

Cool gegen Personalnot

Dabei sieht er eigentlich aus wie einer, der gerne durch die angesagten Lokalitäten einer Großstadt tingelt. Damit ist er in seinem Berufsstand nicht der Einzige. Auf die Frage, ob Köche für die Außenwirkung cool sein müssen, antwortet Irka bestimmt. "Nein, aber ich bin ein junger Mensch mit 30 Jahren. Warum soll ich mich benehmen wie ein 60-Jähriger?" Und womöglich könne man damit ja auch der Personalnot in der Gastro mit einer Portion Lässigkeit entgegenwirken. "Es ist nicht unwichtig, dass wir junge Menschen mit 14, 15 Jahren, die vor einer Berufsentscheidung stehen, zeigen, dass es heute anders zugeht als vor 20 Jahren." Bei ihm in der Küche - das überrascht wieder gar nicht - gehe es  ruhig zu. Vor allem, weil er meist alleine werke, aber nicht nur.  "Ich bin seit 15 Jahren Koch. Ich bin einmal ein bisschen lauter geworden, das hat mir danach ziemlich leid getan", gesteht Irke. "Wenn man schreien muss, hat man etwas falsch gemacht."

Lust auf eine Tafelnacht?

Auch in den kommenden Wochen kochen Spitzenköche bei der freizeit.tafelnacht auf.

Hier geht's zu den Köchen, Menüs und Tickets der freizeit.tafelnächte
Die Tickets sind streng limitiert, die Teilnahme kostet € 120,- 

Hier findet ihr alle Termine auf einen Blick, die Tafelnächte starten jeweils um 19.00 Uhr

Und dann verschwindet er in die Küche, um die Gerichte für die freizeit-Tafelnacht im Wiener Palais Freiluft vorzubereiten. Wo er ruhig und konzentriert mit nur einem Kollegen für 30 Gäste kocht. Und auch im Park bricht er mit Konventionen. "Wir spielen im Sommer viel mit Beeren und Früchten, gerade wenn es in Richtung Hauptgang geht, ist das nicht so üblich." Hierfür hat er sich eine Wachtel einfallen lassen, die mit Beeren, Chlorophyll - ein Püree aus Petersilie - und gegrillten Rosenblättern daherkam. "Damit wird die Wachtel, die ein Wildgeflügel ist, frischer und sommerlicher."  

Eindrücke von der freizeit.tafelnacht

 

Am Pfarrhof

Sankt Andrä im Sausal 1, A-8444 Sankt Andrä im Sausal

Kontakt

Tel.: 0660 39 44 628 
[email protected]

Öffnungszeiten

Mi-Sa: 19-23
Jeden zweiten Sonntag: 11.30-15

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

Kommentare