Flaschenpost: Ein Wein wie aus der Zeit gefallen

Seinen modrigen Unterholzgeschmack abgelegt, besitzt er heute einen fruchtigen Duft. Doch einige Winzer setzen noch immer auf die traditionelle Herstellung.

Rioja erscheint heute hoffnungslos altvaterisch. Vor  nicht so langer Zeit galt er noch als Synonym für spanischen Rebensaft – bei knorrigen Weinbrüdern ebenso beliebt wie bei önologischen Novizen. Die einen waren verschossen in das Odeur durchgerittener Pferdesattel einer Gran Reserva, die anderen tranken Rioja in der billigen Variante ob seines exotischen Namens. Seit Mitte des 19.Jahrhunderts war er ein Megaseller – damals suchten Weinhändler aus dem Bordeaux nach einer Alternative für die von der Reblaus zerstörten Reben. 

In der Region im Nordosten Spaniens wurden sie fündig. Seinen Ruhm verdankt Rioja nicht zuletzt dem Umstand, dass der Jakobsweg nach Santiago de Compostela durch die Anbauregion führt und wohl so manchem Pilger den Schmerz dieser Schinderei ertragen ließ. In den späten 1990er-Jahren konnten auch Winzer im Rioja der Versuchung nicht widerstehen, ihre alten Vinifikationsmethoden über Bord zu werfen und dank moderner Technik Weine zu machen, wie man sie überall sonst fand. Rioja schmeckte nicht mehr nach modrigem Unterholz, sondern besaß den fruchtigen Duft der großen, weiten Welt.

Nur einige wenige blieben stur bei ihren traditionellen Verfahren. López de Heredia etwa, bekannt auch für weißen Rioja, besonders aber für die schier endlose Reifung im Keller. Das mag man oder nicht – ein  Ausflug in eine andere, aus der Zeit gefallene Geschmackswelt lohnt allemal.    

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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