Flaschenpost: Bordeaux in Not

Etliche Weinbauern des Bordeaux müssen Nothilfe von der französischen Regierung beantragen.

Was ist los in Bordeaux? Als eines der renommiertesten Weinanbaugebiete der Welt galt es bislang als das Mekka betuchter, alter Weinbrüder. Man musste bloß die paar Namen der bekanntesten Châteaus kennen, sie dem linken oder rechten Ufer zuordnen und die besten Jahrgänge memorieren – schon konnte man mitreden. Wer dann auch noch in der Lage und willens war, die oft völlig überhöhten Preise zu blechen, gehörte dazu.

Die Region machte es einem auch sensorisch nicht schwer, viele richteten ihre Stilistik nach dem jeweiligen Geschmackstrend aus. Ließ der Weinkritiker-Papst Robert Parker seine Punkte über fette, konzentrierte Bordeaux-Gewächse regnen, richteten nicht wenige Önologen der Region ihren Stil danach aus. Wollten die Russen oder Chinesen unkomplizierte Weine, produzierte man Faserschmeichler. Nur wenige blieben standhaft und kelterten so, wie sie es schon immer taten: mit Struktur, Tiefgang und Charakter. Schließlich verkaufte man Konzernen und den Chinesen ganze Weingüter – ein Wendepunkt. Dann kam die Wirtschaftskrise.

Heute müssen etliche Weinbauern des Bordeaux Nothilfe von der französischen Regierung beantragen. Trotz Ernteeinbußen beklagt der Weinbauverband erhebliche Absatzprobleme, sowohl in Frankreich als auch im Export. Nicht verkaufter Wein, wenngleich nicht von den Top-Châteaus, wird vernichtet oder zu Biosprit verarbeitet. Verzweifelt sucht man nach neuen Marketingstrategien. Vielleicht sollte man sich erst einmal wieder selbst finden.

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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