Vinyl ist Mangelware (und wie Adele sich beim G'riss darum durchsetzte)

Vinyl boomt. Und Stars von Adele bis ABBA wetteifern darum, ihre Alben rechtzeitig pressen zu lassen (Adele hat gewonnen).

 Es haben dieser Tage prominente neue Alben am Start: Ed Sheeran, einer der größten Acts derzeit. ABBA, eine der größten Bands überhaupt. Coldplay, auch keine Garagentruppe. Taylor Swift, riesig in den USA. Elton John.

Es haben alle genannten aber auch ein bisserl Pech gehabt: Denn sie haben ihre Alben fast zeitgleich getimt. Und das führt zu einem Engpass in der lukrativsten Nische des Musikmarktes überhaupt. Dort wurden nun selbst diese größten Stars ausgebremst.

Und zwar ordentlich. Und zwar von Adele.

Die Sängerin hat nämlich dort zugeschlagen, wo es im Musikverkauf noch Geld gibt, bei Vinyl. Für ihr am 19. November erscheinendes Album „30“ hat sie die „gesamte Produktionskapazität von Langspielplatten“ – Sie wissen, diese schwarzen Dinger – weltweit gebucht. Das sagt nicht irgendwer, das sagt Ed Sheeran.Es ist vielleicht ein wenig übertrieben (auch Sheerans Album „=“ erschien auf Vinyl).

Aber nicht viel: Ums schwarze Gold des Musikbusiness wird gekämpft. Und diese Schlacht hat Adele gewonnen. 500.000 Stück Vinyl von „30“ sollen laut Variety pünktlich zum Start auf den Markt kommen. Und Adele ein ordentliches Weihnachtsgeld bringen: Denn Vinyl macht zwar nur ein paar Prozent des Musikmarktes aus. Aber jede gekaufte Platte bringt wesentlich, wesentlich mehr Geld als tausende Albumstreams.

Daher wurden die Produktionskapazitäten für Vinyl zuletzt schon ordentlich emporgeschraubt – vor wenigen Jahren noch kaufte fast niemand mehr den schwarzen Stoff, mit dem die Branche einst groß geworden ist. 2020 – im Pandemiejahr, was eine Rolle gespielt hat! – überholte Vinyl die CD aber wieder. Das Wachstum in den USA im Jahresvergleich: 85 Prozent.

Engpass

Eine halbe Million rasch zu pressende Stück sorgen aber immer noch für einen Engpass: Andere Alben wurden aus der Produktion genommen, um „30“ pressen zu können. Da hilft es auch nicht, dass Taylor Swift „Red (Taylor’s Version)“ am selben Tag herausbringt wie Adele – als Vierfach(!)-Album. Kleine Acts aus der Independent-Szene müssen sich hinten anstellen: Wer jetzt ein Album fertig hat, der kann erst im August 2022 die fertige Vinyl-Scheibe in den Händen halten. Aber auch die großen Stars müssen ihre Musik sechs bis neun Monate im Voraus fertig haben – und mit der Veröffentlichung warten, bis genügend Platten gepresst wurden, um keine Einnahmen zu versäumen.

Georg Leyrer

Über Georg Leyrer

Seit 2015 Ressortleiter Kultur und Medien, seit 2010 beim KURIER, seit 2001 Kulturjournalist. Zuständig für alles, nichts und die Themen dazwischen: von Kunst über Musik bis hin zur Kulturpolitik. Motto: Das Interessanteste an Kultur ist, wie sie sich verändert.

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