Taylor Swift: Das Geheimnis ihres Erfolgs
Eine US-Nachrichtenagentur titelte einst: "Taylor Swift ist die Musikindustrie". Ein Satz, der momentan wahrer, denn je erscheint.
Mit nur 13 Jahren begann Taylor Alison Swift ihre Karriere als Countrysängerin aufzubauen. Zeitgleich startete sie ein weiteres Projekt: ihr erstes Tagebuch. Ein Ort, an dem sie ihre Gedanken und Wünsche niederschreiben konnte.
Auf dem Cover des Hefts stand: "Mein Leben, meine Karriere, mein Traum, meine Realität". Es waren die Worte eines jungen Mädchens, das Großes vorhatte, aber wohl nicht ansatzweise von dem zu träumen wagte, was sie rund 20 Jahre später bereits erreicht haben sollte.
Taylor Swift zählt zu den größten Popstars des 21. Jahrhunderts. Mit mehr als 200 Millionen verkauften Platten, milliardenfach gestreamten Hits auf Spotify und ihrer "The Eras Tour", die vom Guinness Buch der Rekorde als kommerziell erfolgreichste Konzerttour weltweit ausgezeichnet wurde (mehr dazu auf Seite 61), hievte sich Swift endgültig in den Pop-Olymp und steht auf einer Stufe mit den ganz Großen.
Aber wie schaffte Taylor diesen Sprung? Zeit, dem Erfolgsrezept Swift auf die Spur zu kommen.
Musik
Der zentrale Faktor ist natürlich ihr musikalisches Werk. Ihre Wurzeln liegen in der Countrymusik. Von Beginn an schrieb sie ihre Songs selbst. Als sie 14 Jahre alt war, zog ihre Familie für sie nach Tennessee, um näher an der Country-Hauptstadt Nashville zu sein. Es sollte nicht lange dauern, bis das Musiklabel "Big Machine Records“ auf sie aufmerksam wurde.
2006 veröffentlichte sie dann ihre Debütsingle "Tim McGraw", die sofort ein Charterfolg wurde. Noch im selben Jahr erschien ihr Debütalbum "Taylor Swift". Ein neuer Star am Countryhimmel war geboren. Ihr zweites Album "Fearless" (2008), mit Hits wie "Love Story" und "You Belong With Me", katapultierte sie dann endgültig in den Mainstream.
Es waren aber nicht nur ihre Musik, die sie von anderen unterschied. Es waren vor allem ihre Texte und ihr Talent Geschichten zu erzählen. "Jeder im Musikgeschäft hat eine Sache, die ihn von anderen unterscheidet. Und bei mir ist es mein Geschichtenerzählen", sagte sie einst. Ihre Songs sind nämlich mehr als nur Melodien – sie sind fesselnde Erzählungen, die das Leben in all seinen Facetten widerspiegeln.
Swift schafft es, persönliche Erlebnisse und Gefühle in universelle Geschichten zu verwandeln, die bei ihren Fans tiefe Emotionen hervorrufen. Durch detaillierte, beinahe szenenhafte Beschreibungen und einer bildhaften Sprache lässt sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in die Geschichten eintauchen, als wären sie selbst Teil davon. Dieses Erzähltalent macht ihre Musik nicht nur zugänglich, sondern auch zutiefst berührend.
Zudem weiß sie durch ihren musikalischen Facettenreichtum zu überzeugen. Beinahe mühelos wechselt sie zwischen verschiedenen Musikgenres. Auf ihrem dritten Album "Red" ließen sich schon deutliche Pop-Elemente erkennen. 2014 läutete sie dann mit ihrem Album "1989" das Ende der Country-Ära ein. Hits wie "Shake it Off", "Wildest Dreams" oder "Bad Blood" machten sie endgültig zum Popstar. In den letzten Jahren zeigte sie eine neue Seite, indem sie sich in den Indie- und Folklore-Pop wagte, mit introspektiven und atmosphärischen Alben wie "Folklore" und "Evermore". Sie erfindet sich immer wieder neu, ohne an Authentizität einzubüßen.
Willenskraft
Authentisch zu sein reicht aber nicht aus, um ein globales Pop-Phänomen zu werden – es erfordert harte Arbeit, starken Willen und eiserne Disziplin. Swift besaß diese Willensstärke schon als Kind und wusste genau, was sie wollte. Ihr Image entsprach den Erwartungen der Musikbranche: "Ich war darauf ausgerichtet, ein gutes Mädchen zu sein", sagt sie in ihrer Netflix-Dokumentation "Miss Americana". Ihr Leben war durchgetaktet: stundenlanges Proben, Interviews, Studioaufnahmen, Videodrehs, Live-Auftritte.
Trotz ihrer Disziplin lernte sie erst im Laufe ihres Lebens, mit dem Druck umzugehen. Rund um "1989" erreichte sie den damaligen Karriere-Höhepunkt, wurde als perfektes Beispiel von Erfolg wahrgenommen und suchte Bestätigung im Rampenlicht. "Aber wenn man von der Anerkennung Fremder lebt, kann eine schlechte Erfahrung alles zum Einsturz bringen", so Swift.
Resilienz
2016 holte sie eine alte Fehde ein. Ein Rückblick: Sieben Jahre zuvor stürmte Rapper Ye, damals Kanye West, bei den MTV Video Music Awards die Bühne und unterbrach Swifts Dankesrede, indem er sagte, sie hätte den Preis nicht verdient. Der Vorfall ging in die Annalen der Pop-Kultur ein. Obwohl sich das Verhältnis beruhigt zu haben schien, rappte Ye 2016 despektierlich über Swift, woraufhin ein öffentlicher Schlagabtausch begann. Swifts Ruf wurde massiv angegriffen und ihre Glaubwürdigkeit infrage gestellt. Der öffentliche Druck führte dazu, dass sie sich zurückzog. In dieser Auszeit arbeitete sie jedoch an "Reputation", einem Album, das den Hass und die Vorurteile verarbeitete und sie gestärkt zurückkehren ließ.
Kurz darauf folgte jedoch der nächste Tiefschlag: Nach dem Verkauf ihres ehemaligen Labels an Scooter Braun verlor Swift die Rechte an ihren Master-Aufnahmen (So werden die veröffentlichten Versionen eines Songs bezeichnet). Der Inhaber kontrolliert deren Nutzung und Einnahmen. Ein Versuch, die Rechte zurückzukaufen, scheiterte.
Doch Swift sah ein Schlupfloch, das vor ihr auch Größen wie Prince oder Paul McCartney nutzten: Als Urheberin besitzt sie die Rechte an den Kompositionen und entschied sich 2021, ihre Alben neu aufzunehmen. "Wenn in Klammern 'Taylor's Version' steht, bedeutet das, dass ich es besitze", erklärte sie. Ihr Ziel: Künstlerinnen und Künstler sollten ihr eigenes Werk besitzen, da "der Künstler der Einzige ist, der sein Werk wirklich kennt." Swift ließ sich nicht einschüchtern und wurde zur Fürsprecherin für Musikerrechte.
Einfluss
Und wenn Taylor Swift etwas sagt, dann hat es Gewicht. Insbesondere durch ihre Fähigkeit, junge Menschen zu mobilisieren. Mit Millionen von Fans und einer großen Reichweite auf sozialen Medien (283 Mio. Follower allein auf Instagram) nutzt sie ihre Plattform, um politisches Bewusstsein zu schaffen und ihre Follower zur Wahl zu ermutigen.
Bereits in der Vergangenheit hat Swift sich offen für Themen wie Gleichberechtigung, LGBTQIA+-Rechte und den Schutz der Demokratie ausgesprochen, was viele ihrer Fans politisch aktiviert hat. Ihr Engagement könnte in der diesjährigen US-Wahl erneut eine bedeutende Rolle spielen. Aber nicht nur das: Wenn Swift ihren Freund Travis Kelce bei einem seiner Footballmatches im Stadion anfeuert, darf sich die US-Footballliga NFL über Rekordzuschauerzahlen freuen. Selbst die Wirtschaft profitiert. Städte, in denen sie mit ihrer "The Eras Tour" gastiert, verbuchen ein kurzzeitiges Wirtschaftswachstum. Von der „Swiftflation“ ist hier die Rede.
Fans
Ein Umstand, der aber ohne Swifts Geheimwaffe – dem Fundament ihre Karriere – nicht möglich wäre: ihre Fans, liebevoll auch Swifties genannt. Es ist eine tiefe Verbindung zu Taylor (mehr auf Seite 62). Ihre Liebe geht weit über die Musik hinaus; sie fühlen sich durch ihre Songtexte verstanden und inspiriert.
Sie teilt ihre Gedanken, ihre Probleme und Millionen finden sich darin wieder: "Es fühlt sich so an, als wären meine Fans und ich gemeinsam aufgewachsen. Ich mache etwas durch, schreibe ein Album darüber und manchmal stimmt es mit dem überein, was sie gerade durchmachen", sagte sie. Sie ist für sie mehr als eine Musikerin – sie ist wie eine Freundin. Doch anstatt ihre Erlebnisse in Gesprächen bei einem Kaffee zu teilen, teilt Swift ihr Leben eben über ihre Musik. Einst beschrieb die 34-Jährige es so: "Es ist, als würden meine Fans mein Tagebuch lesen." Und vielleicht trägt dieses Tagebuch auch heute noch den gleichen Titel wie vor 20 Jahren: Mein Leben, meine Karriere, mein Traum, meine Realität ...
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