Stuart Staples von den Tindersticks will entdecken, was in ihm steckt

Anlässlich der 30-jährigen Bandjubiläums erzählt der Musiker vom Heimstudio in der Küche und dem Vitalitätslieferanten Filmmusik

„30-Jahre – das war einfach schwer zu ignorieren!“ Nur deshalb hat sich Stuart Staples, Songwriter, Sänger und Mastermind der Alternative-Rock-Band Tindersticks darauf eingelassen, zum Jubiläum das Best-of-Album „Past Imperfect“ rauszubringen. Dafür hat der 56-Jährige 30 Songs zusammengestellt, die das vielfältige Schaffen der britischen Band von 1992 bis 2021 dokumentieren.

Obwohl er Nostalgie nicht mag („sie ist bequem, keine Herausforderung“) sieht man dem mittlerweile in Frankreich lebenden Briten deutlich an, dass er sich gerne an die Entstehung der ersten beiden Alben erinnert. Mit einem Grinsen erzählt er von den Umständen.

„Ich war gerade von Nottingham nach London gekommen und wohnte mit Gitarrist Neil Fraser und Multiinstrumentalist David Boulter zusammen. Wir hatten die Verstärker und ein Vierspur-Aufnahmegerät am Küchentisch stehen. Die Instrumente waren in dem angrenzenden kleinen Wohnzimmer. Später haben wir ein 16-Spur-Gerät gefunden, das nur 300 Pfund gekostet hat, da haben wir unser Geld zusammengelegt und ein Mischpult gekauft.“

Diese frühen 90er-Jahre sind Staples auch deshalb als „fantastisch“ in Erinnerung, weil sie ihm endlich Erfolg brachten. „Davor hatten wir zehn Jahre lang mit einer anderen Band in Nottingham versucht, die Leute zu beeindrucken. Aber los ging es erst, als wir aufhörten, die Leute beeindrucken zu wollen, und wir so musizierten, wie es sich für uns natürlich und gut anfühlte.“

Doch mit dem Erfolg kamen auch Probleme. Das, was vorher Hobby und Spaß war, war zum Job geworden. „Anfangs hatten wir diese Träume, was wir mit der Band erreichen wollten. Als wir das hatten, hat sich alles geändert. Wir wurden Väter, hatten andere Verpflichtungen und Prioritäten und kamen in eine kreative Sackgasse.“

Deshalb widmete sich Staples damals einer Solo-Karriere, wollte so herausfinden, was er noch von der Musik wollte und was sie ihm noch geben konnte. Und er begann, Musik für die Filme von Claire Denis zu schreiben.

©Suzanne Osborne, Steve Gullick, Christoph Agou

„Sie ist eine großartige Regisseurin und ich habe von ihr nie gehört: ,Die Musik muss von da bis da gehen und für diese Szene dieses Gefühl transportieren’. Sie sagt stattdessen: Bring mir Ideen, experimentiere’. Und nicht selten schneidet und filmt sie ihre Szenen so, dass sie zur vorher fertigen Musik passen. Das passiert mindestens genauso oft, wie sich die Musik an die Bilder anpasst. Das ist eine ganz spezielle, privilegierte Situation für mich. Ich kenne keinen anderen Filmmusik-Komponisten, der so arbeiten kann.“

Das sagt Staples, sei auch der einzige Grund, warum es die Tindersticks noch gibt und er mit Fraser und Boulter Mitte der 2000er Jahre wieder zusammenkam. „Durch diese Art der Filmarbeit bleibt mein Songwriting frisch und auch für mich aufregend. Denn ich kann dabei neue Seiten meiner Kreativität erforschen, darf entdecken, was noch alles in mir steckt. Und das fließt in die neuen Tindersticks-Songs ein.“

INFO: Die Tindersticks sind live im Theater Akzent in Wien zu sehen:

22. 4. 20.00 Uhr

23. 4. 15.00 Uhr

23. 4.  20.00 Uhr (ausverkauft)

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