Richtig gezählt: Petr Popelka wird Chefdirigent der Symphoniker
Der Tscheche, 1986 geboren, beginnt offiziell im Herbst 2024. Er folgt auf Andrés Orozco-Estrada, der wütend zurückgetreten war
Die Wiener Symphoniker haben den Nachfolger von Andrés Orozco-Estrada gefunden: Der tschechische Dirigent Petr Popelka wird neuer Chefdirigent; die Musikerinnen und Musiker hätten sich in einer internen Abstimmung „mit überwältigender Mehrheit“ für ihn ausgesprochen. Orchestervorstand Thomas Schindl konnte sich bei der Präsentation einen Seitenhieb auf die SPÖ nicht versagen: „Es wurden alle Stimmen richtig ausgezählt.“
Orozco-Estrada war im April 2022 wegen „lang anhaltender und unüberwindbarer Differenzen“ von seinem Posten zurückgetreten. Er kam damit der Entscheidung des Orchesters, dessen Vertrag nicht über die Spielzeit 2024/’25 zu verlängern zuvor. Der Kolumbianer ist nun Chefdirigent des RAI-Orchesters in Italien.
„Etwas Einmaliges“
Laut Jan Nast, dem Intendanten, sei es den Symphonikern wichtig gewesen, sich für die Entscheidung genügend Zeit zu nehmen: „Bei der Auswahl ging es weniger um Namen, als um die Kunst und die Möglichkeit, gemeinsame Visionen zu verwirklichen.“ Die Aufführung von Gustav Mahlers erster Symphonie mit Petr Popelka sei für viele Musikerinnen und Musiker – „und auch für mich persönlich“ – denkwürdig gewesen: „Plötzlich haben wir alle gespürt, dass etwas Einmaliges in der Luft lag.“
Popelka, 1986 in Prag geboren, werde bereits in der Saison 2023/’24 zahlreiche Dirigate übernehmen, sein Amt offiziell aber erst im Herbst 2024 für vorerst fünf Jahre antreten. Der Kontrabassist, ausgebildet in Freiburg, spielte in der Sächsischen Staatskapelle Dresden, bevor er ans Pult wechselte. Der Tscheche ist Chefdirigent der Rundfunkorchester in Norwegen (diese Tätigkeit läuft aus) und Prag. Zudem komponiert er – „aus Leidenschaft“.
Schon als Jugendlicher sei er regelmäßig mit seinen Eltern nach Wien gefahren, um die besten Orchester der Welt zu hören: „Die Symphoniker sind für mich die musikalische Verkörperung Wiens, ein Orchester, das den Geist der Stadt aufspürt und abbildet, ein Ensemble mit großer Tradition, vor allen Dingen aber ein Orchester, das stets modernen Pioniergeist verkörpert hat.“
Bei der Frage, wie er sich die Reise mit den Symphonikern vorstelle, denke er an seinen kleinen Sohn: „Die Zeiten, in denen wir nur bequem in den Konzertsälen sitzen und die Leute zu uns kommen, die sind aus dem vergangenen Jahrhundert. Wir müssen rausgehen.“ Er wolle junge Komponisten und Komponistinnen fördern, die Stars von morgen auf der Bühne begrüßen: „Wir leben heute, und wir müssen die Musik von heute spielen.“ Aber selbstredend werde man auch die Größen der Vergangenheit nicht vergessen. Zu den Komponisten, die er näher betrachten werde, gehöre seine große Liebe Robert Schumann. Gustav Mahler sei ebenso ein Fixpunkt wie Arnold Schönberg. „Und wir wollen in jeder Spielzeit eines der großen Werke von Béla Bartók zum Leben erwecken.“
Veronica Kaup-Hasler, die Wiener Kulturstadträtin, und Alexander Wrabetz, Aufsichtsratspräsident der Symphoniker, bekundeten ihre Freude mit der Bestellung des 17. Chefdirigenten der Symphoniker.
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