Neuer Film mit Javier Bardem: Er ist hier der Boss
"Der perfekte Chef": Javier Bardem sekkiert als skrupelloser Firmenboss seine Angestellten in einer schwarzhumorigen, spanischen Satire auf die Arbeitswelt.
.Nur der Oscar fehlt noch. Zwar prangen an der Wand des Firmenbesitzers Julio Blanco so gut wie alle Auszeichnungen, die man in seiner Branche erhalten kann. Aber der Höchstpreis, der „Oscar“ ist noch ausständig: Der wird nächste Woche für die am besten geführte Firma vergeben. Und Signor Blanco will alles daran setzen, um sich die Ehrung für den „perfekten Chef“ unter den Nagel zu reißen.
„Ihr seid wie meine eigene Familie, meine eigenen Kinder“, flötet er während der Betriebsversammlung.
Die Angestellten lächeln gequält. Wer genau hinhorcht, hört im Hintergrund einen Familienvater lamentieren. Er wurde gerade gefeuert und verlangt lautstark seinen Job zurück.
Aber der vorgeblich milde Chef lässt sich nicht erweichen. Er habe keine andere Wahl, säuselt er salbungsvoll. Und eigentlich sei er der Arme: Wie ein Chirurg, der amputieren müsse, obwohl er gar nicht wolle. Er tue alles nur zum Wohl der Firma.
Müsste sich der spanische Star-Schauspieler Javier Bardem unter seiner grauhaarigen Perücke für ein Tier entscheiden, das am besten zu ihm in seiner Rolle des Julio Blanco passt, dann wäre es wohl ein freundlich grinsendes Reptil.
Mit lächelnden Lippen, aber kalten Augen, taxiert er seine Gegenüber. Sind es schwierige Angestellte, wird sein Blick berechnend, sind es junge Praktikantinnen, lüstern. Keinesfalls aber lässt sich Blanco emotional involvieren. Was immer er tut, tut er als manipulativer Firmenchef – mit dem Ziel der maximalen Profitsteigerung.
Nerv getroffen
„Der perfekte Chef“ von „Loving Pablo“-Regisseur Fernando León de Aranoa, brach in Spanien alle Preis-Rekorde und wurde für Bardem zum persönlichen Triumph: Von den 20 Goya-Nominierungen (den spanischen Oscars) bekam Bardem seine insgesamt fünfte Auszeichnung als bester Darsteller. Mit weiteren fünf Gewinnen (darunter bester Regisseur und bester Film) schlug „El buen patrón“ sogar Pedro Almodóvars (besseren) Film „Parallele Mütter“ aus dem Rennen. Offensichtlich traf die gewitzte Satire auf das spanische Arbeitsleben und seine skrupellosen, kapitalistischen Strippenzieher einen Nerv.
Blancos Firma produziert Industriewaagen. Schon bei der Einfahrt thront ein Prachtstück von Waage, das sich allerdings – sehr zum Ärger von Blanco – immer im Ungleichgewicht befindet.
Manchmal muss man ein bisschen nachhelfen, um die Balance (zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) wieder herzustellen.
Sex mit Praktikantin
Für den perfekten Boss bedeutet das, sich ins Privatleben seiner Angestellten einzumischen, deren Ehefrauen zurechtzuweisen, rassistische Schlägertruppen zu engagieren und mit der nächsten hübschen Praktikantin ins Bett zu steigen.
Allerdings lässt sich der gefeuerte Ex-Mitarbeiter nicht zum Schweigen bringen: Tagtäglich demonstriert er mit Megafon und Spruchbändern vor dem Firmengelände. Kein guter Anblick für das Preiskomitee, dessen Ankunft Blanco erwartet wie das jüngste Gericht.
in Fernando León de Aranoas Farce schwelt es unter der Oberfläche – ebenso wie hinter der freundlichen Fassade des gerissenen Firmenbosses. Javier Bardem befindet sich allerdings nicht in einer schwarzen Komödie der Coen-Brüder, die in skurrilen Witz oder mafiöse Gewalt kippt. Stattdessen schwebt „El buen patrón“ maliziös zwischen verhaltenem Humor und unterschwelliger Brutalität, in Balance gehalten von seinem zynischen Helden – dem „perfekten Chef“.
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