Corinne Winters: „Nach Salzburg brauchte ich ein paar Tage offline“
Die US-amerikanische Sopranistin Corinne Winters im Interview über das Leben aus dem Koffer, ihren Ehemann und ihre Liebe zur Musik.
Wer im Juli in der Salzburger Felsenreitschule die Inszenierung von Leon Janáčeks Oper „Káta Kabanová“ mit der US-amerikanischen Sängerin Corinne Winters in der Titelrolle sah, spürte es instinktiv: a star is born.
Äußerst präsent, stark und aufwühlend spielte sie sich in der Rolle einer Frau zwischen zwei Männern in die Herzen des Publikums. Auch die Kritiker waren sich nach der Premiere einig: So wie zwanzig Jahre zuvor Anna Netrebko in Salzburg zum internationalen Star herangereift ist, wird auch die Karriere dieser Sopranistin weiterhin steil verlaufen.
Dabei hat Corinne Winters ihre Liebe zur klassischen Musik erst spät gefunden. Aufgewachsen in einem musischen Haushalt im US-Bundesstaat Maryland, verfolgte sie zuerst die mittelprächtige Karriere ihres Vaters, eines Juristen, als Amateurrockmusiker, bevor sie selbst ihre erste professionelle Gesangsstunde nahm.
Bei den International Opera Awards 2014 in London wurde sie als Nachwuchssängerin des Jahres nominiert. Bei den Bregenzer Festspielen sang die multitalentierte Künstlerin im Sommer 2018 die Rolle der Micaëla in Bizets „Carmen“. Im Dezember 2019 war Corinne Winters am Theater an der Wien mit Piotr Beczała und Tomasz Konieczny in der Titelrolle der polnischen Nationaloper „Halka“ zu erleben.
Corinne Winters: Ehrlich gesagt, hatte ich keine besonderen Erwartungen. Mein Bestreben und meine Hoffnung ist es immer, dass ich mit meiner Performance die Menschen im Publikum bewege und in ihnen etwas auslöse. Ich wünsche mir, dass sich die Menschen danach lebendiger fühlen.
Die Karrieren von Opernsängerinnen und Opernsängern verlaufen in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Meine kam eher langsam in die Gänge, dafür aber mit einem steten Aufstieg. Obwohl ich als professionelle Sängerin schon seit zwölf Jahren auf vielen großen Opernbühnen der Welt auftrat, bin ich nach wie vor in meinen Dreißigern und fühle mich, als hätte meine künstlerische Blütezeit gerade erst ihren Anfang genommen. Mein Debüt bei den Festspielen in Salzburg kam also zu einem perfekten Zeitpunkt.
Sie sagen es. Tschechisch spreche ich nicht, aber ich habe wirklich viel Zeit damit verbracht, die Struktur dieser Sprache und auch ihre Aussprache zu studieren. Die Konsonanten und die kurzen Vokale waren zuerst eine wirklich große Herausforderung für mich, aber mit der Zeit konnte ich mich darin fließender und schneller bewegen und ausdrücken.
Im November werden Sie diese Oper auch in Brünn, in der Heimat des Komponisten Leoš Janáček aufführen, noch dazu beim Janáček-Festival. Sind Sie schon leicht nervös?Meine tschechischen Kollegen und Kolleginnen meinten, sie verstünden mich perfekt, wenn sie mir zuhören. Ich habe daher großes Vertrauen darauf, dass alles klappen wird. Es wird jedenfalls meine erste Reise nach Tschechien sein. Ich kann es kaum erwarten.
Stimmt schon, musikalisch betrachtet, galt meine erste Liebe der Rockmusik. Bis zu meiner ersten Gesangsstunde wusste ich ja nicht einmal, dass ich über eine Opernstimme verfüge. Wie meine Karriere wuchs auch meine Begeisterung für die Opernwelt langsam und stetig an. Ich begann als Mezzosopran, einer Stimmlage, in der ich mich aber nie richtig wohl fühlte.
Ja, und als ich zu Sopran wechselte und dann mein wahres Repertoire entdeckte, verliebte ich mich so richtig in die Oper und habe auch nie mehr wehmütig zurückgeblickt.
Absolut! Sich frei wie ein Vogel zu fühlen, bedeutet jedoch nicht, keine Verantwortungen übernehmen zu wollen. Es bedeutet, wählen zu können, mein Leben so zu führen, wie ich es für richtig empfinde und auch mich zu verändern, wenn ich das Gefühl habe, über etwas hinauszuwachsen. Kátas Wahlmöglichkeiten sind sehr begrenzt. Das ist auch der Grund, warum sie sich letztendlich für den Tod entscheidet. Ich bin sehr froh darüber, genau das Leben führen zu können, wonach ich mich immer gesehnt habe.
Ich kann Ihnen versichern, dass das Leben einer Opernsängerin sehr ausgefüllt, sehr beschäftigt und sehr hektisch ist. Andererseits bietet es auch für jemanden, der gerne reist, ebenso viele schöne Momente, zwischendurch auch einmal richtig auszuspannen.
Ich liebe es zu laufen und zu wandern. Und wann immer es möglich ist, bewege ich mich hauptsächlich zu Fuß um die Welt. Ich finde, das ist die beste Art von Fortbewegung, die wir unserem Planeten schuldig sind. Gut entspannen kann ich mich darüber hinaus auch bei Yogaübungen.
Für uns Künstler sind die sozialen Medien wirklich toll, wenn es darum geht, sich mit dem Publikum auszutauschen. Wie bei vielen anderen Versuchungen gilt dabei, das richtige Maß zu finden. Das muss natürlich jeder für sich finden. Sehr rasch werden die sozialen Medien zur Ablenkung, die einen nur davon abhält, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Ja, ich musste einfach ein paar Tage total offline verbringen.
Sie haben Recht, nach all der Aufregung bei den Salzburger Festspielen brauche ich ein paar Tage nur für mich zur Erholung. Ich werde eine Woche bei meiner Familie in den Staaten verbringen, bald danach aber wieder den Koffer packen und in die Schweiz reisen. Die Proben im Opernhaus in Genf, dem Grand Théâtre, beginnen demnächst.
Ja, Adam Smith ist Tenor. Glücklicherweise singen wir dasselbe Repertoire und schaffen es manchmal auch, in dem ein oder anderen Stück gemeinsam aufzutreten. Wir beide nehmen unsere Karrieren sehr ernst, schätzen es aber ebenfalls, genügend Zeit mit der Familie zu verbringen und neben dem Job auch Spaß zu haben.
Den Spaß, diese zu verspeisen, ließen wir uns natürlich nicht nehmen.
Ich stehe auf Singer-Songwriter, besonders wenn Sie über eine kräftige Stimme verfügen und ihre Songs pointierte Texte aufweisen. Zu Hause höre ich alles von Amy Winehouse bis zu Joni Mitchell. Ich höre Pop und Rock von den Beatles und von Fleetwood Mac genauso wie Jazzalben von Miles Davis oder John Coltrane.
Und natürlich eine große Bandbreite von klassischer Musik. Seit ich mich auf diese Rolle in Salzburg in der Janáček-Oper vorbereitet habe, habe ich mich auch in die Streichquartette verliebt, die er verfasst hat. Grundsätzlich bin ich neugierig auf jede Art von Musik und es gibt fast nichts, was ich mir zumindest probeweise nicht anhöre.
Ganz klar, die Titelrolle in Puccinis „Madama Butterfly“, die Desdemona in „Otello“ und Tatjana in „Eugen Onegin“. Und natürlich jede Rolle, an der ich gerade arbeite.
Es wird kommen, bleiben Sie dran.
Kommentare