Macklemore hat dem Dämon Sucht in die Augen geschaut

Auf seinem neuen Album „Ben“ gibt sich der Rapper so ehrlich, „dass es unangenehm ist“

„Ich habe als Kind immer die bösen Typen vergöttert. Denn das ist, was Amerika mich gelehrt hat – dadurch, wie Amerika in der Welt agiert, und durch Filme wie ,Scarface’. Als Helden wurden uns immer die verkauft, die nicht auf die anderen, sondern nur auf sich selbst und ihren eigenen Gewinn geschaut haben. Unser ganzes politisches System baut darauf auf!“

Macklemore ist im Interview mit dem KURIER – angesprochen auf den Song „Heroes“ aus seinem neuen Album „Ben“ – hörbar emotional geworden. Aber bald unterbricht er sich, sagt, dass er eine halbe Stunde brauchen würde, um alles zu sagen, was er dazu sagen will, und lieber damit schließt, dass er es traurig findet, dass unsere Kultur so ist.

„Heroes“ ist aber nicht der einzige Song, der den als Ben Haggerty geborenen Rapper, emotional macht. Aufgenommen hat der 39-Jährige, der mit dem Song „Thrift Shop“ und der Zusammenarbeit mit Ryan Lewis berühmt wurde, das neue Album wieder solo. Er wendet sich dabei mehr den Pop-Sounds zu, bindet für die melodiösen, nicht gerappten Parts jede Menge Newcomer-Features ein und geht in den Texten oft auf sehr persönliche Dinge ein.

„Es sind viele Sachen in diesen neuen Songs, wo ich erst dachte: ,Will ich das wirklich der Öffentlichkeit preisgeben?’“, sagt er. „Aber ich glaube, dass man nur lebt, wenn man über seine Grenzen geht und seinen Dämonen in die Augen schaut. Nur daran kann man wachsen und die beste Version von sich selbst werden – auch wenn das oft unangenehm ist. Das versuche ich in meinen Songs: Herausfinden, was all dem zugrunde liegt, was in meinem Leben vorgeht.“

Einer der Dämonen, die Macklemore auf „Ben“ beschreibt, ist die Alkohol- und Drogensucht. Schon mit 20 Jahren wäre Macklemore beinahe daran gestorben, war seit 2008 clean und hatte aber – wie er in dem Song „Faithful“ beschreibt – Anfang 2020 während der Pandemie einen kurzen Rückfall.

„Meine Routine war wegen Covid unterbrochen und ich habe das 12-Stufen-Programm der Anonymen Alkoholiker nicht mehr durchgezogen. Die diesbezüglichen Treffen wurden auf Zoom-Meetings verlegt. Ich hatte andere Prioritäten, hörte auf, daran teilzunehmen, hörte auf, mich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Und das führte zu dem Rückfall.“

Weniger persönlich ist der Song „I Need“, in dem Macklemore die Konsumgesellschaft porträtiert. „Darin beschreibe ich, wie wir konditioniert werden. So, dass wir denken: Wenn ich dieses Auto, diese Frau, oder diese Summe an Gehalt habe, werde ich glücklich sein. Aber all diese Dinge sind flüchtig und auf keinen Fall nachhaltig. Und wenn wir uns nur darauf verlassen, um ein Gefühl von Identität und von Selbstwert zu haben, werden wir immer nur mehr davon wollen. Denn Materielles hat vergänglichen Wert und kann diese Lücke nicht stopfen. Das können nur sinnstiftende Werte.“

INFO

Macklemore tritt am 30. 4. in der Wiener Stadthalle auf. Tickets gibt es unter www.oeticket.com

Brigitte Schokarth

Über Brigitte Schokarth

Brigitte Schokarth kennt die Rock/Pop/Indie-Welt in allen Aspekten, pendelt für Konzerte zwischen Flex und Stadthalle, für Interviews zwischen Berlin, London und New York. Sie spricht genauso gern mit Robbie Williams und Pink wie mit Amanda Palmer und James Blake und spürt in den Clubs der Musikmetropolen Trends und Newcomer auf.

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