Leopold Museum entdeckt verschollen geglaubtes Schiele-Gemälde

Das Museum zeigt das Frühwerk als Dauerleihgabe - und will mit einer NFT-Kollektion den Ankauf finanzieren

Ein Frühwerk von Egon Schiele, das den Onkel des Künstlers am Klavier zeigt, ist durch Recherchen des Leopold Museums wieder ans Licht gelangt: Am Donnerstag präsentierten Direktor Hans-Peter Wipplinger und Kuratorin Verena Gamper das Gemälde aus dem Jahr 1907, das in der Fachwelt bislang als verschollen galt. Es wird nun restauriert und gereinigt - und soll danach als Dauerleihgabe aus Privatbesitz in der Schausammlung "Wien 1900" zu sehen sein.

Mittelfristig will das Museum das Bild erwerben. Um den Ankauf, die Restaurierung und weitere Aktivitäten der Sammlungspflege zu finanzieren, steigt es dazu in den Markt mit NFTs (Non-Fungible Tokens) ein. Diese digitalen Echtheitszertifikate, die auch digitale Güter mithilfe der Blockchain-Technologie handelbar machen, hatten im Vorjahr einen beispiellosen Höhenflug am Spekulationsmarkt erlebt, der mittlerweile allerdings stark abgeflacht ist. Einige Museen haben die Gelegenheit ergriffen, um mit digitalen "Zwillingen" ihrer Schätze Mittel zu lukrieren - zuletzt das Belvedere mit dem "Kuss".

©Leopold Museum

Das Leopold Museum legt nun eine "Schiele Collection" auf, bei der Sammler über die Plattform "LaCollection" in Kooperation mit der Österreichischen Post zertifizierte Kopien in verschiedenen Auflagen erwerben können: Als "Ultra Rare" werden die Werke Tote Mutter I, 1910", das Selbstporträt mit Lampionfrüchten, 1912" und das Bildnis Wally Neuzil, 1912 zu Preisen von 100.000 Euro aufgelegt. Hier kommt nur ein NFT auf den Markt, ein zweites bleibt in Museumsbesitz. Die weiteren Abstufungen heißen "Super Rares" (Edition 10 Stück, 10.000 Euro) und "Rares" (100 Stück, 499 Euro). Zur Kompensation des beim NFT-Handel entstehenden C02-Ausstoßes fließt ein Teil des Erlöses in Klimaprojekte.

Onkel am Klavier

Das wiederentdeckte Gemälde Leopold Czihaczek am Klavier, 1907 wird als „Special Rare“ um 999 Euro zu erwerben sein. Das Bild war bislang nur über Vorstudien und das Foto eines Raumes, in dem das Bild an der Wand hängt. Leopold Czihaczek war Schieles Vormund gewesen. Von ihm ging das Werk an einen Gustav Huber über und blieb auch danach in österreichischem Privatbesitz. Laut Auskunft von Melanie Schuster, der älteren Schwester Egon Schieles, an Rudolf Leopold waren Gustav Huber und Leopold Czihaczek über den Vater Hubers miteinander bekannt gewesen.

Michael Huber

Über Michael Huber

Michael Huber, 1976 in Klagenfurt geboren, ist seit 2009 Redakteur im Ressort Kultur & Medien mit den Themenschwerpunkten Bildende Kunst und Kulturpolitik. Er studierte Publizistik und Kunstgeschichte und kam 1998 als Volontär erstmals in die KURIER-Redaktion. 2001 stieg er in der Sonntags-Redaktion ein, wo er für die Beilage "kult" über Popmusik schrieb und das erste Kurier-Blog führte. Von 2006-2007 war Michael Huber Fulbright Student und Bollinger Fellow an der Columbia University Journalism School in New York City, wo er ein Programm mit Schwerpunkt Kulturjournalismus mit dem Titel „Master of Arts“ abschloss. Als freier Journalist veröffentlichte er Artikel u.a. bei ORF ON Kultur, in der Süddeutschen Zeitung, der Kunstzeitung und in den Magazinen FORMAT, the gap, TBA und BIORAMA.

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