Taylor Swift auf der Bühne in Mailand

"Cat Lady" Taylor Swift: Ist sie eine Feministin?

Die Frau, die mit ihren Katzen lebt und immer wunderlicher wird – Film und Fernsehen haben das Bild der "verrückten Katzenfrau" vorangetrieben.

Meredith Grey und Olivia Benson gehören zur Familie. In Interviews, aber auch auf Social Media und auf Weihnachtskarten, trägt Taylor Swift ihre Zuneigung zu ihren Hausgenossen zur Schau. 

Warum sie die beiden vergöttert, erklärte sie dem Time Magazine so: "Katzen sind sehr würdevoll. Sie sind unabhängig. Sie sind fähig, ihr eigenes Leben zu meistern." Und als das Nachrichtenmagazin die mehrfache Grammy-Preisträgerin 2023 zur Person des Jahres kürte, erschien sie zum Cover-Shooting mit dem neuesten Zugang im Hause Swift: Ragdoll-Kater Benjamin Button.

In vielen Kulturen wird das Lebensglück einer Frau immer noch allein mit romantischen Beziehungen und dem Gründen einer Familie gleichgesetzt. Ist sie unverheiratet und – bis auf ihre Katzen – alleinwohnend, erntet sie oft Mitleid, ein Kopfschütteln oder gar Entsetzen. Mit dem Phänomen beschäftigte sich schon die Kultserie "The Simpsons". 

Hier war es Eleanor Abernathy, die aggressiv und kaum eines verständlichen Wortes mächtig, mit ihren wilden Katzen jeden in die Flucht schlug. Die aufgeschlossene, eloquente Taylor Swift, die (auch dank Pailletten-Einsatz) so strahlend schön im Rampenlicht steht, will da nicht ins Bild der verrückten, ungepflegten Catlady passen. Im Gegenteil, die Eigenschaften, die sie dem Tier zuschreibt – freiheitsliebend, selbstständig, würdevoll –, könnten ebenso gut auf sie selbst zutreffen.

Die Singer/Songwriterin setzt sich im Lauf ihrer Karriere immer wieder für Frauenrechte und Gendergerechtigkeit ein, anfangs zurückhaltend. "Ich habe eine feministische Haltung eingenommen, ohne es wirklich zu sagen", sagte sie 2014 gegenüber "The Guardian". 

Spätestens 2019 setzte sie auf die Macht des Wortes: Da nahm sie die Billboard-Music-Awards zum Anlass, in einer 15-minütigen Rede über ihren Erfahrungen in der männerdominierten Musikbranche zu erzählen: über die Vorbehalte und unerreichbaren Standards, mit denen Frauen konfrontiert werden. Besonders die Erkenntnis, dass der Erfolg von Künstlerinnen oft kleingeredet werde, habe etwas in ihr verändert, so Swift. 

Sie begann die Kritiken kreativ in Form von musikalischen Satiren oder inspirierenden Hymnen zu verarbeiten: "Mean", "Shake It Off", "Blank Space" oder auch "The Man" singen ein Lied davon. Taten begleiten die Worte der Selbstermächtigung: 2017 reichte sie Klage wegen sexueller Übergriffe ein und gewann. Und als sie 2019 die Rechte an ihren Masteraufnahmen an Musikmogul Scooter Braun verlor, holte sie sich durch Neuaufnahmen die Kontrolle über ihre Musik zurück. "Taylor’s Version" wird seitdem öfter gestreamt als die Originale.

Zuvor kamen u.a. 14 US-Präsidenten, drei Päpste und Angela Merkel: Aufgrund ihrer künstlerischen Arbeit kürte das New Yorker Time Magazine Taylor Swift zur Person des Jahres 2023.

©APA/AFP/TIME/TIME Person of the Year/HANDOUT

Spiegelbild

An Taylor Swift scheiden sich die Geister. Sie ist keine klassische Feministin. Manche sehen in ihr überhaupt die Kapitalistin, die sich nur zu Genderfragen äußert, wenn es die Karriere vorantreibt. Für andere ist ihr Feminismus zu selektiv. Der Vorwurf: Sie konzentriere sich allein auf weiße Frauen der Mittel- bzw. Oberschicht. 

Ihre weiblichen und queeren Fans aber erkennen sich in Taylor Swift wieder, wenn sie über ihre Kämpfe mit Selbstbewusstsein, Körperbild und dem Druck bestimmten Idealen zu entsprechen spricht. In ohnehin komplizierten Zeiten werden ihre Ermunterungen, sich zu lieben, wie man ist, dankbar angenommen. Damit wird Taylor Swift zur großen Schwester, die aufruft, sich die Hauptrolle nicht wegnehmen zu lassen, sondern verdientermaßen selbst Held(in) der eigenen Lebensgeschichte zu werden – mit oder ohne Katzen.

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