Johnny Depp in Cannes: Trotz Comeback kein Triumph
Die 76. Filmfestspiele in Cannes eröffneten mit dem schwachen, umstrittenen Historienfilm "Jeanne du Barry“ mit Johnny Depp
Fast hätte Catherine Deneuve darauf vergessen, das Filmfestival in Cannes zu eröffnen. Die französische Starschauspielerin hatte zum Auftakt des Festivals für einen berührenden Moment gesorgt, als sie ein Gedicht der ukrainischen Lyrikerin Lessja Ukrajinka zitierte.
Danach wollte sie die Bühne gleich wieder verlassen, wurde aber von der Gastgeberin des Abends, ihrer Tochter Chiara Mastroianni, mit einem Mikrofon an ihre Pflichten erinnert. Gemeinsam mit Michael Douglas, der kurz davor zu Standing Ovations die Goldene Ehrenpalme für sein Lebenswerk erhalten hatte, erklärte Catherine Deneuve die 76. Filmfestspiele in Cannes für eröffnet.
Und dann folgte der Eröffnungsfilm „Jeanne du Barry“ von Schauspielerin und Regisseurin Maïwenn. Mit Johnny Depp in einer Hauptrolle.
Schon im Vorfeld hatte die Wahl des Historiendramas rund um Aufstieg und Fall von Jeanne du Barry, Kurtisane des französischen Königs Ludwig XV., für Aufregung gesorgt. Der Eröffnungsfilm gilt als Comeback von Johnny Depp seit des unschönen Verleumdungsprozesses gegen Ex-Frau Amber Heard, den der Schauspieler weitgehend gewonnen hat.
„Gratuliere!“ war auf dem Plakat eines französischen Fans zu lesen.
Cannes-Chef Thierry Frémont verteidigte seine Wahl mit dürren Worten: Er interessiere sich für Depp als Schauspieler, nicht als Menschen.
Lieblingsmätresse
Aber auch Regisseurin Maïwenn, die sich die Titelrolle der sozialen Aufsteigerin nicht wenig narzisstisch auf den Leib geschrieben hatte, sorgte gehörig für Schlagzeilen. Sie hatte in einem Pariser Restaurant einen prominenten Journalisten an den Haaren gepackt und ins Gesicht gespuckt. Der Grund für die Attacke dürfte darin liegen, dass der Reporter die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Star-Regisseur Luc Besson, Maïwenns Ex-Mann, publiziert hatte. Laut Aussagen des Journalisten gilt Maïwenn als Gegnerin der #MeToo-Bewegung.
Abgesehen von den moralischen Diskussionen, gehört „Jeanne du Barry“ zu den schwächsten Eröffnungsfilmen der jüngeren Cannes-Geschichte. Mit großem Kostümaufwand bemüht sich Maïwenn um die emanzipatorische Aufsteigergeschichte einer Frau „aus dem Volk“. Jeanne arbeitet sich zur Lieblingsmätresse des Königs hoch, von weiblicher Selbstermächtigung ist trotzdem wenig zu spüren – sieht man davon ab, dass sie die Haare entgegen der höfischen Sitten offen trägt. Umgeben von mächtigen, letztlich aber doch netten Männern, bleibt sie Einzelkämpferin, attackiert von fiesen Frauen.
Johnny Depp als wortkarger König wirkt durchgehend steif und wird herumgeschoben wie ein kostbares Möbelstück. Wenn überhaupt, erinnert er an einen gealterten Rockstar. „Jeanne du Barry“ mag sein Comeback sein, keineswegs aber ein Triumph.
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