Es war eigentlich für drei Jahre angesetzt. Doch aufgrund des großen Erfolgs wurde das Hologramm-Konzert „ABBA Voyage“ auf unbestimmte Zeit verlängert

Hype um ABBA: Auf Spurensuche der Pop-Band in London

1974 gewann Abba in Brighton mit „Waterloo“ den Eurovision Song Contest. 50 Jahre später kommt die Tribut-Show „Abba Mania“ erstmals nach Wien. Und in London feiern derzeit gleich vier Formate die schwedischen Musiker.

Play a new song, Chiquitita – schallt es blechern aus den Lautsprechern der Londoner U-Bahnstation Pudding Mill Lane und lässt keinen Zweifel an der Frage, ob man den korrekten Ausstieg genommen hat. Man hätte es aber auch so gleich erkannt. Nicht nur wegen der bunten Arena, die einem durch die Fensterscheibe  entgegenleuchtet. Sondern auch wegen der  Paillettenkleider, Schlaghosen und Ponchos, die einen umgeben: Hier entlang, zeigen sie, geht es zur futuristischen Tribute-Show. Hier entlang zu „ABBA Voyage“. 

Kein Weg ist den Fans zu weit, das Alter spielt keine Rolle. Die Britin Beatrice Thomas, die mit blauer Herzbrille und Federboa im Eintrittsbereich zwischen Hot-Dog- und Merchandise-Stand sitzt, ist 85 Jahre alt und musste fast 100 Kilometer zurücklegen: „Aber das wollte ich mir einfach nicht entgehen lassen.“ Carolyn Helpin am anderen Ende des Raums ist mit sieben Freundinnen bloß für den Abend aus Nordirland eingeflogen. „Gibt es ein besseres Ziel für ein Partywochenende?“, fragt sie und bestellt lieber noch ein Glas  Prosecco. Doch niemand übertraf Sheryl Weston. Sie kam mit ihrem Mann  aus dem 17.000 Kilometer entfernten Australien. „Was soll ich sagen?“ Sie lacht. „Wir lieben ABBA einfach!“ 

Benni, Anni-Frid, Agnetha und Björn noch vor ihrem Song-Contest-Auftritt 1974 in Brighton.  Der Beginn einer Ära 

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50 Jahre nach ihrem Sieg beim Eurovision Vision Song Contest am 6. April 1974 in Brighton ist die schwedische  Kultband immer noch – oder wieder – in aller Munde. Ihr 2021 erschienenes Album „Voyage“, in dem sie erstmals seit 40 Jahren neue Lieder veröffentlichte,  wurde im Erscheinungsjahr  zwei Millionen Mal verkauft und zählt mittlerweile  zu den – The Winner Takes it all  –  acht bestverkauften Alben aller Zeiten. Dazu kommen Tributeshows, Themenpartys, Theateraufführungen. Und kommenden Donnerstag macht das Livekonzert „Mania – The Abba Tribute“, das in mehr als 30 Ländern bereits drei Millionen Fans erreicht hat,  in der Wiener Stadthalle Station. 

Doch keine Stadt  ist derart im ABBA-Fieber wie London – und das, obwohl England dem ABBA-Auftritt 1974 „zéro points“ gab.  Denn Fans können hier  aus vier Spektakeln wählen. Neben „ABBA Mania“ nahm vor 25 Jahren auch  das Musical „Mamma Mia“ am Londoner West End seinen Anfang. Dazu kommt seit 2019 „Mamma Mia! The Party“,  ein Fest mit Kulinarik, Musik und griechischem Flair in der O2-Arena. Und natürlich die Hologramm-Schau „ABBA Voyage“. 

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Dancing Queens gibt es  bei „ABBA Voyage“ auch im Publikum

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Melodie und Marketing

Aber warum begeistert eine schwedische Volksmusikband über Generationen?  

Für Musikprofessor Michael Spencer von der University of Leeds liegt es an der einzigartigen Zusammenstellung. Zwei  Paare, die sich lieben, auseinandergehen und  darüber singen:  über ihre  Liebe, ihren Herzschmerz und ihre Trennung. „Es fühlt sich dadurch so echt an.“ Fantum-Expertin und Wissenschaftlerin Christina Schuster sieht den Erfolg vor allem in der Art  der Musik. „Die Songs sind leicht eingängig und lassen sich auf andere Genres und Formate übertragen.“ Die Musik aktiviere „die Nostalgie für die 70er-Jahre“, lasse sich aber zeitgleich in neue Settings einbinden und werde zum Soundtrack von heute. 

„Also, ich weiß nicht, ob ich das aushalte!“, ruft eine junge Frau, als sie aus einer Toilettenkabine des Novello Theaters im Londoner Aldwych kommt, und zeigt auf das Schild, das an der Innenseite der Toilettentür angebracht wurde:  „Bitte nehmen Sie Rücksicht auf die anderen Zuhörer und versuchen Sie nicht, mitzusingen – bis zum Finale.“ Und es gilt, sich tatsächlich  bei den ersten Klängen auf die Zunge zu beißen,  sind die Lieder doch so bekannt, so mitreißend. Selbst wer die 70er nicht erlebt hat, verbindet mit Dancing Queen oder Super Trooper oft die Euphorie eines unbeschwerten Abends. Memories that remain. 

Dazu kommt noch das Können der Band, ergänzt Eva Maria Schörgenhuber, Kulturwissenschaftlerin  von der Universität Wien: „ABBA haben in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass sie meisthaft darin sind, ihr Werk immer wieder neu zu verpacken, zu verkaufen und interessant zu halten.“

Mitreißende Lieder und beeindruckende Performance – ob im Musical in Novello Theatre oder beim virtuellen Konzert in der ABBA Arena

©Brinkhoff-Moegenburg
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Man verliert sich im Musical gerne in der Aufregung von  Tochter Sophie, der Verwirrung der drei möglichen Väter  – ja, does your mother know? – und der wunderbar tiefen  Stimme von Mazz Murray als Hausherrin Donna Sheridan. 

Zurück in die Vergangenheit

Doch all diese Tribute treibt „ABBA Voyage“ auf die Spitze, meint Schörgenhuber. Würde moderne Technologie doch genutzt werden, um ein Konzerterlebnis zu kreieren, das so nicht mehr stattfinden kann – werden quasi die 70er selbst auf die Bühne geholt. „Sein oder Nichtsein, das ist nicht länger die Frage“, erklärt  Benny Andersson zu Beginn der Show. Danach werden  sie virtuell aus dem Boden gefahren: Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid. Überlebensgroß, jung und so klar, dass man sie, obwohl man weiß, dass sie Hologramme sind, für echt hält. Das Publikum – die 85-jährige Beatrice, Nordirin Carolyn, die  Australierin  Sheryl – jubelt.  Und dann wird,  denn hier darf man,  mitgesungen, geklatscht,  geschunkelt.  Für 90 Minuten ist alles um einen herum young and sweet, und man selbst  only seventeen.

ABBA Shows

Am  Donnerstag, den 11. April, macht „Mania – The ABBA Tribute“ Station in der Wiener Stadthalle.
Info: stadthalle.com

In London kann man zwischen vier Shows wählen: „ABBA Voyage“ in der ABBA Arena 
„Mamma Mia! Das Musical“ im Novello Theatre 
„Mania – The ABBA Tribute“  an wechselnden Orten
„Mamma Mia - The Party“ in der O2 Arena

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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