Jesus als Pop-Ikone: Hippie, Rockstar, Revoluzzer

Erinnerung zu Ostern: Franco Zeffirelli inszenierte Jesus einst als Hippie. In "Jesus Christ Superstar" war er der erste Rockstar.

Jesus Christ Superstar

1969 war Andrew Lloyd Webber weder Sir noch Superstar, keiner kannte ihn und er konnte Musik machen, wie es ihm passte.

Er schrieb ein Konzept-Album über die letzten Tage Jesu und nahm es mit Ian Gillan (Deep Purple) als Jesus, Murray Head als Judas, Manfred Mann-Sänger Mike d'Abo und Eric Clapton-Sängerin Yvonne Elliman als Maria Magdalena auf. An der Gitarre - unter anderen Kapazundern - übrigens Chris Spedding.

1971 wurde es am Broadway als Musical aufgeführt, aber erst der überwältigende Erfolg ein Jahr darauf in London dürfte Herrn Webber auf eine neue Geschäftsidee gebracht haben. 1973 kam der Film in die Kinos, Ian Gillan hatte die Dreharbeiten abgesagt, da er seine Purple-Fans nicht durch einen Tourstopp verärgern wollte.

Der kalifornische Musiker Ted Neeley bekam die Chance - und nutzte sie. An ihm werden sie seitdem alle gemessen...

Godspell

Ebenfalls ein Kind der frühen 70er. Kult-Schauspieler Victor Garber, der den Jesus zuvor auch schon in Theateraufführungen gespielt hatte, brachte ihn schräg, bunt, schrill rüber. Jesus völlig von der Rolle - echt camp irgendwie!

Aber auch angesagt, mit dadaistischem Charme und dem biggest White-Boys-Afro, den man verlangen kann. Eine freche und vor allem unvergessliche  Mischung aus Dr. Frank 'n' Further und Mork vom Ork.

Jesus von Nazareth

Franco Zefirelli stattete 1977 seinen TV-Vierteiler mit absoluten Topstars aus. Rod Steiger, Anthony QuinnIan McShane, Christopher Plummer, Peter Ustinov, Anne Bancroft, Lawrence Olivier, James Mason, Claudia Cardinale als Ehebrecherin, Ernest Borgnine als knorriger Centurio! Den größten Coup landete er aber in der Besetzung der Muttergottes und ihres Sohnes.

Als Maria verstörte die erst 25 Olivia Hussey, die für Zeffirelli schon als Julia in seiner Shakespeare-Verfilmung Teenage-Pop-Charme versprüht hatte - als Jesus castete er den damals völlig unbekannten Robert Powell.

Und der definierte ganz ohne zu singen unser Bild von Jesus als einsamen Rockstar, letzten Hippie oder vielleicht auch ersten, für die kommenden Jahrzehnte.

Jesus von Montreal

Eine oscarnominierte Neuinterpretation der Leidensgeschichte, ein junger Schauspieler zerbricht mehr an der Gesellschaft als an der Rolle, auch wenn das Kreuz ihn schließlich begräbt. Die großen Wunder vollbringt er erst nach seinem Tod... Ein phänomenaler Lothaire Bluteau verkörperte 1989 den Darsteller des Jesus mit Intensität und Getriebenheit.

Eindringlich, wie auch seine späteren Rollen, egal ob in "Bent" oder "Black Robe" als Kaiser Karl in "Vikings" oder Terrorist in der Kultserie "24".

Maria Magdalena

Ja doch, Joaquin Phoenix ist einfach einer der richtig Guten. So auch als Jesus. 2018 wurde der bei Mr. Phoenix zu einem frühen Frauenversteher, ja - sanft, aber nicht weich.

Die Augen bohren sich durch jede Oberfläche, sie brennen und der Mann scheint jederzeit bereit, zu explodieren. Zurecht, wenn man sieht, mit wem er es zu tun hat, mit welchen Zuständen. Der perfekte Jesus für unsere Zeit. Der Messias, den wir brauchen... 

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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