Prada-Hundetasche für 3300 Euro: Der Haustiermarkt boomt
Vergangenes Jahr wurden weltweit 20 Milliarden Euro für Haustierzubehör ausgegeben. Das Geschäft will sich der Luxussektor nicht entgehen lassen. Doch die neueste Kreation sorgt für Aufregung
Kürbisorange, rostrot und melangebraun. Die neuesten Harris-Tweed-Stoffe, die Sylvia Leinwather trotz 30-Grad-Tage im Schaufenster positioniert, sind bereits herbstlich.
Doch die daraus gefertigten Bänder, händisch mit der Nähmaschine der Schwiegermutter geschneidert, sind keine Accessoires für Schottland-affine Wiener, sondern für ihre vierbeinigen Familienmitglieder. Die Wienerin betreibt mit ihrem Ehemann Günther Guttmann einen Shop für exquisite Hundeaccessoires.
Doch während "Paulis Hundeausstatter" bei der Eröffnung vor 16 Jahren noch ein Unikum in Wien war, sind Hundefachgeschäfte heute in jeder Einkaufsstraße zu finden. "Die Branche ist explodiert", sagt Sylvia Leinwather.
In der Jasomirgottstraße bietet das "Pintu" seit vergangenem Jahr nicht nur luxuriöse Hundeaccessoires, sondern auch Verwöhnprogramme an. Der Full-Spa-Service mit Ohren- und Pfotenpflege kommt auf 290 Euro. In der Leopoldstadt verkauft "Helli & Leo" Bioeis nicht nur für Zwei- sondern auch für Vierbeiner. Und das Hotel Sacher richtet für einen Tagesaufpreis von 42 Euro das Hotelzimmer hundefreundlich ein.
Denn: Der Haustier-Markt boomt. Allein in Wien gibt es mittlerweile 500 Tierbetreuer - vom Schönheitspfleger über den Masseur zum Ernährungsberater. Weltweit wurden 2023 knapp 20 Milliarden Euro für diesen Sektor ausgegeben. Wie es dazu kam? "Unser Pauli ist ein Familienmitglied", meint Sylvia Leinwather. Es soll ihm gut gehen, mit den richtigen Produkten, der richtigen Ernährung, regelmäßigen Arztbesuchen. Und das sehen wohl immer mehr so.
Dazu kommt die Vorbildwirkung der Stars. Vergangene Woche ließ Mariah Carey auf X wissen, dass es ihre Hunde Mutley, Cacha und Jill E. Beans auf das Cover von Dogue geschafft haben.
Dogue ist ein Hochglanzmagazin für Hundeliebhaber, das drei Hundemamas kurz vor der Pandemie als Hobbyprojekt in digitaler Form begonnen haben und von dem es mittlerweile 18 Print-Ausgaben gibt.
Accessoires um 20 Milliarden Euro
Es ist ein Geschäft, das sich die großen Luxusmarken nicht entgehen lassen möchten. Und so bietet MiuMiu ein pinkes Hundegeschirr um 450 Euro, Louboutin offeriert ein schwarz-rotes ledernes Tragetäschchen für den Hundekot um 530 Euro, Prada hat eine schwarze Hundetragtasche aus Saffiano-Leder und Nylon designt - zu haben um 3.300 Euro.
Doch zu Monatsbeginn hat ein Luxuslabel für Aufregung gesorgt: "Ich bin zart, authentisch, charismatisch", beginnt die Werbung von Dolce & Gabbana und zeigt dabei einen perfekt frisiert und getrimmten Bichon frisé, dann einen Chihuahua und dann Dackel auf einem Hocker. "Denn ich bin nicht nur ein Hund", fährt die Erzählstimme fort, "ich bin Fefé".
Féfe ist das erste Hundeparfum des Luxuslabels. Um 99 Euro können Hundebesitzer den exquisiten Flakon mit Hundepfoten in 24-karätigem Gold erstehen und ihren Hund in eine Wolke aus Ylang Ylang, Moschus und Sandelholz einnebeln.
Marketing-Schmäh
Tierschutzvereine sind schockiert. "Wir lehnen diesen absurden Marketing-Schmäh mit dem Zweck, Geschäfte ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Tiere zu machen, ganz klar ab", sagt Veronika Weissenböck von den Vier Pfoten. "Abgesehen von hautirritierenden Inhaltsstoffen können sie das empfindliche Riechvermögen von Hunden beeinträchtigen."
Und auch Sylvia Leinwather von Paulis Hundeausstatter findet das Parfum schrecklich: "Die Hundenase ist doch so empfindlich." Deshalb wäscht sie sogar das Brustgeschirr von Collie Pauli stets zuerst mit 60 Grad mit Waschmittel und danach noch zwei Mal ohne Waschmittel, um etwaige Waschmittel-Rückstände zu verlieren.
Tierwohl im Vordergrund
Natürlich sollen die Accessoires modisch sein, meint die Hundeshopbesitzerin, und es kommt bei ihren Kunden äußerst gut an, wenn Leine und Brustgeschirr im gleichen Harris Tweed angelegt werden können, aber das Wohl des Hundes stehe stets im Vordergrund - so war es überhaupt zum Shop gekommen.
"Bist du verrückt?" hätten Bekannte ganz am Anfang gemeint, als Sylvia Hundefutter um vier Euro angeboten hat. Doch dann ließen es die Bekannten ihre Hunde probieren und die hatten auf einmal keinen Durchfall mehr, das Fell schimmerte und die Energie nahm zu. Und Sylvia Leinwather wusste, dass sie auf ein Zukunftsthema gestoßen war.
Ein Thema, das weiter wachsen dürfte. Laut Global Market Insights sollen sich die weltweiten Ausgaben im Tierzubehör-Sektor bis 2032 auf 38 Milliarden nahezu verdoppeln.
Info
Rund 1,39 Millionen österreichische Haushalte haben ein Haustier. In diesen Haushalten leben ca. 1,5 Millionen Katzen und 629.000 Hunde. Im Schnitt gaben Österreicher in einer Umfrage 2020 75 Euro für Tierbedarf aus.
In Wien waren vergangenes Jahr 57.901 Hunde gemeldet. Die Zahl ist den vergangenen zehn Jahren marginal gestiegen; 2013 gab es 56.619 Hunde in der Bundeshauptstadt.
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