Bloßhappata bis Eisenbahnerschmäh: So spricht man Fußball auf Österreichisch

Am Fußballplatz reden die Leut' ein bissl anders als im Büro. Die Ansapanier aus besonders schönen österreichischen Kicker-Vokabeln – jedes Wort eine Wuchtl.

Alibikick

Wer ein Alibi hat, war nicht am Tatort, sondern anderswo. Blöd, wenn das bei einem Fußballspiel zutrifft, da sollte man doch eher am Platz stehen. Ist man eh da, deutet das Spielverhalten aber nicht darauf hin, spricht man vom Alibikick. Ein Alibi ist auch eine Ausrede, heißt: Eine Mannschaft scheint nur so zu tun, als würde sie versuchen, seriös Fußball zu spielen.

Bloßhappata 

Gemeint ist, ein solcher Fußballer sei fußballerisch rückständig bzw. schlecht – er würde wie barfüßig spielen. Abwertend wurden so auch Kicker aus Entwicklungsländern oder Bundesländern außerhalb Wiens bezeichnet. Oft angewandt in Bezug auf vermeintlich schwächere Gegner. Hier greift die österreichische Fußball-Weisheit: „Bloßfüßige gibt es nicht mehr“.

Eisenbahnerschmäh

Fußballtrick, auch als Drübersteiger bekannt, dessen Schutzheiliger Ronaldinho ist. Der Spieler steigt mit dem Fuß über den Ball und täuscht so an, den Gegner auf der einen Seite zu überspielen, entscheidet sich dann aber für die andere. Ist der Gegenspieler verwirrt, nimmt er Tempo auf und geht an ihm vorbei.

Fettn

Dem Boin a Fettn geben, das bedeutet: Um dem Ball bei einem Weitschuss Drall zu verleihen, also: Schnitt zu geben, läuft man schräg an und neigt den Fuß beim Schuss schräg. Der Ball rotiert um die eigene Achse, die Flugbahn wird eine Kurve. Kommt vom französischen Wort „effet“ – Effekt oder Wirkung.

Gschlapfta

Hier ist viiiel Gefühl im Pratzerl (= Fuß) gefragt. Könner fahren mit demselben tief unter den Ball, heben ihn mit dem Rist, ähnlich wie beim Schupferl, und stellen den Tormann so vor gröbere Probleme. Achtung: Ein gschlapfter Schuss kann aber auch einen missglückten Schuss bezeichnen – wie mit dem Schlapfen gespielt.

Ein Zangler vom Feinsten und sicher kein Bloßhappata: Herbert Prohaska

©imago sportfotodienst

Kreiz

Kurz- und Dialektform von Kreuzeck und damit Teil des Fußballtors. Gemeint ist das obere Eck, das sich aus Seitenstange und Querlatte formiert: das Idealziel des Stürmers. Von Florian Klein auf ServusTV kürzlich „Winkel“ genannt, was mancherorts für Ohrenbluten sorgte.

Loch

Gebräuchliche Bezeichnung im während des Spiels japsend ausgestoßenen Satz: „Spü eam ins Loch!“ Gemeint ist ein freier Raum, der sich zwischen Spielern der gegnerischen Abwehr auftut. Früher auch bekannt als Malá Ulice, tschechisch für „kleine Gasse“, heute als: Schnittstelle. Wer schnell ist, spielt einen Lochpass auf den in diesen Raum sprintenden Stürmer – Tor! 

Nudlpartie

Hat nix mit Spaghetti zu tun, ist einfach ein mieses Match. Wird auch Hundskick genannt. Wird ein Tor ziemlich hoppertatschig erzielt, spricht man von „einenudeln“. Eine sexuelle Konnotation ist wohl nicht auszuschließen. Wie einenudeln ist auch Nudlpartie nicht als Kompliment gemeint. 

Outwachler

Wenn wieder ein Ball ins Out (über die Seitenlinie) geht und nicht gepfiffen wird, muss der Outwachler möglicherweise darauf aufmerksam gemacht werden, dass man weiß, wo sein Auto steht: Er ist der Linienrichter, was heute Schiedsrichterassistent heißt, und wachelt mit der Fahne – oder eben nicht.

Packl

Ein Packl kriegen, im Sinne von „eine Packung bekommen“, heißt, eine hohe Niederlage zu erleiden. Die Packln hingegen sind die Fußballschuhe. Wer sich die ersten „zerreißt“, beginnt beim ersten Verein zu kicken. Wer sie an den Nagel hängt, beendet seine Karriere.

Schmähparade

Ein Schuss wäre für den Goalie eigentlich leicht zu fangen oder wegzufausten, er entscheidet sich aber dafür, ihn mit einem spektakulären Hechtsprung zu arretieren? Die Schmähparade ist ein Gustostückerl, mit dem der Tormann den Applaus der Zuschauer einzuheimsen versucht: vornehmlich von der „Galerie“, den obersten Sitzreihen im Stadion.

Kickerl in Rot-Weiß-Rot: nicht ohne Fettn und Tschekapuff

©Illustration Kurier

Ristler

Schluss mit lupfen und schupfen, hier ist Härte gefragt. Der scharfe Schuss mit dem Rist ist die Visitenkarte des Goleadors in spe: Weit ausholen, Schuhspitze nach unten, Ball mittig treffen und die Frucht geht schnürlgerade ohne Rotation ins Tor. Oder wie Hans Krankl sagt: „Und dann schwaß i eaman ei.“  

Tschekapuff

Kennt man auch als Eisenbahner, Knödelreiter oder Pferdekuss. Der Schmerz allerdings bleibt stets derselbe: Nämlich, wenn ein Spieler dem anderen das Knie in den Oberschenkel rammt. Vermutlich eine Wortmischung aus „check“ (Rempler) und „puffen“ (jemanden schlagen). 

Wuleh

Ein Fußball kann mitunter Frucht, Haut oder Wule genannt werden. Wule entstand, weil das deutsche „Beule“ zum tschechischen „boule“ wurde und dann eingewienert wurde. Wuleh wiederum heißt es, wenn man die Wule zum Schuss direkt aus der Luft übernimmt– man nimmt sie „volley“, ohne dass sie vorher aufspringt. 

Zangler

Feinmechanisch höchst versiert ist der Zangler mit dem Dribblanski durchaus verwandt. Mit allerlei Tricks und Finten versuchen diese Edeltechniker, ihre Duelle am Platz zu gewinnen. Der darob entstehende Eigensinn, der Mannschaft wenig dienlich, wird ihnen öfter angekreidet.

Literatur: Robert Sedlaczek: „Österreichisch fia Fuaßboifäns. Ein heiteres Lexikon. Mit Zeichnungen von Martin Czapka“, Amalthea Verlag. Manfred Michael Glauninger, Martin Hannes Graf: „Österreichischer und schweizerdeutscher Fußball-Jargon im Spiegel charakteristischer Wörter und Wendungen“.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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