"Fit mit Philipp"-Vorturner: „Alle haben über mich gelacht“
Philipp Jelinek, Vorturner der Nation, über Schicksalsschläge, den Perfektionszwang in den sozialen Medien, die Überwindung seiner Depressionen – und sein neues Buch.
Mit seiner täglichen Gymnastiksendung im ORF erreicht Philipp Jelinek teilweise mehr als 200.000 Zuschauer und Mit-Turner. Und erfreut sich besonders bei älteren Herrschaften enormer Beliebtheit. Jetzt hat der Wiener ein Buch verfasst, das genauso wie seine Sendung heißt: „Fit mit Philipp“, in dem er einfache Übungen präsentiert, die das Wohlbefinden verbessern.
Mir geht es super damit, weil ich merke, wie gut es den Menschen tut und welche Freude sie damit haben. Sie erzählen mir ihre Geschichten, sind oft zu Tränen gerührt, basteln mir aus Dankbarkeit Geschenke, malen für mich, schreiben mir. Was da entstanden ist, kannst du nicht planen. Das passiert. Magische Momente, in denen alles ineinandergreift. Dafür bin ich jeden Tag sehr dankbar.
Es funktioniert, weil so viele mitmachen, selbst Leute, die vorher Bewegungsmuffel waren. Ich gebe ihnen das Gefühl, ich turne bei ihnen zuhause. Und ich baue Elemente von früher ein: Wenn im Winter Skigymnastik dran ist, machen wir auch die berühmte Abfahrtshocke von Rosi Mittermaier. Wie einst jedes Mal am Ende ihrer Sportsendung „Tele-Ski“ in den Siebzigerjahren.
Ich war schon so, als ich als Lehrling mit der Schnellbahn in die Arbeit gefahren bin: immer gut drauf, während alle anderen griesgrämig aus der Wäsche schauten. Aber ich kann auch anders. Wenn mir was aufs Popscherl geht, sage ich das. Etwa, wenn jemand nicht zu seinem Wort steht. Da werde ich von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde. Ich warne die Leute dann vor: Bitte, tu das nicht. Denn wenn ich explodiere, haut’s mir den Vogel raus.
Ein sehr langer Weg. Da zweifelt man natürlich an sich selbst. Ich habe mich gefragt: Liegt’s an mir? Warum erkennen die anderen mein Talent nicht? Als ich gesagt habe, es kommt der Tag, an dem ich eine KURIER Romy gewinne, haben alle über mich gelacht. Zuvor meinten manche schon zu mir: Jetzt bist du 50, such dir was anderes, das wird nix mehr. Ich musste viele Umwege gehen, schlussendlich gibt der Erfolg mir Recht. Deshalb rate ich jedem: bleib dran.
Der Unfall gab mir die Chance auf Therapie und mich mit meinem Leben auseinanderzusetzen.
Schüchtern war ich nie. Alles begann damit, als ich eines Tages die ganze Kirche unterhalten habe. Später stand ich in der Diskothek „Miami“ am Rande Wiens hinter der Bar und unterhielt die Gäste, Mikro inklusive. Ich habe die Peter-Rapp-Schule absolviert, von der Disco bis zum Bierzelt. Mein Traum ist eine große Samstagabend-Show.
Alles begann mit Panikattacken. Dann hatte ich noch einen schweren Radunfall auf Lanzarote, bin mit 60 km/h auf dem Asphalt aufgeschlagen. Serienrippenbruch, Schlüsselbein und Schulterblatt waren gebrochen, zudem die Lunge lädiert. Danach war ich nicht mehr Alte. Ich bekam schwere Depressionen. Der Unfall hat mir die Chance gegeben, mich mit meinem Leben auseinanderzusetzen und eine Therapie zu beginnen.
Es ist harte Arbeit. Bei den 45 Minuten Therapie einmal pro Woche musste ich oft plärren wie ein Schlosshund. Ich habe Teile meiner Kindheit aufgearbeitet, mir wurden Dinge bewusst, die ich lange verdrängt hatte. Es war eine unpackbare Reise.
Die Lösung ist simpel, und deshalb schon wieder schwer. Es geht um die Frage: Wie hast du dich gefühlt, als du zum letzten Mal Sport getrieben hast – direkt danach? Genau, großartig. Dieses Gefühl gilt es, sich ins Bewusstsein zu holen – und schon hat der innere Schweinehund keine Chance mehr.
Perfektionismus ist ein Wahn. Denn kein Mensch ist perfekt. In den sozialen Medien versucht jeder sich als Superstar zu inszenieren. Ich probiere das erst gar nicht. Deswegen kommt meine Sendung so gut an. Wenn meine Haare nicht gut sitzen, dann ist das halt so. Wenn ich mir einen leichten Bauchansatz zugelegt habe, stehe ich dazu. Ecken und Kanten zu haben, das ist doch gerade das Schöne. Wer sich inszeniert, steht die ganze Zeit über unter Druck, diese Inszenierung aufrecht zu erhalten. Das muss schrecklich sein. Und irgendwann kommt die Wahrheit ja trotzdem ans Tageslicht.
Es gibt Jugendliche, die trauen sich aufgrund dieses Schönheitswahns nicht ins Freibad oder zum Hautarzt, weil sie sich unwohl fühlen mit ihrem Körper. Es existieren oft unrealistische Vorstellungen. Auch Schauspieler, die im Kino scharf wie eine Rasierklinge erscheinen, sind nach ihrer Rolle mit kleinem Baucherl zu sehen. Klar, so eine Fitness lässt sich auf Dauer schwer aufrechterhalten. Deshalb sage ich allen: Fühlt euch wohl in eurer Haut. Bewegung tut gut. Und ihr seid für euch selbst verantwortlich.
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