Filmkritik zu "Das wundersame Leben des Louis Wain": Wenn Katzen Tee trinken
Benedict Cumberbatch als Katzenmaler, der mit seinen Bildern die viktorianische Gesellschaft erobert
Von Gabriele Flossmann
Künstler und Katzenkönig. Bei dieser Kombination denken gelernte Österreicher gleich an einen Karikaturisten. An Manfred Deix, der viele Jahre seines Lebens Haus und Hof mit rund fünfzig dieser haarigen Prachtexemplare teilte und sich (von ihnen?) zu hinter- wie abgründigen Einblicken in die menschlichen Gemütszustände der Österreicher inspiriert fühlte. Spätestens durch diesen Film erfährt man, dass es schon ein Jahrhundert zuvor in England einen Künstler gab, der es zum „Katzenkönig“ brachte: Louis Wain.
Der exzentrische Maler musste nach dem Tod des Vaters für seine fünf Schwestern und seine Mutter sorgen. Während er versuchte, sich und seine Familie als freischaffender Künstler über Wasser zu halten, veränderten zwei Ereignisse sein Leben: die Begegnung mit Emily, der Liebe seines Lebens, und die Adoption von Peter, einem streunenden Kätzchen. Seine verspielten Bilder grinsender Kätzchen eroberten die viktorianische Gesellschaft. Seine Golf- und Tennis-spielenden Kater und die unter Blumenhüten Tee trinkenden Katzendamen wurden zum Spiegelbild der Epoche.
Der Film nimmt Wains Kunst als visuelles Stilmittel, geht aber noch weiter. Trübe und aus dem Fokus gleitende Kameraeinstellungen, mit denen Mutter und Schwestern gezeigt werden, wechseln mit grellbunten Katzenbildern. Damit soll der unsichere Geisteszustand des Künstlers vermittelt werden. Wain litt an Wahnvorstellungen: Er glaubte, dass Katzen mit Menschen kommunizieren und ihnen eine adäquate Lebensweise und -weisheit vermitteln könnten. Manieriert-exzentrisches Biopic mit hochkarätiger Besetzung.
INFO: GB 2021. 111 Min. Von Will Sharpe. Mit Benedict Cumberbatch, Claire Foy.
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