Inszeniert sich selbst als die peinlichste Person im Raum: Ben Affleck, Regisseur von „Air – Der große Wurf“ in einer Nebenrolle als Nike-Gründer Phil Knight
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Filmkritik zu "Air – Der große Wurf": Michael Jordan hasste Nike

Ben Affleck erzählt den Business-Deal zwischen Basketball-Star Michael Jordan und Nike als höchst unterhaltsame Thriller-Komödie – mit Matt Damon

"Just Do It" lautet der berühmte Slogan des Sportartikelherstellers Nike. Wussten Sie, dass er von den letzten Worten eines Doppelmörders inspiriert wurde?

"Let’s do it", soll Gary Gilmore gesagt haben, als er sich 1977 auf dem Weg zur Hinrichtung machte. Marketing-Guru Dan Wieden griff seine lakonische Ansage auf und verwandelte sie in den weltweiten Motivationsschrei "Just Do It".

Weit weniger makaber ist die Geschichte, wie Weltklasse-Basketballspieler Michael Jordan zum Nike-Schuh "Air Jordan" kam. Oder besser: Wie er sich dazu überreden ließ, Werbung für Nike zu machen. Denn im Jahr 1984 galt Nike als absolut uncoole Marke: Sie lag weit hinter Converse und Adidas zurück und war bestenfalls als Jogging-Ausstatter für Weiße bekannt.

Michael Jordan hasste Nike und liebte Adidas.

Wie es doch zum legendären Business-Deal zwischen Nike und Jordan kam, erzählt Schauspieler-Regisseur Ben Affleck als mitreißende, unglaublich unterhaltsame Thriller-Comedy in superber All-(Male)-Star-Besetzung.

Afflecks BFF Matt Damon, mit dem er bereits für „Good Will Hunting“ einen Oscar lukrierte (den zweiten bekam Affleck für die Regie von „Argo“), spielt die Hauptrolle: Als Basketball-Experte Sonny Vaccaro wurde er angeheuert, um dem lahmen Verkauf von Nike-Schuhen im Basketball-Segment auf die Sprünge zu helfen.

Matt Damon als Sonny Vaccaro ist so charismatisch uncharismatisch wie immer: Ein unauffälliger, etwas plumper Typ in beiger Bundfalte – und nicht gerade sportlich: "Joggst du?", will sein Chef wissen. Sonny lässt den Blick über seine Wampe gleiten: "Ich jogge nicht."

Matt Damon als Baskettball-Experte von Nike: "Air – Der große Wurf"

©Warner

Die größte Freude aber scheint Ben Affleck daran zu finden, sich selbst als die peinlichste Person im Raum zu inszenieren: In einer Nebenrolle als Nike-Firmenchef Phil Knight trägt er eine lächerliche Minipli-Frisur, schwingt seine nackten Fußsohlen auf den Schreibtisch und macht Atemübungen.

Sein Vertrauen in Sonny wird auf eine harte Probe gestellt, als dieser das gesamte Marketing-Budget Michael Jordan zu Füßen legen will.

Born in the USA

Affleck erzählt die Erfolgsgeschichte des Nike-Konzerns als eine optimistische Heldenlegende der (vorgeblich) fröhlich boomenden 80er-Jahre. Kritik an der Reagan-Ära kommt so gut wie keine auf – es sei denn, man liest die Lyrics von Bruce Springsteens Hit-Song „Born in the U.S.A.“ sehr genau.

Für Eighties-Nostalgiker aber bereitet allein die Ausstattung ein analoges Freudenfest.

Von der Videokassette über das Autotelefon bis hin zum Zauberwürfel Rubik’s Cube ist alles dabei.

Matt Damon und Viola Davis als Deloris Jordan, Mutter von Michael Jordan

©Warner

Bereits im Vorfeld des Films konsultierte Affleck den sechsfachen NBA-Champion Michael Jordan, der sich für die Rolle seiner Mutter die umwerfende Viola Davis wünschte. Die erste Begegnung zwischen Deloris Jordan und Sonny wird denn auch zum emotionalen Herzstück des Films.

Jordan selbst ist übrigens nur von hinten zu sehen – und auch vom Basketball bekommt man so gut wie nichts mit. Stattdessen treibt Ben Affleck sein sprechfreudiges Screwball-Ensemble zügig vor sich her und lässt es zu urkomischen Dialoghöhepunkten auflaufen. Allein die wüsten Schimpftiraden, die Jordans Manager wie einen Word-Rap ins Telefon brüllt, bieten beste Unterhaltung – egal, ob man Sportfan ist oder nicht.

INFO: USA 2023. 112 Min. Von und mit Ben Affleck. Mit Matt Damon, Jason Bateman, Viola Davis.

Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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