Filmkritik "Haute Couture": Mit Nadel und Faden aus der Vorstadt zu Dior
Banlieu-Mädchen wird in "Haute Couture – Die Schönheit der Geste" zur Luxusschneiderin.
Wenn in der Früh der Wecker läutet, schiebt sich Esther als Erstes ein Stück Schokolade in den Mund. Keine gute Idee, wie sich später herausstellt: Sie leidet an Diabetes.
Esther ist die Leiterin des Schneiderateliers im Modehaus Dior im noblen 8. Pariser Stadtbezirk und steht kurz vor der Pension. Ihre Arbeit als Näherin, bei der sie feinste Seidenstoffe zu kunstvollen Traumkleidern verarbeitet – es handelt sich dabei übrigens tatsächlich um echte Dior-Modelle –, ist ihre große Leidenschaft in einem ansonsten einsamen Leben.
Eines Tages wird ihr von einer jungen, arbeits- und ziellosen Frau aus der Vorstadt namens Jade in der U-Bahn die Handtasche gestohlen – und danach mit einer Entschuldigung zurückgebracht. Ab dann wird es märchenhaft: Die depressive Esther – mit großer Eleganz gespielt von Nathalie Baye – engagiert Jade, deren kleine „Feenhände“ sich optimal zum Nähen eignen, als Lehrling. Diese reagiert zuerst zurückhaltend, beginnt sich aber zunehmend für ihren neuen Job zu interessieren. Regisseurin Sylvie Ohayon feiert das Handwerk der (weiblichen) Nähkunst, während sie gleichzeitig pädagogisch wertvoll ein strenges Arbeitsethos als soziale Aufstiegsmöglichkeit propagiert. Kein Problem, das sich am Ende nicht lösen ließe – egal ob rassistische Vorurteile, Klassendünkel oder gestörte Mutter-Tochter-Beziehungen.
Die Handlung ist ebenso durchsichtig wie die Seide Diors, legt sich aber liebevoll über eine temperamentvolle Frauenwelt.
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