Interview

Ewan McGregor: „Ich wollte nicht nur für ,Star Wars’ bekannt sein“

Ewan McGregor hat mit „Star Wars“ lange gehadert. Jetzt feiert er in „Obi-Wan Kenobi“ sein Comeback als Jedi-Ritter. Im Interview erklärt er, warum.

Als Ewan McGregor 1999 im lang erwarteten Prequel „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“ die Rolle des Jedi-Meisters Obi-Wan Kenobi übernahm, trat er ein schweres Erbe an: Die englische Schauspiel-Legende Alec Guinness hatte die Rolle in der Original-Trilogie maßgeblich geprägt. Dass die neuen Filme nicht besonders gut ankamen, wurmte McGregor lange Zeit. Dennoch tritt er 20 Jahre später in der Serie „Obi-Wan Kenobi“ (ab 27.5. bei Disney+) erneut als umsichtiger, idealistischer Sternenkrieger an.

Ewan, in der Netflix-Hitserie „Halston“ haben Sie zuletzt die schillernde Modeikone gleichen Namens gespielt. Wie schwer war es, sich umzustellen – vom Designer zum Jedi-Meister, von den tollsten Outfits zum Tragen einer schnöden Kutte?

Haha, das ist mein Job! In meiner Branche wechselt man fliegend von einer Figur zur nächsten. Anstrengend ist das nicht. Man ist für eine gewisse Zeitspanne auf den Charakter einer Rolle eingestellt, konzentriert sich mit voller Kraft darauf – und dann zieht man weiter und macht es beim nächsten Film genauso.

Düstere Zukunftsaussichten: McGregor als Obi-Wan Kenobi

©Matt Kennedy / Lucasfilm Ltd.
Zum ersten Mal sind Sie Teil der „Star Wars“-Saga, ohne dass Mastermind George Lucas Regie führt. Wie ging es Ihnen damit?

Der Regisseur nimmt selbstverständlich großen Einfluss. Aber was der größte Unterschied ist zu den „Star Wars“-Filmen, in die ich ab den Neunzigerjahren involviert war, ist die Technologie. Ich bin jetzt mehr als 20 Jahre älter, und alles hat sich verändert. Man kann das nicht vergleichen.

Worin liegt der größte Unterschied?

Wir konnten diesmal mit einem Setting und Requisiten arbeiten, die uns bei den Aufnahmen eingeblendet wurden. Das ändert alles. Es erleichtert einem die Arbeit als Schauspieler enorm, stellt einem eine reale Umgebung zur Verfügung, die man sehen und fühlen kann und ist viel besser, als alleine vor einem Blue- oder Greenscreen zu agieren. Bei den früheren Filmen standen wir die meiste Zeit der Dreharbeiten vor einem von beiden. Und das ist einfach eine merkwürdige Angelegenheit.

Die drei „Star Wars“-Filme, die Sie gemacht haben, haben damals großteils negative Reaktionen anderer ausgelöst. Sie meinten einmal, Sie sind damit nur schwer zurechtgekommen. Wie schwierig fiel es Ihnen, sich jetzt auf die Serie einzulassen?

Damals fühlte ich einfach so. Als ich in den Neunzigern den Casting-Prozess für die Rolle des Obi-Wan durchlief, war ich noch so neu in diesem Geschäft. Ich hatte bis dahin viel mit Danny Boyle (u. a. den Kultfilm „Trainspotting“, Anm.) gedreht und das Gefühl, dass mich diese Art von Filmen definiert. Ich wollte sein Schauspieler sein und sah mich als Teil seiner Art, Filme zu machen, als Teil einer neuen Welle des britischen Kinos. Weil ich das Glück hatte, mit Danny gearbeitet zu haben, war ich da mittendrin statt nur dabei. Ich hatte das Gefühl, „Star Wars“, das wäre nicht so recht meine Sparte. Ich wollte lieber Teil dieser neuen, aufregenden Bewegung sein.

Sie fühlten sich falsch aufgehoben zwischen all den Lichtschwertern, Raumschiffen und Robotern.

Die Wahrheit ist, je näher ich der Sache kam, desto mehr wollte ich sie machen. Einfach weil ich als Kind „Star Wars“ geliebt habe. Ich kannte die Filme auswendig, mein Bruder und ich kannten jede Zeile. Und mein Onkel (Denis Lawson, Anm.) spielte in allen drei Teilen der Original-Trilogie mit, er spielte eine Figur namens Wedge Antilles. Vor allem aber kam es mir damals auf eines an.

Und das wäre?

Ich wollte einfach nicht, dass mich diese Filme auf ewig definieren. Meine Karriere bestand aus mehr als „Star Wars“. Ich dachte mir, okay, das sind drei Filme unter vielen anderen, die ich gedreht habe; ich wollte nicht nur für „Star Wars“ bekannt sein. Mir war wichtig, weiter die Freiheit zu haben, jede Rolle zu spielen, die ich wollte. Also bin ich losgezogen und habe mein eigenes Ding gemacht, bin auch in völlig anders gearteten Filme aufgetreten. Aber natürlich war die Rolle Zeit meines Lebens immer wieder Thema. Wenn ich bei Filmpremieren für Autogrammjäger Bilder signieren soll, sind es immer Bilder von mir in „Star Wars“.

Doch die Kritik an den Filmen damals hat Sie getroffen.

Es war schwierig, weil ich ohnehin das Gefühl hatte, aus der Spur geraten zu sein. Man ist aufgeregt, weil man wissen will, wie das Ergebnis der eigenen Arbeit aufgenommen wird, man realisiert, welch großen Stellenwert das ganze Projekt hat. Dass das Publikum irgendwie unzufrieden damit war, war hart für mich. Aber ich begegne auch Leuten, die diese Filme wirklich lieben. Sie bedeuten ihnen gleichermaßen viel wie mir damals die Original-Trilogie. Das ist wirklich cool. Zugleich bin ich ein bisschen älter und weiser geworden und finde Gefallen an dieser riesigen Fan-Gemeinde, die die Saga auf der ganzen Welt hat.

Wie ist es, 20 Jahre später dieselbe Rolle noch einmal zu spielen?

Ich fand es interessant und habe es wirklich genossen. Ich habe das auch so empfunden, als ich die Fortsetzung von „Trainspotting“ gedreht habe. Ich konnte mich sofort wieder in die Denkweise der Figur hineinversetzen. Und es war schön, wieder Zeit mit Hayden Christensen (als Anakin Skywalker, Anm.) zu verbringen. Ich habe ihn immer sehr gemocht. Es war wie die Wiedervereinigung zweier Brüder.

Sie haben keine Sekunde gezögert?

In jedem Interview der vergangenen 20 Jahre wurde ich gefragt, ob ich die Rolle wieder übernehmen würde, und ich war immer ehrlich und antwortete mit: ja, gerne. Es muss schon so ausgesehen haben, als würde ich mich bei Disney für einen Job bewerben! All das führte zu einem Meeting, in dem die Macher wissen wollten, ob es tatsächlich stimme, was ich da erzähle. Und ich fand, es gäbe wirklich noch eine interessante Geschichte zu erzählen, um zu zeigen, wie es mit Obi-Wan Kenobi weitergeht. In unserer Fortsetzung ist er untergetaucht, hat seinen Glauben verloren und versteckt sich. Ich fand es spannend, ihn zu Beginn des Films in diesem Zustand zu zeigen. Ich rede übrigens von einem Film, weil es ursprünglich einer werden sollte. Dann entschied man sich aber, eine Serie zu drehen.

Das Original: Alec Guinness (Mi.) als Obi-Wan, neben dem humanoiden Roboter C-3PO und Mark Hamill als Luke Skywalker 

©Getty Images
Wie sehr haben Sie bei Ihrer Darstellung stets Alec Guinness im Hinterkopf, den originalen Obi-Wan Kenobi?

Es war stets mein größter Antrieb, in dieser Rolle wie Alec Guinness zu sein. Ich habe ihn immer im Hinterkopf, wenn ich Obi-Wan spiele – nie als Imitation, es muss tiefer gehen: mein Obi-Wan und seiner, verschmolzen in einer Darstellung.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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