Autor Niki Glattauer: "Schule kam mir immer wie Gefängnis vor"
Er war Schuldirektor, ist Bestsellerautor – und Kritiker des Bildungswesens. Hier spricht er über Schillers Glocke, ob Noten noch Sinn machen und seinen berühmten Bruder.
Als Pädagoge und Buchautor ist Niki Glattauer für seine klaren Worte bekannt. Am 30. 9. steht er beim freizeit.live-Event (alle Infos dazu hier) für Fragen des Publikums zur Verfügung.
Jeder war schön, zur jeweiligen Zeit. Ich war gern Journalist, dann gerne nicht mehr. Lehrer zu sein gefiel mir, aber die Berufsbedingungen wurden zusehends schlechter. Autor zu sein war stets Nebenbeschäftigung.
Schuldirektor, diesen Job will heute keiner mehr machen. Die Richtlinien des Berufsbildes sind falsch und schlecht. Wenn man die Chance erhält, nach Jahren als Lehrer Direktor zu werden, möchte man pädagogisch, nicht verwaltungstechnisch tätig sein. Man möchte auf sozialer Ebene etwas bewirken. Doch das wird einem unmöglich gemacht. Stattdessen ist man mit Verordnungen beschäftigt. Das frustriert.
Wie in anderen Ländern auch: die Verwaltung zentral im Ministerium verankern und die Schulen autonom agieren lassen.
Das kann nur ein „Nicht genügend“ sein. Obwohl ich nicht gerne Fünfer vergebe. Es bräuchte einen Paradigmenwechsel. Schule muss heute anders betrachtet werden. In Zeiten von Chat GPT reicht es nicht, über die Schüler das Füllhorn des Wissens zu entleeren. Schule sollte stattdessen ein Ort der Sozialisierung und Kommunikation sein, der Heranbildung von Empathie und des Auslotens von Talenten und Neigungen.
Die Schule im Sommer monatelang zuzusperren geht an der Lebensrealität der Eltern vorbei. Ebenso der Schulbeginn um 8 Uhr, das sollte auch später möglich sein. Und man sollte Kindern mehr auf Augenhöhe begegnen. Was nicht heißt, dass Lehrer an Autorität einbüßen sollen.
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Langfristig gesehen halte ich Noten für Unsinn. Aber diese Meinung ist leider nicht mehrheitsfähig. Später im Beruf gibt es auch keine. Man wird hart bewertet, steht unter Konkurrenzdruck – das ja. Aber Gut oder Genügend bekommt man nicht.
Es hat Wert und ist Teil unserer Kultur: Ich begrüße klassische Literatur im Lehrstoff. Wenn eine Lehrerin Schiller-Expertin ist und Schüler darauf ansprechen, warum nicht. Andere werden sich Thomas Bernhard widmen oder Wolf Haas. Oder Daniel Glattauer. „Gut gegen Nordwind“ steht ja in vielen Gymnasien bereits auf der Literaturliste.
Ehrlich gesagt, nein. Ich habe eine katholische Privatschule besucht, eine Bubenschule. Schule, das kam mir immer wie Gefängnis vor. Angesichts der streng durchgetakteten Stundenstruktur fühlte ich mich eingeengt.
Nein, wir sind sehr gut befreundet. Ich lese natürlich alles, was er schreibt. Wir blicken mit wohlwollendem Blick aufeinander und ich freue mich sehr über seine großen Erfolge. Und glaube zu wissen, dass er sich auch über meine, bescheideneren, freut.
Einen Roman über einen Buben am Ende seiner Schulzeit und wie Tauben ihn auf den richtigen Weg führen. Arbeitstitel: „Tausend und eine Taube“. Ein Buch über die Ängste und Nöte von Jugendlichen, die immer noch sträflich unterschätzt werden, im Kontext mit dem meistunterschätzten Tier unserer Zeit. Das finde ich spannend.
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