Kritik

So ist der neue "Asterix": Der alte Charme ist zurückgekehrt

In Band 39 gibt es keinen Zaubertrank, sondern Borschtsch.

Die Geheimnistuerei ist ähnlich wie seinerzeit bei Harry Potter. Fünf Millionen Exemplare in 17 Sprachen wurden im Verborgenen gedruckt, in Lagerhäusern bewacht, in undurchsichtigen Folien versiegelt.

Dabei bestand unter Fans keine Aufregung darüber, ob Asterix und Obelix in ihrem letzten Kampf gegen die Römer tödlich verletzt werden.

Na gut, Druide Miraculix hat Schnupfen und Obelix’ Bauch macht arge Geräusche wegen des vergorenen Stutenmilchkäses, den er essen muss. Aber das ist doch kein Grund ...

©Asterix®-Obelix®-Idefix® / © 2021 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo/ Egmont Ehapa Media

Kein Protest

Es ist bloß das 39. Album seit 1961, das man ab heute, Donnerstag, kaufen kann.

Das fünfte von Didier Conrad (Zeichnungen) und Jean-Yves Ferri (Text).

Das erste, das Albert Uderzo nicht absegnen konnte: Er starb 2020.

Uderzo hätte nichts gegen „Asterix und der Greif“ einzuwenden gehabt. Gegen die Zeichnungen sowieso nicht, Conrad ist perfekt, im Schnee und im Eis – es gibt viel Schnee und Eis – ist er höchst munter, bei der Darstellung schöner Frauen überzeugt er ebenso wie bei idiotischen Männern (in der KURIER-Freizeit lesen Sie am Samstag das Interview mit Didier Conrad).

Und die Geschichte? Bei Band 38 „Die Tochter des Vercingetorix“ hätte René Goscinny, der zweite „Vater“ der Serie, bestimmt protestiert. Dass mit seinem Tod 1977 die Satire aus Asterix fast verschwunden ist, damit hat man sich fast abgefunden. Aber lustig war’s ja auch nicht.

Jetzt, östlich von Rom, wo alles „Barbaricum“ heißt, kehrt das Lachen zurück. Die Freude über den wiedergefundenen Charme und über die gelungenen Wortwitze.

Der beste Comic vom Team Conrad/Ferri.

©Asterix®-Obelix®-Idefix® / © 2021 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo/Egmont Ehapa Media

Amazonen

Ein Western ist das. Ein Eastern. Das Volk der Sarmaten bittet die Gallier um Hilfe – die Römer wollen ihnen den Greif – halb Vogel, halb Löwe – wegnehmen.

Einer, der den Weg weiß, sieht zerzaust aus wie der französische Schriftsteller Michel Houellebecq. Der muss sich auskennen, hat er doch immerhin einen Roman mit dem Titel „Karte und Gebiet“ geschrieben.

Bei den Sarmaten sind die Frauen die Kämpferinnen, die Männer dürfen Geschirr abwaschen. Idefix jagt mit den Wölfen. Es gibt diesmal keinen Zaubertrank, braucht eh niemand, aber Borschtsch. Eine Amazone und Obelix sind ineinander verliebt. Dass Obelix trotzdem lieber mit Idefix zusammen bleibt, ist das einzig wirklich Schreckliche.

©Egmont Ehapa Media
Peter Pisa

Über Peter Pisa

Ab 1978 im KURIER, ab 1980 angestellt, seit November 2022 Urlaub bzw. danach Pension. Nach 25 Jahren KURIER-Gerichtsberichterstattung (Udo Proksch, Unterweger, Briefbomben) im Jahr 2006 ins Kultur-Ressort übersiedelt, um sich mit Schönerem zu beschäftigen. Zunächst nicht darauf gefasst gewesen, dass jedes Jahr an die 30.000 Romane erscheinen; und dass manche Autoren meinen, ihr Buch müsse unbedingt mehr als 1000 Seiten haben. Trotzdem der wunderbarste Beruf der Welt. Man wurde zwar immer kurzsichtiger, aber man gewann an Weitsicht. Waren die Augen geschwollen, dann Musik in wilder Mischung: Al Bowlly, Gustav Mahler, Schostakowitsch und immer Johnny Cash und Leonard Cohen.

Kommentare