Rochade im Goldenen Quartier: Welche Luxusmarken aus- und umziehen

Louis Vuitton eröffnet am Freitag am Graben neu. In seinen einstigen Flagship-Store auf der Tuchlauben zieht Dior.

Es war ein leicht verstörendes Bild, als im Dezember, mitten in Energiekrise und Teuerung, Menschen Schlange vor dem Flagshipstore der französischen Luxusmarke Louis Vuitton auf der Tuchlauben 3 standen, um dort einkaufen zu können. Überraschend war es nicht – dass Luxus boomt, hat schon die Corona-Pandemie gezeigt.

Bald wird diese Schlange jedenfalls woanders zu finden sein: Nach zehn Jahren verlässt Louis Vuitton sein Geschäft auf der Tuchlauben 3 und zieht 35 Meter weiter, an die Adresse Graben 20. Es ist jene Geschäftsfläche, auf der sich bis vor zwei Jahren noch der Meinl am Graben ausgebreitet hat. Am Freitag startet das Soft-Opening.

 

Ein ungelegener Abgang aus dem Goldenen Quartier

2012 war Louis Vuitton eine der ersten großen Luxus-Designer-Marken, die ins Goldene Quartier – das von Immobilien-Magnat René Benko und seiner Signa-Gruppe neue erschaffene Luxus-Einkaufsquartier im 1. Bezirk – zog (siehe Info-Box). Umso brisanter war es, als vor zwei Jahren bekannt wurde, dass sich die Marke nach zehn Jahren aus dem Goldenen Quartier zurückzieht.

Das Goldene Quartier hatte sich noch nicht gesettelt, der Abgang von Louis Vuitton kam ungelegen.

Jetzt steht zumindest fest, dass das 1.200 Quadratmeter große, sich über drei Etagen erstreckende Geschäftslokal an der doch recht prominenten Adresse Tuchlauben 3 nicht leer stehen wird. Dior, ebenfalls Luxus aus Frankreich und Teil des LVMH-Konzerns (steht für Louis Vuitton, Moët, Hennessy, Anm.), wird seinen bisherigen Flagship-Store vom Kohlmarkt auf die Tuchlauben übersiedeln. Das haben dem KURIER mehrere Quellen bestätigt. Offiziell will die für Dior in Österreich zuständige PR-Agentur dazu nichts sagen. Auch die Signa hält sich auf KURIER-Anfrage bedeckt.

Vorbild Paris

Dem Vernehmen nach will Dior an der neuen Adresse eine Maison Dior nach Pariser Vorbild umsetzen. Seit vergangenem Jahr lässt sich in der französischen Hauptstadt beobachten, wie sich der stationäre Luxushandel zukunftsfit macht. Auf der noblen Einkaufsmeile Avenue Montaigne hat Dior nach mehreren Jahren Umbau einen Store der Superlative eröffnet.

Auf rund 10.000 Quadratmetern lässt sich nicht nur ausgiebigst shoppen, sondern danach auch gleich in einem Restaurant von Starkoch Jean Imbert oder im Café (inklusive Logo-Törtchen) dem leiblichen Wohl frönen. Höhepunkt des Luxus-Erlebnisses: Im obersten Stockwerk lässt sich eine Nacht im Dior-Appartement buchen, wo man von bis zu acht Mitarbeitern umsorgt wird. Um den Preis für dieses etwas andere Hotelzimmer macht man ein Geheimnis.

In Wien würde Dior mit dem Umzug seine Verkaufsfläche von bisher 400 Quadratmetern am Kohlmarkt auf 1.200 Quadratmeter auf der Tuchlauben erhöhen. Der Umbau wird dem Vernehmen nach fast ein Jahr lang dauern. Die Eröffnung dürfte für Anfang 2024 geplant sein – und könnte auch für Österreich das erste Dior-Café bedeuten.

Zu Ende ist die Rochade an Wiens wichtigsten Verkaufsflächen damit aber nicht: In den dann ehemaligen Dior-Flagshipstore am Kohlmarkt 6A soll der aktuelle Fendi-Shop (derzeit Kohlmarkt 5) übersiedeln. Auch Fendi, ursprünglich italienisch, gehört zum LVMH-Konzern.

Und auch für den Graben 17, derzeit ein Leerstand, früher eine Salamander-Filiale – gibt es einen neuen Mieter: Saint Laurent wird seinen aktuellen Store von der Bognergasse im Goldenen Quartier (gleich gegenüber des Schwarzen Kameels) dorthin verlegen (siehe Grafik). Das Geschäftslokal soll mit einer anderen, zu Saint Laurents Mutterkonzern Kering gehörenden Marke nachbesetzt werden, heißt es. Dazu zählen etwa Alexander McQueen und Stella McCartney.

So viel Übersiedelungen innerhalb nur weniger Meter? Für Anthony Crow, Experte für Geschäftsflächen bei „Otto Immobilien“, kommt das nicht überraschend. „Das Luxus-Segment ist stark am Expandieren.“

Schon die Corona-Pandemie hat die höherpreisigen Marken weniger getroffen als die konsumlastigeren. Die Nachfrage nach guten Geschäftslokalen, insbesondere am Graben und am Kohlmarkt, sei „sehr hoch“, weswegen auch vakante Geschäftsflächen rasch wieder vermietet würden. Und tatsächlich gibt es laut Crow unter den vielen sehr guten Retail-Adressen in der Innenstadt welche, die noch besser sind als die anderen.

©Grafik

Neues Einkaufsfeeling

Der Graben 20 etwa, also dort, wo Louis Vuitton ab Freitag zu finden sein wird, „ist ein absolutes Landmark-Gebäude“, sagt Crow. Auf kein anderes Haus fällt der Blick so schnell – egal, wo man am Graben steht. Der Graben, der genießt nach wie vor einen sehr guten Ruf – das ist sogar auf dem Kohlmarkt zu spüren. Selbst für Luxus-Marken kann es sich also auszahlen, ihr Geschäft auch nur wenige Meter zu übersiedeln. Sie sind dann noch präsenter.

Fakten

Goldenes Quartier
2012 eröffnete René Benko mit der Signa-Gruppe das Luxus-Geschäftsviertel im 1. Bezirk. Es umfasst den denkmalgeschützten Tuchlaubenhof, die Tuchlauben, die Bognergasse und die Seitzergasse. 

550Euro 
Die Mieten für Geschäftsimmobilien an Wiens ersten Adressen sind hoch. 550 Euro pro Quadratmeter zahlt man für ein kleineres Geschäft. Die Mietverträge werden üblicherweise auf fünf Jahre abgeschlossen – mit Option auf Verlängerung auf weitere fünf. 

Für Louis Vuitton geht es beim Umzug nicht um Quadratmeter, sondern um Optik: Statt ständig neue Städte zu erschließen, will das Unternehmen jene, in denen es bereits präsent ist, einem optischen Update unterziehen. Die neue Location soll das Gefühl eines luxuriösen Wohnzimmers vermitteln – das kann die alte nicht.

Ist der Auszug ein Abgesang auf das Goldene Quartier? Nein. „Das Goldene Quartier ist im Kommen“, sagt Experte Crow. Die Seitzergasse, die in der Vergangenheit „stark geschwächelt hat“, habe etwa durch die Eröffnung der Bar Campari wieder Aufschwung erhalten.

Julia Schrenk

Über Julia Schrenk

Waldviertlerin in Wien. Seit April 2011 in der KURIER Chronik. Immer interessiert an spannenden Geschichten aus und über Wien.

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