
Cowboycore: TV-Western machen Mode
Kevin Costner? Geschenkt. Aber wieso Modeikonen, Rapper und Großstädter den Wilden Westen wieder aufleben? Schuld daran: Fernsehmacher, der auf Pferden besser sitzt als auf Bürosesseln.
John Wayne würde sich wundern. Kevin Costner sowieso. Denn dass ausgerechnet er – Oscarpreisträger, Gitarrenspieler, Weltverbesserer mit melancholischem Blick – noch mal einen Modetrend auslösen würde, hätte nicht mal seine PR-Agentur zu hoffen gewagt.
Aber seit „Yellowstone“ und seinen gefühlt 34 Ablegern („1883“, „1923“, „Lawmen: Bass Reeves“, „6666“, „The Madison“ – die Titel wirken wie ein numerologisches Cowboy-Quiz) reitet eine ganze Generation wieder in Richtung Western-Style. Nur eben ohne Pferd. Dafür mit Fransenjacke, Stetson, Gürtelschnalle und boots made for walkin’.
Ein Mann hat das alles eingefädelt: Taylor Sheridan. Ex-Rodeo-Reiter, Nebendarsteller in „Sons of Anarchy“, heute Multiserien-Mogul mit Vorliebe für authentische Outfits, echte Ranches und eine Garderobe zwischen Ranchhands und Red-Carpet-Ready. Sheridan "Yellowstone" erfunden - und lebt, was er schreibt. Das kommt an.

Im Anzug sieht man Yellowstone-Erfinder Taylor Sheridan nur in Ausnahmefällen. Etwa bei einem Presse-Termin mit seinen Serien-Stars Kevin Costner und Kelly Reilly. Für ihn ist nicht die Cowboy-Mode eine Verkleidung, sondern der Smoking.
©REUTERS/Mario AnzuoniEr wohnt tatsächlich auf einer Ranch, besitzt um die 600 Pferde und trägt privat nur Jeans und Cowboyboots. In Interviews hat er sich mehrfach darüber beschwert, dass Leute auf der Straße ihm Komplimente für seine „Western-Kostüme“ machen. Zitat: „Das ist kein Kostüm. Das ist mein Leben.“
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Dass er mit 70 Jahren zur Stil-Ikone und zum Trendsetter wird – damit hätte der ewige Cowboy Kevin Costner wohl selbst nicht gerechnet
©Paramount+Was vor ein paar Jahren noch nach Country-Club in Texas roch, ist jetzt auf den Laufstegen von Paris, Mailand und New York angekommen. Ralph Lauren liefert mit seiner aktuellen Kollektion eine Hommage an die Poesie des Prärie-Stils – inklusive aufwendig gearbeiteter Ledergürtel, Westen wie aus dem Saloon und Jacken mit Fransen, dass man beim Anziehen schon „Yeehaw“ rufen will.
Prominente Gäste wie Kacey Musgraves und Julia Schlaepfer zeigten sich in Outfits, die den Cowboy-Look mit urbanem Chic verbinden. Und der alte Pferdeversteher Lauren ist keineswegs allein.

Schmal geschnittenes Hemd aus japanischem Indigo-Denim mit maßgefertigten Druckknöpfen (RRL, die Western-Linie von Ralph Lauren, 270 €)
©HerstellerAuch Isabel Marant schickte Cowgirls mit Hüten und Denim über den Runway, Balmain mixt Western-Elemente mit Goldkettchen und Glitzer-Details, und sogar Gucci spielt mit Ranch-Romantik, wenn auch im italienischen Dandy-Gewand. Die Grenzen verschwimmen.
Wer’s tragen kann, trägt’s – und wer’s nicht tragen kann, kauft wenigstens den passenden Hut.
Und dann wäre da noch die Bolo-Tie. Ein dünnes Lederband, das statt einer klassischen Krawatte unter dem Hemdkragen getragen wird – zusammengehalten von einem kunstvoll verzierten Schieber aus Silber mit Türkis-Einsätzen und Westernmotiven wie Longhorns, Pfeilen oder Adlerköpfen.
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„Bolo-Tie“ des Navajo-Kunsthandwerkers Tommy Jackson. Türkis und Lapislazuli (ca. 370 €).
©HerstellerLange das modische Äquivalent zum peinlichen Onkel auf der Hochzeit sind die Dinger plötzlich wieder da. Erst ironisch getragen von Harry Styles, mittlerweile aber auch ernsthaft von modebewussten Social-Media-Boys. In Kalifornien gilt schon: Wer keine „Bolo“ trägt, hat den Trend verschlafen.

Bootcut Jeans von Wrangler, ideal für Reiter dank flacher Innennaht (Typ „13MWZ“, 68,95 €).
©HerstllerReiten in den Sonnenuntergang
Dann sind da natürlich die Brands, die das alles schon konnten, bevor es cool war: Wrangler zum Beispiel. Die Jeansmarke, die Reiterherzen höherschlagen lässt – weil sie als einzige Jeans mit flachen Innen- und doppelten Außennähten für weniger Scheuerfläche an den Innenschenkeln sorgt (true story!).
Oder Lucchese, die texanische Luxusmarke für Cowboyboots, bei der sich mittlerweile nicht nur Country-Stars, sondern auch Fashionistas die fein bestickten Schaftleder sichern.
Nocona, Tony Lama, Stetson – alles Namen, die früher nach staubiger Landstraße klangen, jetzt aber direkt ins Schaufenster der Modeboutique marschieren.

Original und doch dezent: Cowboyhut „Open Road Fur Felt“ von Stetson (ca. 290 €).
©HerstellerDer Style nennt sich inzwischen „Cowboycore“ – und das Netz ist voll davon. Auf TikTok zeigen Hipster ihren ersten Ritt im Sattelsitzjeanslook, Jacob Elordi (ja, der mit der Kieferpartie aus dem Modelbaukasten) trägt Hemden, die sich sogar Clint Eastwood nochmal ausborgen würde. Und Beyoncé, natürlich Beyoncé, hat mit ihrem Country-Album samt Hut-und-Sporen-Ästhetik endgültig die popkulturelle Weide betreten.

Die Lucchese Boot Company aus Texas sorgt seit 1883 für passendes Cowboy-Schuhwerk (Typ „Buckaroo“ ca. 1.600 €)
©HerstellerAber was ist das Besondere an diesem Trend? Warum Cowboy, warum jetzt?
Weil er ehrlich wirkt. Erdverbunden. Weil er nicht nur schön, sondern auch robust ist – ein Stil, der im Zweifel auch einem Sandsturm oder einer Grillparty standhält. Weil er nach Abenteuer riecht, aber dabei maximal gestylt daherkommt. Und, Hand auf den Schnallengürtel: Er ist verdammt cool.

Handgearbeiteter Westerngürtel mit handgravierter Messingschiebeschnalle im Sterlingsilber-Finish (Ralph Lauren, 289 €).
©HerstellerUnd wer glaubt, das sei nur etwas für Männer mit Marlboro-Maske – weit gefehlt. Der Cowboy-Look ist längst unisex. Fransenjacken für sie, Stiefel für alle, und die Gürtelschnalle darf heute auch Glitzer haben. Der Wilde Westen ist wieder da – nur mit deutlich besserem Haarstyling.

Echte Jungs dürfen sich beim Spielen schon auch mal dreckig machen ... „Ransom Canyon“ bringt aktuell „Dallas“-Flair ins TV
©©Netflix / Everett Collection / picturedesk.com/Netflix/Everett Collection/picturedesk.comAlso: Der Cowboy ist nicht tot. Er hat bloß neu kombiniert. Statt Pferd: E-Bike. Statt Revolver: iPhone. Statt Saloon: Rooftop-Bar. Aber das Gefühl ist dasselbe geblieben: Der Wind im Gesicht. Die Freiheit im Blick. Und der Look? Sitzt. Dank Ralph, Wrangler und ein bisschen Taylor-Sheridan-Magie.
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