Allyson Felix

Rache an Nike: Olympionikin kämpft bis heute für Gleichberechtigung im Profisport

Eine Marke mit kontroverser Kampagne und eine Geschichte über die Benachteiligung von Frauen, die lange zurückreicht. Wie Allyson Felix sich für Mütter im Profisport einsetzt.

Provokant schaut sie in die Kamera: eine Frau mit weißer Schürze am Herd, körnig fotografiert wie in einer Werbekampagne aus dem letzten Jahrhundert. Kürzlich veröffentlichte die Sportschuhmarke Saysh dieses Foto mit dem Titel "Eine bewusst sexistische Rückgaberichtlinie". 

Das Versprechen der Marke: Schwangere Frauen können den Kundenservice kontaktieren und bekommen ein kostenloses Paar Sportschuhe zugeschickt, wenn sich ihre Schuhgröße erhöht hat. Hintergrund ist die Veränderung, die der Körper einer Schwangeren oft durchläuft und durch die Frauen meist eine größere Größe benötigen. In der Beschreibung heißt es: "Die meisten Marken machen ihre Schuhe nicht für den Körper von Frauen. (...) Saysh kreiert bewusst sexistische Produkte, denn Frauen verdienen etwas besseres." 

Gründerin der Marke ist keine andere als die sechsfache Olympia-Siegerin Allyson Felix. Für Fans der Leichtathletin erscheint das Statement der Kampagne jedoch nicht überraschend: Die Entstehungsgeschichte von Saysh beruht schließlich auf einem langen Kampf für Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Profisport. 

Der Eklat um Nike

14 Weltmeistertitel und die bisher größte Medaillensammlung einer Leichtathletin bei den Olympischen Spielen. Dieser Legendenstatus gebührt bis heute der Sprinterin Allyson Felix. Zu ihren Zeiten als Olympionikin rissen sich die Sponsoren um das Privileg, ihre Logos auf das Trikot zu drucken, in dem Felix die nächste Medaille nach Hause holen würde. 

Lange Zeit arbeitete sie mit Nike zusammen, eine Partnerschaft, die nur durch ein Ereignis unterbrochen werden konnte. Im Jahr 2018 verkündete sie öffentlich ihre Schwangerschaft. Trotz des glücklichen Ereignisses blieb die Begeisterung des Sponsors Nike aus. 

Der Vertrag zwischen Felix und Nike war bereits im Dezember 2017 ausgelaufen. Von den darauf folgenden Vertragsneuverhandlungen erhoffte sich die Sportlerin Unterstützung in der Schwangerschaft. Im Hinterkopf blieb allerdings immer eine Angst. "Wenn wir Kinder haben, riskieren wir während der Schwangerschaft und danach Gehaltskürzungen von unseren Sponsoren", erzählte Felix 2018 bei der New York Times

Und tatsächlich: Anstelle Allyson in ihrer Mutterschaft zu unterstützen, verlangte Nike eine Kürzung ihrer Bezahlung um 70 Prozent. Nach der Schwangerschaft verspürte die Profisportlerin außerdem den Druck, wieder so schnell wie möglich ihre Bestform zu erreichen, um performen zu können – und das trotz ihres Notkaiserschnitts, durch den das Baby zur Welt kam. 

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Felix beschloss daraufhin, sich den Druck und die unzureichende Behandlung des Sponsors nicht mehr gefallen zu lassen. "Ich habe Nike gebeten, mir vertraglich zu garantieren, dass ich nicht bestraft werde, wenn ich in den Monaten rund um die Geburt nicht mein Bestes gebe. Ich wollte einen neuen Standard setzen." Nike lehnte ab.

Dabei schien das Image der Marke wunderbar sauber. Erst im Jahr 2017 warb die legendäre Tennisspielerin Serena Williams als Gesicht der Marke – und das mitten in ihrer Schwangerschaft. Die Tennisikone lieferte laut der Werbekampagne "Dream Crazier" von Nike damals den Beweis, dass schwangere Frauen zu allem im Stande sind. Eine Mutter, die gleichzeitig Spitzensportlerin ist, dieses Bild suggerierte die Sportmarke mit Serena (ebenso wie auch zuvor mit der Basketballspielerin Sheryl Swoopes, die Nike als "ein Symbol für berufstätige Mütter überall" vermarktete). 

Kein Einzelfall

Warum also die Benachteiligung von Allyson Felix? Es stellte sich heraus, dass sie nicht die einzige Frau war, die Nike aufgrund ihrer Schwangerschaft in der Bezahlung herabstufte. Auch die Profisportlerinnen Alysia Montano und Kara Goucher bekamen die Benachteiligung zu spüren. Gemeinsam mit Felix begangen sie Vertragsbruch, um die Probleme öffentlich anzusprechen. Dadurch wurde die Debatte über Frauen und Mütter im Profisport erneut entfacht. 

Trotz einiger revolutionärer Beispiele in den letzten Jahrzehnten mussten (und müssen) sich Sportlerinnen bis heute auf Werbepartner verlassen, wodurch sie keine geregelten Mutterschaftsgelder oder -urlaube bekommen. Vor allem Frauen in weniger prestigeträchtigen Sportarten können von den geringen Einnahmen als Mütter oftmals ihre Kinder nicht zusätzlich ernähren. Hinzu kommen die Probleme mit Kinderbetreuung und der Reisetätigkeit, die mit einer Profikarriere verbunden sind – bis hin zu den scheinbar kleinen Nachteilen wie die Schuhgröße, die sich bei einer schwangeren Frau ohne Zutun ändern kann und für die Frau selbst aufkommen muss.

Nike versprach unter anderen Marken nach dem Eklat, seine Richtlinien zur Unterstützung von Müttern im Profisport zu ändern. Allyson Felix zog sich unterdessen 2022 von ihrer Leichtathletikkarriere zurück und läuft heute nur noch in ihren eigenen Sportschuhen. Bis heute setzt sich für die Gleichberechtigung von Schwangeren und Frauen im Sportbereich ein. 

Über Jennifer Sandhagen

Redakteurin bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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