Nachhaltiger Schmuck: Warum Fair Trade und Recycling nicht ausreicht

Fair gehandeltes und recyceltes Gold sind ein guter Anfang. Was alte Handys mit der Herstellung von nachhaltigen Preziosen zu tun haben.

Menschen, die knietief im Wasser stehend stundenlang in Schlammgruben wühlen. Mit hochgiftigen Substanzen wie Quecksilber und Cyanid ungeschützt hantieren. Und in sklavenähnlichen Beziehungen mit ihrem Arbeitgeber bleiben, weil es an besseren Alternativen fehlt. All diese Dinge gehen Guya Merkle durch den Kopf, wenn sie an die rund 30 Millionen weltweit verteilten Gold-Kleinschürfer denkt.

Eine Reise zu Goldminen in Peru war im Jahr 2012 ein regelrechter Schockmoment für die deutsche Schmuckdesignerin. „Was ich dort sah, passte überhaupt nicht zu dieser Luxuswelt, die die Schmuckbranche vermarktet“, erinnert sich Merkle im Gespräch mit dem KURIER.

Die nachhaltigste und ethischste Alternative, die die Berlinerin damals fand, war Fair-Trade-Gold. Mittlerweile arbeitet sie jedoch nur mehr mit recyceltem Edelmetall. „Ich finde das Fair-Trade-Konzept nach wie vor super, aber es ist teuer und eine komplexe Angelegenheit. Und wird unter anderem deshalb die Schmuckbranche nicht nachhaltig verändern können.“

Neue Perspektiven

Doch genau das wünscht sich die Deutsche. Neben dem von ihr initiierten World Gold Day, der auf Problematiken in der Goldbranche aufmerksam machen soll, hat Merkle auch die Earthbeat Foundation gegründet.

Designerin Guya Merkle

©Guya Merkle

„Dieses Projekt ist dafür da, um die Brücke zwischen den Bereichen Recycling und Fair Trade zu schlagen“, erklärt Merkle. Das Argument vieler, die traditionell geschürftes Gold für die Herstellung ihres Schmucks einkaufen: Man würde ja den Menschen sonst die einzige Einkommensquelle wegnehmen. „Wenn wir sagen, wir kaufen dieses Gold einfach nicht mehr ein und verwenden nur noch recyceltes Material, ist das prinzipiell ein guter Gedanke“, sagt die Schmuckdesignerin. „Aber das ist zu westlich gedacht. Der von mir hergestellte Ring aus recyceltem Gold ändert noch nichts an der Situation im globalen Süden.“

Deshalb tritt die Earthbeat Foundation mit kleinen Communities, die vom Goldschürfen leben, in Kontakt und bietet ihre Hilfe für eine berufliche Neuorientierung an. „Kein Mensch arbeitet freiwillig im Goldbau. Wir versuchen mit konkreten Job-Alternativen zu helfen. In Uganda haben wir kürzlich einer Community mit dem Ausstieg geholfen und ihnen Ausbildungen zu Imkern ermöglicht.“ Die Mine wurde zugeschüttet und auf der Fläche ein Permakulturgarten gebaut.

Kleinstschürfer arbeiten unter prekären Umständen

©Earthbeat Foundation

Handys helfen

Einer Form des Schürfens kann Guya Merkle dennoch etwas abgewinnen. Mittels sogenanntem Urban Mining, also städtischem Schürfen, sollen Rohstoffe, die sich bereits im Kreislauf befinden, vermehrt zum Einsatz kommen. Was viele nicht wissen: Alte Handys und Laptops sind die idealen Ressourcen, um Gold zu recyceln, weil in Elektronik so viel davon verbaut ist (siehe Infos links).

„Aktuell ist nicht genügend recyceltes Gold im Umlauf, um die größten Schmuckmarken ausschließlich damit zu versorgen“, erklärt Guya Merkle. „Dabei hätten wir weltweit theoretisch schon ausreichend Gold geschürft, welches immer wieder in den Kreislauf zurückgelangen könnte.“ Das große Problem sei, dass, seitdem es in Elektronik verbaut werde, Gold verbraucht werde – weil es immer öfter im Müll landet.

Jeder könne laut der Designerin auf simple Art und Weise dazu beitragen, dass sich die Goldbranche zum Besseren ändert: „Wer sein Handy fachgerecht entsorgt, führt Gold in den Kreislauf zurück.“

Gold-Fakten - und wie man helfen kann

Produktion
2020 wurden weltweit 3.400 Tonnen Gold gefördert – das meiste in China. Ca. 20 Prozent des jährlich geförderten Goldes stammt von Kleinstschürfern.

 

1 Gramm Gold
kann aus dem Recycling von 40 alten Handys hervorgehen. Normalerweise müsste dafür eine Tonne Gestein abgebaut werden.

 

Kreislauf
Alte Handys sollten nicht ungenutzt herumliegen oder im Haushaltsmüll landen. Alte Geräte können bei Handyanbietern  zurückgegeben werden. Das Jane Goodall Institut sendet  Sammelboxen zu, die gratis eingeschickt werden können. Um Goldschürfern eine neue Ausbildung zu ermöglichen, freut sich die Earthbeat Foundation über Spenden. earthbeatfoundation.org

Maria Zelenko

Über Maria Zelenko

Seit 2015 beim KURIER. Schreibt seit über einem Jahrzehnt über alles, was die Mode- und Kosmetikwelt bewegt.

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