Warum Hermès-Bags die Taschen mit der längsten Wartezeit sind
Bitte warten! Für diese Modelle braucht man Geduld. Warum die legendären Handtaschen erst nach Jahren zum Kunden kommen.
"Leider sind unsere Wartelisten zur Zeit geschlossen, wir hoffen aber, dass wir sie im Jänner wieder öffnen dürfen“, sagt die freundliche Verkäuferin der Wiener Hermès-Boutique sanft am Telefon. Wie bitte? Jetzt muss man sogar schon auf die Warteliste warten, nicht nur auf die Tasche selbst? Tja, wer sich eine Birkin oder eine Kelly zulegen möchte, braucht neben dem nötigen Kleingeld vor allem Geduld. Denn die legendären Taschen brauchen ihre Zeit, bis sie fertig sind.
Aber warum heißen die beiden begehrtesten Sammlerstücke eigentlich Birkin und Kelly? Beide Taschen trugen dazu bei, das Leben der Frauen zu verbessern. So traf 1984 Jean-Louis Dumas, damals Vorsitzender von Hermès, Jane Birkin zufällig auf einem Flug nach Paris. Die englische Schauspielerin beschwerte sich bei ihm, dass sie keine passende Tasche für ihren Einsatz als junge Mutter finden konnte. Gemeinsam entwarfen die beiden dann eine Tasche, die bis heute die berühmten Designcodes von Hermès besitzt: ausgeschnittene Klappe, zwei abgerundete Griffe, seitliche Riemen und ein Drehverschluss mit Schloss.
Auch das Vormodell der Kult-Tasche, die Kelly-Bag, wurde von Robert Dumas bereits in den 1930er-Jahren entworfen. Mit ihrer radikalen Ästhetik, trapezförmig, abgerundeter Griff, Klappe mit zwei Riemen und Drehschließe, begründete dieses Modell die weltweite Berühmtheit der Hermès-Lederwaren. Denn die Paparazzi lauerten in den 1950er-Jahren Hollywood-Star Prinzessin Grace Kelly mit ihrer Tasche überall auf, etwa beim Aussteigen aus einem Flugzeug, wo sie die große Tasche vor ihren Bauch hielt, um ihre Schwangerschaft zu verbergen. Die „Kelly“ war größer als die Taschen der damaligen Zeit und galt auch als Zeichen für emanzipierte Frauen in der Gesellschaft. Heute werden beide Modelle in einer Vielzahl von Farben, Größen und Materialien produziert. Öfters findet man diese Klassiker zwar als gefälschte Kopien auf dem Markt, aber die Originale sind einfach zu erkennen: Sie haben auf der Innenseite eine Signatur des Handwerkers, der die Tasche eigenhändig fertigte.
Warten auf das Werkstück
Denn alle Taschen werden nur auf Bestellung und von Hand in den Pariser Werkstätten hergestellt. Die Wartezeit für eine Kelly oder Birkin hängt vom Material und der Größe der Tasche ab. Bei Modellen mit etwa 35 bis 40 Zentimetern heißt es circa zwei bis drei Jahre warten, bei jenen mit 25 bis 30 Zentimeter Größe geht es etwas schneller, da müssen sich Kundinnen nur etwa ein bis eineinhalb Jahre in Geduld üben, bis die Tasche am Arm baumelt. Dafür bekommen sie ein Stück Handwerkskunst vom Feinsten. Das dauert und erklärt die lange Wartezeit. Ein Sattler braucht 15 bis 20 Stunden zum Nähen, Kleben und Zusammenbauen der etwa 40 Lederteile und diversen Metallteile, aus denen eine Birkin Bag besteht. Jede Tasche wird von einem einzigen Lederarbeiter gefertigt, vom ersten bis zum letzten Stich.
Beste Präzision ist sogar beim Service Pflicht: Hier dürfen nur Lederarbeiter, die schon fünf Jahre im Betrieb gelernt haben, Hand anlegen. Mit etwas Glück findet man aber Hermès-Bags auch auf Vintage-Plattformen – ohne langes Warten.
Auch im Wiener Hermès Shop heißt es „bitte warten“. Hier die dreiteilige Birkin Barenia Faubourg von Hermès, mit herausnehmbarer Innentasche aus der aktuellen Winterkollektion, ca. € 10.400,-
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