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Experten entlarven die Tricks der Fälscher bei Luxushandtaschen & Co

Der Luxusmarkt boomt und die Nachfrage nach Handtaschen von Designerlabels steigt. Birkin-Bags & Co sind Sammlerobjekte und werden auch auf Luxus-Vintage-Plattformen angeboten. Wie man Originale von Kopien unterscheidet.

"Diamonds are a girl's best friend“ – oder sind es heute doch die Luxushandtaschen von Dior, Chanel, Louis Vuitton & Co? Aber was machen trendbewusste Fashionistas, die sich nicht auf lange Wartelisten setzen lassen möchten, um das Stück ihrer Träume in Händen zu halten? Der Luxusmarkt boomt, Luxusgüterkonzerne wie LVMH, Richemont oder Kering meldeten trotz Krisen Zuwächse und 2024 erreichte der weltweite Umsatz mit Luxusgütern über 360 Milliarden Euro und soll laut Statista bis  2030 auf ein Marktvolumen von 496,62 Milliarden Euro ansteigen. 

Das hat natürlich auch zur Folge, dass immer mehr Luxuswaren auf Secondhand-Plattformen angeboten werden. Immer mehr Kunden schauen sich etwa auf der Luxus-Secondhand-Plattform Vestiaire Collective um, die auch dank einer Partnerschaft mit dem Label Gucci  Continuum und Gucci Preloved, Vintage-Luxusware anbietet.

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Modeexpertin Fleur Feijen mit einer roten „fake“ Cannage Lady Dior

©kurier/Martina Berger

62 Prozent der Gen Z shoppen heute bereits Luxusgüter auf Sekundärmärkten,  nicht nur um ressourcenschonend zu kaufen, da weniger Neuware produziert wird, sondern auch, um damit schon in jungen Jahren ein bisschen Luxus in ihren Lebensstil zu bringen. Auf Luxus-Vintage-Plattformen zu shoppen bedeutet auch, sich in der Modegeschichte auszukennen und mit einem „persönlichen Lebensstil“ Trends zu setzen. Allerdings bringt der unkontrollierbare Luxusgütermarkt immer mehr Fälscher auf den Plan, besonders wenn es sich um Einzel- und Sammlerstücke von Luxusgütern wie Taschen, Whisky, Füllfedern, Uhren und Schmuck handelt, die ihre Kopien für Originale ausgeben.

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Gefälscht wird alles was teuer ist, von der Füllfeder bis zum Feuerzeug

©kurier/Martina Berger

Vintage-Boom mit Fakes 

Gefragt am Handtaschen-Markt sind nach wie vor ikonische Modelle von klassischen Labels wie Hermès, Louis Vuitton, Chanel, Dior. Aber für Kunden, die auf den zahlreichen Online-Plattformen zwischen Pre-loved, Secondhand, Vintage, Retro und Archival nach Handtaschen und anderen Luxus-Accessoires suchen, stellt sich sofort die Frage nach Echtheit: Das Stück sieht zwar täuschend echt aus, ist es das auch? Und müssen Designertaschen ohne Rechnung oder Code immer fake sein? „Nein, denn früher gab es noch keine Codes und Omas Handtasche könnte auch ohne   Nummerierung oder Code echt sein“, verrät die Londoner Modeexpertin Fleur Feijen von Catawiki. 

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Die Londoner Modeexpertin Fleur Feijen zeigt die subtilen Erkennungsdetails bei Print und Gravur 

©kurier/Martina Berger

Doch mit der zunehmenden Beliebtheit von Secondhand-Ware und dem wachsenden Investitionsinteresse an Sammlerstücken steigt auch das Risiko, Fälschungen zu erwerben. „Heute finden sich sogar schon in Fälschungen NFC-Chips. Fälscher haben längst einen weltweiten Markt an Fake-Produkten hochgezogen“, so die Expertin.

Laut den europäischen Zollbehörden stieg der Wert beschlagnahmter gefälschter Waren 2023 um 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und Waren von einem geschätzten Wert von über 10 Millionen Euro wurden vom globalen Verkauf ausgeschlossen. Bleibt die Frage: Wie erkennt man Qualität – wie prüft man Handtaschen, Füllfedern, Uhren und Schmuck auf Echtheit? Um Fälschungen zu entlarven, helfen Experten von Online-Plattformen, wie eben Fleur Feijen von Catawiki. 

Der Online-Marktplatz versteigert wöchentlich über 75.000 Objekte, jedes einzelne geprüft und ausgewählt von internen Catawiki-Experten, die auf Kunst, Design, Schmuck, Uhren, Mode, Oldtimer, Sammlerstücke u. a. spezialisiert sind. Insgesamt wechselten über diese Plattform mehrere Hunderttausend Handtaschen ihren Besitzer. In Österreich stieg der Absatz sogar um 30 Prozent seit 2023. Was darunter das teuerste Stück war? Natürlich war es eine Hermès Kelly Bag 32, die 2020 für 45.000 Euro verkauft wurde.

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Modeexpertin Fleur Feijen ist Fälschungen auf der Spur und erklärt die Tricks der Fälscher

©kurier/Martina Berger

Der Original-Code  

„Man muss immer alle Fakten prüfen, bevor man erkennen kann, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt“, erklärt Modeexpertin Fleur Feijen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Selbst beim Lokalaugenschein anlässlich eines „fake or not-Workshops“, bei dem etwa die Unterschiede der blauen und braunen Kelly-Bag oder der Louis Vuitton Keepall erklärt wurden, um zu veranschaulichen, auf welche Merkmale man achten sollte, um zu erkennen, welche der Handtaschen Original oder Fake war, brauchte es zusätzlich ein geschultes Auge.

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Welche ist echt? Modeexpertin Fleur Feijen mit einem Fake, links und dem Original rechts

©kurier/Martina Berger

„Heute sind Fakes so gut gemacht, dass sie sogar mit Verpackung, Papieren oder eben mit NFC-Chips daherkommen. Aber selbst die raffiniertesten Fälschungen verraten sich oft durch kleinste Details“, so Feijen. Auch Fälscher setzen heute neben KI, 3D-Druck und hochwertigen Materialien Handarbeit für die gefälschten Stücke ein, etwa bei Handtaschen, Uhren und Schmuck. Der reine Gewinn wird mit dem Zusatzwert des Label-Namens gemacht, wie Louis Vuitton, Hermès, Cartier etc., und das meist nicht mehr über eine minderwertige Verarbeitung. „Wer sich etwa eine Birkin Bag als Belohnung selbst schenkt, macht mit diesem emotionalen Wert das  Original umso begehrenswerter, und damit eben auch umso anfälliger für Fälschungen“, so Feijen. „Nur wenige Kategorien vereinen perfekt kulturelle Bedeutung und kommerzielle Attraktivität.“

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Kopie oder Original? Selbst für Experten oft schwer zu erkennen

©kurier/Martina Berger

Auch deshalb wird es für Laien immer schwieriger, den Unterschied zwischen echt und fake mit freiem Auge zu erkennen. Denn noch ein anderer Trend am Modemarkt spielt Fälschern in die Hände: das No-Logo. Und je weniger Branding, desto schwerer ist es, die Echtheit zu prüfen. Taschen mit reduzierter Markenpräsenz wie die „Margaux“ von The Row oder „Le Chiquito“ von Jacquemus sind am Fälschermarkt besonders beliebt und schwerer zu verifizieren, da die Qualitätsmerkmale subtiler ausfallen. „Gerade bei minimalistischen Marken wie The Row oder Hermès reicht schon ein kleiner Versatz oder ein Millimeter zu viel, um die Echtheit in Frage zu stellen“, so Feijen.

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Auch die Taschen von Louis Vuitton X Murakami sind bei Fälschern beliebt

©kurier/Martina Berger

Zum Glück haben Experten aber Checklisten ausgearbeitet, als wichtige Werkzeuge zur Kaufüberprüfung. Dazu gehört etwa die Typografie. Eines der subtilsten und aussagekräftigsten Merkmale ist die Schrift. Bei Luxuslabels muss jedes Logo exakt sitzen, sei es die Krümmung des „C“ bei Chanel oder der Abstand zwischen „L“ und „V“ bei Louis Vuitton. „Wer eine Marke wirklich verstehen will, muss auch wissen, wie sich ihr Design auf unterschiedlichen Materialien und Modellen verhält“, so die Londoner Expertin. Aber neben Handtaschen sind auch Feuerzeuge, Füllfedern, Schmuck, Uhren und sogar Whisky beliebte Objekte für die Fälscher-Industrie.

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Füllfederexperte Sebastian Schulz zeigt den Unterschied zwischen Kopie und Original anhand einer Montblanc

©kurier/Martina Berger

Fake-Füller und Feuerzeuge 

In Österreich zählten 2024 Luxus-Füllfederhalter und Feuerzeuge zur Top-10-Kategorie der abgelehnten Objekte am Secondhand- Markt, weil es Echtheitsbedenken gab. Darunter war Montblanc die am häufigsten gefälschte Marke. „Heute beobachten wir Fälschungen, die  mitunter so echt wirken, dass selbst erfahrene Experten nicht immer sofort erkennen, dass es sich nicht um Originale handelt“, so der Catawiki-Experte für Schreibgeräte und Feuerzeuge, Sebastian Schulze. „Wir hatten schon Kunden, die ihre Original-Füllfeder über unsere Plattform verkaufen wollten und selbst nicht wussten, dass es keine Originale waren, die sie teuer erstanden hatten, sondern perfekte Fälschungen.“

Die Codes der Fälscher im Detail

Achtung bei Typografie, Material, Seriennummer, Gravur und Verschlüssen

Typografie. Fälschungen weichen oft bei der Platzierung ab.

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ECHT. Farbe ist intensiver

©Catawiki

Auch die Tiefe der Prägung und das Verhältnis zur Naht muss beachtet werden.

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FALSCH. Prägung und Abstand sind nicht richtig

©Catawiki

Seriennummern.

Nicht nur die Zahlenfolge selbst, auch ihre Gravur ist wichtig.

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ECHT. Gravur ist tief und sauber gesetzt

©Catawiki

Bei Originalen sind Gravuren klar und sauber gesetzt.

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FALSCH. Zu flache Gravur mit zu wenig Abstand

©Catawiki

Bei Fakes zu flach. 

Monogramme. Häufige Fehler: falsche Farbsättigung.

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ECHT. Richtige Farbsättigung

©Catawiki

Ungleichmäßige Symbolabstände oder schlecht platzierte Muster.

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FALSCH. Schlecht platziertes Logo, falsche Farbe

©Catawiki

Metallbeschläge und Verschlüsse. 

Hochwertige Beschläge zeichnen sich durch Gewicht, Haptik und eine exakte Verarbeitung aus.

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ECHT. Wirkt sofort exakt und hochwertig.

©Catawiki

Fakes wirken zu leicht, zu klein und zu ungenau.

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FALSCH. Wirkt billig und ungenau, trotz Prägung

©Catawiki

„Man muss immer alle Fakten prüfen, bevor man erkennen kann, ob es sich um ein Original oder um eine Fälschung handelt,“ rät Fleur Feijen, di Expertin für Mode bei Catawiki.

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

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