Sex im neuen Jahr: Feiern wir ein Fest der Ekstase!

Blick zurück – in Sinnlichkeit: Wie war das vergangene Jahr in Sachen Sex, Erotik und Liebe? Und wie soll es jetzt weitergehen?

Zeit der Rückblicke - und da stellt man sich vielleicht auch im Hinblick auf die eigenen sexuellen Aktivitäten ein paar Fragen: Hat es die Zeit in puncto Liebesleben gut mit mir gemeint? War da genug Sex – vor allem genug guter Sex? Da kommt es vermutlich darauf an, in welcher Lebensphase sich ein Mensch gerade befindet. Je jünger, desto weniger wichtig erscheint der Aspekt „gut“. Vielmehr geht’s um die Quantitätsfrage, Motto: Wurscht wie, Hauptsache, Sex! Was selbstverständlich eine Frage des Typs ist, es gibt auch in diesem Lebensabschnitt wählerische Gourmets. Aber meist ist es so, dass sich viele in dieser Lebensphase vor allem ausprobieren wollen, man muss es tun – egal, was dabei am Ende rauskommt. Schauen wir mal, einfach so. Da geht es um die Erfahrung, um das Experiment – um die Möglichkeit, das eigene sexuelle Spektrum zu erweitern, sich auf vielfältige Weise zu spüren. Um am Ende zumindest eine Ahnung davon zu haben, wie Sex nun tatsächlich sein sollte, damit er als halbwegs befriedigend erlebt wird.

Und so könnten wir uns rückblickend, quasi als Liebes-Rückschau, tatsächlich fragen, ob wir diesbezüglich alles getan haben, was nötig war. Ob wir den anderen genügend berührt haben, und falls nicht: warum? Ob wir da waren, im Sinne von „innerlich präsent“, und nicht nur anwesend.

Intimität und Herzensverbindung

Auch das gehört zur Reifwerdung, sexuelle Erfahrungen erweitern die Persönlichkeit. Und eines Tages ankern wir, bleiben in einem Hafen, weil wir wissen: Da gehören wir hin, da wollen wir nicht mehr weg. Intimität entsteht, verbunden mit einer tiefen Herzensverbindung. Die Jahre vergehen, der Sex bleibt und ändert sich dennoch. Das Atemlos-Gierige vertschüsst sich, weil wir irgendwann jedes Muttermal unseres Partners kennen, jede erogene Zone des anderen hundertfach erobert haben. Wir wissen, wie der geliebte Mensch an unserer Seite atmet, stöhnt und sich im Moment des Orgasmus bewegt. Alles tief vertraut, aber natürlich nicht mehr ganz so atemberaubend-aufregend wie in den ersten Monaten, Jahren.

Im lesenswerten Buch „Zen oder die Kunst guten Sex zu haben“ von Jacopo Fo gibt es einen wunderbaren Text, der sich mit dieser Form vertrauter Sexualität beschäftigt, er trägt den Titel „Ode an den tausendsten Beischlaf“. Aus seiner Sicht bräuchte es anlässlich der 1000. Liebesnacht ein „Fest der Ekstase“: „Wenn du alles von ihr weißt und sie alles von dir.“ Dabei fehle auch das Bewusstsein dafür, dass die Liebe wächst und ihre süßesten Früchte erst nach langer Zeit abwirft. Aber: „Nur eine Minderheit entschließt sich jeden Tag, sich Mühe zu geben, um die Liebe wachsen und reifen zu lassen. Dazu gehören gute Jahre genauso wie schlechte, schwierige Momente und fantastische, Hoch-Gefühle und Talfahrten – auf vielen Ebenen, auch sexuell. Und so könnten wir uns rückblickend, quasi als Liebes-Rückschau, tatsächlich fragen, ob wir diesbezüglich alles getan haben, was nötig war. Ob wir den anderen genügend berührt haben, und falls nicht: warum? Ob wir da waren, im Sinne von „innerlich präsent“, und nicht nur anwesend. Ob wir die Partnerin/den Partnerin ausreichend gewürdigt haben – oder ihn wieder einmal 365 Tage wie einen selbstverständlichen „Alltagsgegenstand“ behandelt haben. Und dann – der Blick nach vorn: Es künftig wieder gut machen, besser vielleicht oder eben ganz anders. Gemeinsam noch einmal ein paar Experimente, Verrücktheiten und Grenzgänge wagen, um einander wachzuküssen. Jacopo Fo fasst diesen „Zustand der Gemeinschaft“ im Hinblick auf seine eigene Partnerin in wunderbare Worte: „Wenn Sie dieses Wunder der Liebe erleben, dann erkennen Sie auch ein weiteres Wunder: Die Frau, die Sie lieben, bleibt in alle Ewigkeit wunderschön.“ Aus weiblicher Sicht sage ich: Das gilt selbstverständlich auch für Männer. In diesem Sinne, liebe Leserinnen und Leser: Ein wunderbar-sinnliches neues Liebesjahr.

 

Für sie

Passend zu dieser Kolumne, eine Leseempfehlung – das Buch „Der Sex meines Lebens“ von „Anonyma“ (Verlag Ullstein). Die beeindruckende Erkundung einer weiblichen sexuellen Biografie, ein Wiedereintauchen in die Empfindungen und Erfahrungen, die jede Frau kennt: Begehren, Beschämung, Lust, Überforderung, Enttäuschung, Überrumpelung.  EIn Werk, das darstellt, was Frauen fühlen, denken und erleben.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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