Paaradox - Szenen einer Redaktionsehe: Schuh-bi-du
Sie besitzt Patschen, er trägt sie. Wie ein Paar Hausschuhe im Hause Kuhn/Hufnagl mitunter zu Problemen führt.
von Gabriele Kuhn & Michael Hufnagl
Sie:
Die Enteignung fand zwar unauffällig statt, trotzdem blieb mir die "feindliche" Übernahme meiner Hausschuhe auch diesmal nicht verborgen. Die Vorgangsweise hat Tradition. Kein Wunder also, dass ich bereits vor langer Zeit an dieser Stelle erzählte, wie oft ich den Mann gegenüber beim Patschenraub ertappte.
Kaum war ich außer Haus, schritt er auch schon zur Tat. Heimlich, ohne mich zu informieren oder gar zu fragen, ob es mir überhaupt recht ist, dass er seine 44er in meine 39er schiebt, um darin seine unterkühlten Zecherln zu parken. Ich bin aber der Meinung, das wäre angebracht – zumal Patschen etwas zutiefst Persönliches sind. Tolerant wie ich jedoch bin, sah ich auch darüber hinweg und dachte mir: "Gegönnt! Was mich wärmt, soll auch Herzkönig wärmen." Zumal er gerne sagt, dass sein Zuhause da ist, wo seine Hausschuhe stehen. Und meine damit meint.
Patschen-Hinterlassenschaft
Seitdem ist ein bisschen Zeit vergangen – ich habe das Schlapfen-Kollektiv beendet. Und so wähnte ich mich als glückliche Alleinbesitzerin eines neuen Winter-Patschen-Paars – rot, schick, warm und fluffig. Dachte ich. Dann kam der Winter. Kaum wurde es dem Herrn kalt ums Fußerl, war es auch schon wieder so weit: erneute Enteignung durch den Pantoffelheld. Altruistisch und großherzig wie ich nach wie vor bin, schlüpfte ich stumm in die Wollsocken. Gegönnt! Schon wieder. Bedauerlicherweise kam aber noch eine Gewohnheit dazu: seine Patschen-Verlassenschaft, wenn er die Wohnung verlässt. Statt das Schuhwerk dort zu deponieren, wo er es vorgefunden hat, lässt er es jedes Mal woanders stehen. Im Bad. Unterm Esstisch. Auf meiner Yogamatte. Ich habe intensiv darüber sinniert, was er mir damit sagen möchte. Meine Theorie: Es handelt sich um eine Art Wink, ähnlich des Markierens von Rüden beim Gassigehen, im Sinne von: Hier! War! Ich! Des Mannes Duftspur, quasi. Tja, was soll ich dazu sagen, außer: Wer den Hufnagl versteht, kann auch durch Null teilen.
Er:
Nur damit das klar ist: Ich bin ein sehr temporärer Hausschuhträger. Heißt, die meiste Zeit tänzle ich in sehenswerter Leichtigkeit unten ohne durch die Räume. Aber mitunter braucht’s eben geschützte Fusserln – etwa dann, wenn ich über ungeheizte Steinstiegen zur Keller-Mission aufbrechen muss, weil meine Frau dringend Dinge benötigt, die in ihrer Antizipation von feindlich gesinnten Krabbeltier-Heeren bewacht werden.
Nur dann zwänge ich mich schnell in ihre heiligen Patschen, was verlässlich zu einer Diskussion über die Spitzfindigkeiten einer heimlichen Übernahme führt. Aus diesem Grund hat sie mir vor Jahren Fellpantoffeln de luxe unter den Christbaum gelegt. Die allerdings entpuppten sich als Wärmeklumpen, die mir das Gefühl gaben, meine Zehen würden sich in rasanter Geschwindigkeit gefährlich dem Schmelzpunkt nähern. Seitdem harren sie im Schuhkasten ihrer Bestimmung – man weiß ja nie, ob man sie nach einem Biwakbau jenseits der 6.000 Meter doch noch brauchen könnte.
Durchblick
Alles in allem ist das jedoch in meiner Wahrnehmung kein großes Thema. Aber bitte, wenn wir schon die heikle Wahrheit der Enteignung betrachten, dann nütze ich die Gelegenheit, um auf ein Phänomen hinzuweisen. Gnä Kuhn nämlich besitzt nicht zwei, nicht drei, sondern vier Lesebrillen. Die sie strategisch in der ganzen Wohnung verteilt, um immer und überall ihren Lektüre-Reflexen Folge leisten zu können. So sagt sie es zumindest.
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Die Realität ist: In meiner Anwesenheit hat sie im Bedarfsfall nicht vier, nicht drei, nicht zwei Lesebrillen parat. Und leider auch nicht eine, die ja ausreichen würde, um Texte am PC, Fotos am Smartphone oder Speisekarten am Wirtshaustisch störungsfrei erkennen zu können. Also muss es mein verlässlich mitgeführtes Solo-Exemplar sein, das ihr zum Durchblick verhilft. Tja, was soll ich dazu sagen, außer: Wer die Kuhn versteht, kann auch übers Wasser gehen – sogar ohne Brille und Patschen.
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