Prinzessin Diana und König Charles sitzen nebeneinander, Jahr 1986

Einsamkeit in der Ehe: Darum fühlen sich viele trotz Partner allein

Paare, die sich in ihrer Partnerschaft einsam fühlen, gibt es zuhauf. Wieso viele das Gefühl haben, allein zu sein und wie sich das auf die Beziehung auswirkt.

Prinzessin Diana kämpfte zu Lebzeiten in ihrer Ehe mit König Charles mit erdrückender Einsamkeit. Ein Grund, dass man sie auch die "einsame Prinzessin" nannte. Doch selbst für diejenigen, die nicht wie Diana damals isoliert in einem Schloss leben, ist das Thema Einsamkeit präsent. 

In Deutschland beispielsweise ergab eine Umfrage, dass sich die Zahlen von Einsamkeit in einer Partnerschaft von 2017 bis 2021 mehr als verdoppelt haben (2017: 8,2 Prozent, 2021: 20,2 Prozent). Es ist das unausgesprochene Phänomen, dass man sich allein fühlt, obwohl der Partner einem direkt gegenüber am Esstisch sitzt. Die nagende Leere, selbst wenn man von Familienmitgliedern umgeben ist. Die Paartherapeutin Susanne Pointner klärt über Vernachlässigung und Pflichtgefühl in der Ehe auf, und sie analysiert, durch welche Personen sich die meisten weniger einsam fühlen. 

Die lieblose Partnerschaft?

Bereits im Jahr 1973 thematisierte Ingmar Bergman in "Szenen einer Ehe" das Phänomen der Einsamkeit. Die Anwältin Marianne berät in der Serie eine Klientin, die nach zwanzig Jahren die Scheidung einreichen will. Ihr Mann ist ein guter Vater, ein guter Mann. Streit oder Untreue hätte es auch nicht gegeben. Was stimmt also nicht? Auf Mariannes Frage, ob die Klientin nicht einsam nach der Trennung sein wird, antwortet diese: "Aber es ist noch einsamer, in einer lieblosen Ehe zu leben."

Diagnose: Man hat sich entliebt. Sollte es wirklich so einfach sein? Susanne Pointner sieht die Ursache eher an anderer Stelle: "Meiner Erfahrung nach dauert es wirklich lang, bis sich Paare wirklich entlieben. Es ist nur oft so, dass die Liebe keinen guten Nährboden mehr hat." Gemeint ist ein Problem, das man Paaren häufig nachsagt: Kommunikation. "Wenn Paare einsam sind, haben sie oftmals das Gefühl, sich in verschiedenen Welten zu bewegen", sagt Pointner. Der eine hat vielleicht den Kopf in den Büchern, möchte gerne teure Restaurants ausprobieren, während die andere gerade das Radfahren für sich entdeckt. Zu sagen hat man sich nichts. 

"Dadurch entwickeln sich Muster, durch die man dem Partner vielleicht nicht das Gefühl gibt, dass man sich für seine Anliegen interessiert", sagt Pointner. Sie erlebt bei Partnern häufig Schutzmechanismen, durch die sich beide beginnen zu meiden. "Man spricht weniger an und kehrt immer mehr unter den Teppich. Das kann auf Dauer sehr einsam werden."

Pflichten vor Partnerschaft

Nach der Hochzeit von König Charles und Prinzessin Diana zog sie in den Palast ein – was für Charles laut der royalen Biografin und Journalistin Penny Junor folgte, waren unabwendbare Verpflichtungen, durch die Diana allein zurückgelassen wurde. Die Expertin sagte in diesem Zusammenhang gegenüber History Extra: "Es war schrecklich für sie und einsam." 

Auch andere Paare sind dadurch geprägt, dass Verpflichtungen an erster Stelle stehen. Das bestätigt auch die Paartherapeutin Pointner: "Im Alltag entwickelt man schnell den Drang, sich zusammenzureißen und weiterzumachen – selbst wenn es vielleicht besser wäre, innezuhalten und Probleme nicht aufzuschieben." Zuerst das Dinner mit den Schwiegereltern, die Einkäufe für die Oma erledigen und den Kindern das Abendessen auf den Tisch zaubern. Später ist auch noch genug Zeit zum Reden. "Um einen Privathaushalt zu managen, braucht es viele Ressourcen. Den Aufwand unterschätzen Paare oft und haben dadurch Schwierigkeiten, etwas zu verändern", merkt Pointner an.

Laut Pointner ist es allerdings ein ebenso kritischer Punkt in der Partnerschaft, wenn ein großer Teil der Verantwortung plötzlich wegfällt. Das macht sich beispielsweise dann bemerkbar, wenn die Kinder aus dem Haus sind und beide Partner die Möglichkeit bekommen, sich selbst neu zu entdecken. Dies bestätigen auch die vielen Scheidungen, die laut Statistik letztes Jahr ein Langzeithoch erfuhren: Im Vergleich von 1985 zu 2019 hat sich die Anzahl der Scheidungen mit 50 plus fast vervierfacht. Sie sind oftmals das Resultat eines Wendepunktes im Leben.

Der Balanceakt zwischen Partner und Individualität

Schauspielerin Jennifer Aniston erzählte letztes Jahr in einem Interview mit dem Wall Street Journal: "In Beziehungen war es für mich immer etwas schwierig, glaube ich, weil ich mich irgendwie allein fühlte", sagte sie. "Ich mochte nie die Vorstellung davon, sich selbst aufzugeben oder das, was man eigentlich braucht, und ich wusste nicht recht, wie es anders gehen sollte." 

Die eigene Individualität durch Partner und Familie zu verlieren, ist nicht abwegig. "Die Familie ist nicht immer die Instanz, die am meisten Ressourcen bietet und wo immer eine gemeinsame Entwicklung möglich ist", erklärt Pointner. 

Eine Studie aus dem amerikanischen Raum untersuchte dazu über einen Zeitraum von acht Jahren hinweg fast 1.400 Ehepaare. Sie wurden kontinuierlich zum Thema Einsamkeit befragt. Unter anderem stellten die Forschenden fest, dass Freundschaften wichtiger sind als familiäre Beziehungen, um Einsamkeit zu verringern. "Viele fühlen sich durch die 'geistige Herzensfamilie', zu der sich langjährige Freundschaften entwickeln können, weniger einsam. Dabei geht es um Selbstverwirklichung, die einem Freunde manchmal eher bieten können als Familie." 

Um sich weniger einsam zu fühlen, ist also auch der Kontakt zu anderen außerhalb der Beziehung hilfreich. "Meiner Erfahrung nach ist es richtig, dass sich Menschen viel früher Außenressourcen suchen. Man spielt sich in der Verpflichtung oft den Ball zu 'Du machst zu wenig' und 'Du unterstützt mich nicht mit den Kindern'", sagt Pointner. Dabei würden diese Kontakte die Einsamkeit weiter verringern. Der Ausweg: sich trauen, nicht zu spät Hilfe anzunehmen. 

Über Jennifer Sandhagen

Redakteurin bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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