Warum man mit Pesto nie etwas falsch machen kann

Keine andere Nudelsauce ist so schnell bei der Hand, so haltbar, so cremig und würzig. Ein Blick in die Kultur der vielgestaltigen Paste.

Auf nichts in dieser Welt kann man sich so sehr verlassen wie auf Pesto. Ob man nun krank im Bett liegt und sich mit letzter Kraft Nudeln kocht oder sich in bester studentischer Manier nach durchzechter Nacht an den Herd schleppt, um den Heißhunger vorm Zubettgehen zu stillen, Pesto ist allzeit bereit – solange man nicht vergessen hat, welches einzukaufen. Egal, wie es um die eigenen Kochkünste bestellt ist, bei Pesto aus dem Glas kann man nichts falsch machen, da kann man noch so neben sich stehen. Nur die Nudeln muss man irgendwie al dente hinbekommen, aber dafür gibt es Küchenuhren.

Nudelkunde

Apropos Nudeln: Für die Italiener, die ja den Titel als Erfinder des Pestos beanspruchen (obwohl die Franzosen da Einspruch einlegen: In der Provence macht man aus ähnlichen Zutaten die Pistou-Sauce), passt nicht jede Nudel zum Pesto. Traditionell gibt es zum Pesto in Italien deswegen Trofie, gedrehte Nudeln aus Hartweizengrieß, die optisch stark an schwäbische Spätzle erinnern (geschmacklich nicht). Trofie passen vielleicht deswegen so gut zu Pesto, weil beide aus derselben Region (Ligurien) stammen – sie sind füreinander gemacht. Eine andere gern gegessene Pasta zum Pesto sind Trenette. Ebenfalls aus Ligurien, ähneln sie von der Form Linguine. Durch ihre flache Oberfläche können sie das Pesto besonders gut aufnehmen.

Aber Pesto ist nicht gleich Pesto. Gerade das aus dem Glas kommt bei Lebensmitteltests nicht gut weg. Großhersteller sind knausrig und kreativ. Sie sparen Geld, indem sie Basilikum durch Petersilie ersetzen, statt Pinienkernen Chashewnüsse nutzen und Olivenöl mit Sonnenblumenöl verdünnen. Das deutsche Verbrauchermagazin Öko-Test prüfte 2020 Pestos von Marken- und Diskonterherstellern und stellte fest, dass in zwölf von zwanzig Produkten Mineralöle oder Pestizide nachweisbar waren.

Grundrezept

Ein gutes Argument, Pesto öfters selbst zu machen. Denn so schwer ist es gar nicht. Zumindest das Grundrezept nicht. Das klassische grüne Pesto alla genovese ist schnell hergestellt. Der große Vorteil des Pestos ist seine Flexibilität. Der Käse kann je nach Geschmack variiert werden (im ältesten überlieferten Rezept wird holländischer Gouda empfohlen), die Nüsse genauso. Für den Geschmack ist im Endeffekt die Frische der Zutaten entscheidend. Sie werden in einem Mörser gestampft, bis eine dicke Paste entsteht. Wenn es schnell gehen soll, erfüllt auch ein Stabmixer seinen Zweck – dann verliert das Pesto aber durch die Hitze der Maschine einen kleinen Teil seines Aromas und wird nicht ganz so cremig.

Weltmeisterschaft

So einfach es klingt, die Genueser haben aus dem Pestomachen eine Wissenschaft gemacht. Seit 2007 veranstalten sie die Pesto-Weltmeisterschaft. Pesto-Profis aus der ganzen Welt treten gegeneinander an, um das cremigste und aromatischste Pesto zu schaffen. Die Veranstalter wollen damit den Status des Pestos als Kulturgut festigen. Ihr Ziel: Pesto soll als immaterielles Kulturgut von der UNESCO anerkannt werden. Speziell in Genua hat man eine eigene Zubereitungsart entwickelt. Gemahlen wird die Paste in bis zu fünfzig Kilogramm schweren Marmormörsern mit Holzstößeln von fast fünf Kilogramm. Es ist beim Pestomachen wie bei so vielem: Pesto ist leicht gemacht, aber die perfekte Paste erfordert Training und Hingabe.

Rezept: Brennnessel-Pesto

Vorbereitung: 30 min
Zubereitung: 10 min
Portionen: 4 bis 5

45 g Brennnessel taufrisch, am selben Tag geerntet
2 g Bärlauch frisch
20 g Babyspinat frisch
7 g Bergkäse
7 g Kürbiskerne
15 g Erdäpfel gekocht und geschält
30 g Traubenkernöl
1 g Salz
17 g Wasser eiskalt
4–5 Portionen Gnocchi  gekocht
Belper Knolle oder anderen würzigen Käse gerieben, zum Garnieren

 Brennnessel, Bärlauch und Babyspinat je zehn Sekunden in siedendem Wasser blanchieren. Sofort in eiskaltes Wasser legen
 Bergkäse grob reiben
 Kürbiskerne in einer Pfanne kurz anrösten, bis sie duften
 Alle Zutaten in einem hohen Rührgefäß pürieren, bis das Pesto cremig ist. Besonders darauf achten, dass das Wasser eiskalt ist, sonst wird die Brennnessel braun
 Mit Gnocchi oder anderen Nudeln und geriebener Belper Knolle anrichten
Tipp: Unbedingt Brennnesseln am Tag des Einkaufs oder Sammelns verarbeiten
 
Rezept von Haubenkoch Ralph Kampf, Küchenchef im Wiener Lokal „Spelunke“

Pesto Rosso

Vorbereitung: 1 Nacht
Zubereitung: 15 min

200 g getrocknete Tomaten
250 ml Olivenöl
100 g Pinienkerne
30 g Basilikum gewaschen
120 g Parmesan
0,5 TL Salz  

 Getrocknete Tomaten über Nacht in Olivenöl einweichen
 Basilikumblätter von den Stielen zupfen
 Pinienkerne ohne Fettzugabe in einer Pfanne
goldbraun rösten
 Alle Zutaten entweder in einem Mörser cremig stampfen oder mit dem Mixer pürieren, bis eine homogene Masse entsteht
 
aus:  „Pesto-Rezepte“ von Maria Wien, BoD-Verlag,
19,50 Euro

 

Sophie Neu

Über Sophie Neu

SEO (Suchmaschinenoptimierung) und am Newsdesk im Einsatz. Seit 2022 beim Kurier. Zuvor im Reise-Ressort. Schrieb davor als freie Journalistin unter anderem für die Wiener Zeitung. Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien.

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