Ein Festtagstisch im Vintage-Stil

Vom Wald inspiriert: Das perfekte Weihnachtsmenü

Was Sammler schon lange wissen, haben jetzt auch Spitzenköche entdeckt: Der Wald hat viel mehr zu bieten als hübsche Dekoration und weihnachtlichen Duft.

Pilze, Wildfrüchte, Reh, Hirsch und Schwein – das alles kennen wir am Teller. Aber – haben Sie schon Birkenknospen gekostet, Lärchenzapfen eingelegt, Tannennadeln verspeist? Angeregt von der „Nordic Cuisine“, der naturbezogenen Küche des hohen Nordens, experimentieren heimische Spitzenköche immer öfter mit den Schätzen des Waldes. Auch seine Bäume werden dabei Zutat, und zwar mit allem, was sie zu bieten haben: Nadeln, Blätter, Rinden, Blüten, Zapfen. Gerade zu Weihnachten passt das natürlich besonders gut. Wer rechtzeitig im Jahr damit begonnen hat, Fichtenwipferln anzusetzen und junge Knospen einzulegen, wird jetzt aus dem Vollen schöpfen können. Wer sich das erst für nächstes Jahr vornimmt, kann mit dem, was es jetzt zu ernten gibt, ein wenig Wald auf die weihnachtlichen Teller bringen. Die weit gereiste Köchin Theresia Palmetzhofer, die in Neuhofen an der Ybbs ein zauberhaftes Gasthaus führt, hat für die ein Menü zum Nachkochen kreiert. Die Fichtennadeln für ihren süßen „Staub“ hat sie am Tag zuvor gepflückt, mit Staubzucker vermixt und getrocknet, den Rehrücken bettet sie auf frische Tannenästchen, die beim Braten knusprig werden und dem Fleisch eine zart-harzige Note verleihen.

Aroma des Waldes

„Wald ist überall“, meint der höchstdekorierte Koch des Landes, Heinz Reitbauer. In der Küche seines Restaurants Steirereck in Wien und erst recht im Wirtshaus am Pogusch in der Steiermark, spielen die Aromen des Waldes eine große Rolle. Lange schon experimentiert er gemeinsam mit seinem Team mit Knospen und jungen Blättern. Fermentierte Pilze mit Ahornsirup verwendet er als Würzmittel sowohl für süße als auch pikante Speisen. Legendär ist sein Signature Dish, für das er Saiblingsfilets mit 90 °C heißem Bienenwachs übergießt. Binnen weniger Minuten ist der Fisch darin perfekt glasig gegart und von unverwechselbaren Aromen umhüllt. Das Bienenwachs wird nach mehrmaliger Verwendung dem Imker und damit dem Bienenkreislauf zurückgegeben und weiterverwendet. Von Reitbauer stammt auch die Idee, Maiwipferlsirup zu cremigem Sabayon aufzuschlagen – eine großartige Kombination mit Erdbeeren, oder jetzt, im Winter, mit diversen eingelegten Früchten.

Auch der Geschmack von Holz selbst birgt so manche Überraschung. Frisch geschnittenes Kirschholz zum Beispiel riecht intensiv nach Marzipan und das Holz von schwarzen Ribiseln so wie die Früchte selbst. Auch bei den Österreichischen Bundesforsten ist die Entdeckung des Waldes für kulinarische Zwecke nicht spurlos vorübergegangen. In das alljährliche Waldbier, heuer „Edition Wachauer Auwald“, wurden im Frühjahr die frischen und zartbitter schmeckenden Weidentriebe und die nach Honig und Mandeln duftenden cremefarbenen Blüten des Echten Mädesüß gepflückt und dann eingebraut. Unter bundesforste.at gibt es auch Tipps und Rezepte. Etwa dieses: „Fichtennadeln mit Rapsöl in der Küchenmaschine oder dem Standmixer pürieren. Mischung in einem kleinen Topf auf 60 °C erhitzen, anschließend durch ein feines Tuch gießen.“ Ein paar Tropfen davon können Salat und Dessert Ihres Festmenüs den weihnachtlichen Kick geben. Davor, zum Aperitif, vielleicht etwas Sauerhonig in den Gin mixen. Den Cognac danach gäbe es übrigens ohne Wald gar nicht – er bekommt sein Vanillearoma von Eichenfässern.

Theresa Paletzhofer

Theresa Paletzhofer

Wirtin und Köchin eines 500 Jahre alten Mostviertler Gasthauses, wurde für ihre spannende Regionalküche von Gault&Millau kürzlich wieder mit drei Hauben ausgezeichnet. Davor stand sie als Sous-Chefin an der Seite von Konstantin Filippou, kochte im Restaurant AOC in Kopenhagen und im Arzak in San Sebastián, Pastamachen lernte sie in Bologna und in Rom.
Gasthaus zur Palme 
Neuhofen an der Ybbs
gasthaus-zur-palme.at

Heidi Strobl

Über Heidi Strobl

Heidi Strobl schreibt seit 2005 wöchentlich über Essen&Trinken in der freizeit „Vom Acker bis zum Kochtopf“. Seit 2011 kocht sie für die Serie AM HERD mit prominenten Gästen. Bücher: „Der Kürbis“ 2001, „Dinner for one“ - schnelle Singlerezepte 2013.

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